Die Masse von Saturns B-Ring
von Stefan Deiters astronews.com
5. Februar 2016
Mithilfe von Daten der Saturnsonde Cassini ist es
zwei Wissenschaftlern erstmals gelungen, die Masse des Zentralbereichs des
B-Rings des Planeten zu bestimmen. Sie erwies sich als deutlich geringer als
erwartet. Zudem stellten sie fest, dass weniger durchsichtige Ringregionen nicht
unbedingt auch mehr Masse enthalten müssen und rätseln nun, warum das so ist.
Der Gasriese Saturn und sein spektakuläres
Ringsystem in einer Aufnahme der Sonde Cassini.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science
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Die Ringe des Saturn bestehen aus winzigen Partikeln. An manchen Stellen kann
man sogar durch die Ringe hindurchschauen, in anderen Regionen ist dies nicht
möglich. Intuitiv würde man daher annehmen, dass in genau den Regionen, in denen
ein Ring weniger lichtdurchlässig ist, es auch mehr Material gibt, die
Konzentration der Ringpartikel also größer ist.
Doch dies ist offenbar nicht unbedingt der Fall: Die Auswertung von Daten der
Saturnsonde Cassini hat nämlich ergeben, dass es kaum einen Zusammenhang
zwischen dem Durchscheinvermögen und der Helligkeit eines Rings und der Menge an
Material gibt, die der Ring enthält. Die Messungen wurden am B-Ring des Planeten
durchgeführt, dem hellsten und am wenigsten lichtdurchlässigen Ring von Saturn.
Frühere Untersuchungen bei anderen Ringen hatten bereits auf diesen Sachverhalt
hingedeutet.
Im Falle des B-Rings stellten die Forscher fest, dass zwar das
Durchscheinvermögen des Rings im Verlauf seiner Breite deutlich schwankt, dies
für die Masse aber nur sehr eingeschränkt der Fall ist. Dem Team gelang es
erstmals die Massendichte an verschiedenen Stellen des fast undurchsichtige
Zentrums des B-Rings zu bestimmen. Dies geschah mithilfe der Beobachtung von
kleinen Dichtewellen in dem Ring, deren Struktur direkt mit der Massendichte in
dem Bereich verknüpft ist, in dem die Welle auftritt.
"Aktuell ist es uns alles andere als klar, warum die gleiche Menge an Material
zu so einem unterschiedlichen Durchscheinvermögen führen kann", gibt Matthew
Hedman von der University of Idaho in Moscow zu. "Es könnte etwas mit
der Größe oder Dichte von individuellen Teilchen zu tun haben oder auch mit der
Struktur der Ringe."
"Das Aussehen kann manchmal in die Irre führen", meint auch sein Kollege Phil
Nicholson von der Cornell University in Ithaca. "Ein guter Vergleich wäre der
mit einer nebeligen Niederung, die deutlich weniger durchsichtig ist als ein
Schwimmbecken, obwohl dieses viel mehr Wasser enthält und daher eine
erheblich höhere Dichte hat."
Die Masse der Saturnringe ist für das Verständnis des gesamten Ringsystems von
großer Bedeutung: Ein masseärmerer Ring würde sich beispielsweise deutlich
schneller entwickeln als ein Ring, der aus einer größeren Menge an Material
besteht. Er würde auch schneller sein äußeres Erscheinungsbild verändern - etwa
durch den Einfluss von Meteoritenstaub oder von anderen kosmischen Partikeln. Je
masseärmer der B-Ring also ist, desto jünger müsste er eventuell sein.
Vielleicht ist er also nur wenige hundert Millionen Jahre alt und nicht einige
Milliarden Jahre.
"Durch das erstmalige 'Wiegen' des Zentrums des B-Rings ist diese Studie ein
wichtiger Schritt, um Alter und Ursprung der Saturnringe zu verstehen",
unterstreicht Linda Spilker, die Cassini-Projektwissenschaftlerin am
Jet
Propulsion Laboratory der NASA. "Die Ringe sind gewaltig und eindrucksvoll, es
ist unmöglich, nicht herausfinden zu wollen, wie sie entstanden sind."
Die Saturnringe unterscheiden sich deutlich von den Ringsystemen, die man
um Jupiter, Uranus und Neptun nachgewiesen hat, was ihre Entstehungsgeschichte
für die Wissenschaftler so interessant macht. Der helle B-Ring scheint dabei
sehr viel masseärmer zu sein, als man bislang angenommen hatte. Trotzdem dürfte
sich - trotz der neuen Schätzungen - noch immer das meiste Material des
Ringsystems im B-Ring befinden.
Neue Daten über die Masse der Ringe werden im kommenden Jahr von der Sonde
Cassini erwartet: Durch die Messung des Gravitationsfeldes konnten Forscher
bereits die Masse von Saturn und seinen Ringen relativ genau bestimmen. Zum Ende
der Mission wird die Sonde zwischen dem Ringsystem und dem Planeten
hindurchfliegen und so die Masse des Planeten allein bestimmen können. Damit
sollte sich dann die Masse der Ringe berechnen lassen.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Icarus.
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Cassini, Seite am Jet
Propulsion Laboratory der NASA
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