Zwei Kometenfamilien um Beta Pictoris
von Stefan Deiters astronews.com
23. Oktober 2014
Astronomen haben mithilfe des Instruments HARPS fast 500
einzelne Kometen untersucht, die Beta Pictoris umkreisen. Sie stellten
dabei fest, dass sich um den jungen Stern zwei Familien von Kometen
unterscheiden lassen: Ganz neue Kometen, die gerade erst entstanden sind, und
solche, die Beta Pictoris wohl schon mehrfach umrundet haben.
So könnten einige der jetzt identifizierten
Kometen um Beta Pictoris aussehen.
Bild: ESO/L. Calçada [Großansicht] |
Der Stern Beta Pictoris ist für Astronomen kein Unbekannter: Um die 63 Lichtjahre
entfernte und nur rund 20 Millionen Jahre alte Sonne kreist eine gewaltige
Scheibe aus Gas und Staub. Nach Ansicht der Forscher handelt es sich bei Beta
Pictoris um
ein junges, gerade entstehendes Planetensystem, in dem durch das Verdampfen von
Kometen und die Kollisionen von Asteroiden immer wieder Gas und Staub frei wird.
"Beta Pictoris ist ein faszinierendes Ziel für Untersuchungen", meint auch
Flavien Kiefer vom Institut d’astrophysique de Paris und der Université Pierre &
Marie Curie-Paris 6. "Die detaillierte Beobachtung von Exokometen verrät uns
einiges darüber, was in dieser Art von jungen Planetensystemen vor sich geht."
Schon seit fast 30 Jahren beobachten Astronomen verräterische Schwankungen
des Lichts von Beta Pictoris. Sie erklären sich diese durch das Vorüberziehen
von Kometen vor dem Stern. Zwar handelt es sich bei Kometen um kleine Brocken
mit einem Durchmesser von nur wenigen Kilometern, doch bestehen sie
hauptsächlich aus Eis, das bei Annäherung an den Stern verdampft und
einen gewaltigen Schweif aus Gas und Staub entstehen lässt, der einen Teil des Lichts des
Sterns verschluckt.
Die Kometen selbst allerdings sind nicht zu sehen: Ihr schwaches Licht wird
von dem hellen Leuchten des Sterns überstrahlt. Die Absorptionen der Gas- und
Staubwolken lassen sich jedoch in Spektren ablesen. Das Instrument HARPS, das
am 3,6-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO in La Silla montiert
ist, ist ein extrem leistungsfähiger Spektrograph, mit dessen Hilfe schon
zahlreiche extrasolare Planeten entdeckt wurden.
Mit HARPS wurden zwischen 2003 und 2011 auch über 1.000 Beobachtungen von
Beta Pictoris durchgeführt, die das Team um Kiefer nun noch einmal gründlich
analysiert hat. Dabei konzentrierten sich die Astronomen auf 493 individuelle
Kometen, die in den Spektren zu erkennen waren. Manche wurden wiederholt oder
auch über einen Zeitraum von mehreren Stunden beobachtet.
Eine sorgfältige Auswertung erlaubte es den Wissenschaftlern, die Größe und
Geschwindigkeit der Gaswolken zu bestimmen, die für die Änderungen im Spektrum
verantwortlich waren. Auch einige Bahnparameter, wie etwa die Orientierung des
Orbits und die Form der Umlaufbahn sowie die Entfernung zu Beta Pictoris,
konnten ermittelt werden.
So gelang es erstmals Informationen über mehrere Hundert Kometen
zusammenzutragen, die einen anderen Stern umkreisen. Dabei wurde deutlich, dass
es um Beta Pictoris offenbar zwei verschiedene Familien von Kometen
gibt: Eine Gruppe mit alten Kometen, deren Bahn von einem massereichen Planeten
beeinflusst wird, der in der Tat bereits um Beta Pictoris entdeckt wurde. Diese Kometen dürften schon
wiederholt ihren Zentralstern umrundet haben.
Eine zweite Gruppe besteht aus neuen Kometen, die vermutlich
erst vor kurzer Zeit durch das Auseinanderbrechen eines oder mehrerer großer
Objekte entstanden sind. Während die Kometen der ersten Gruppe nur eine
vergleichsweise geringe Aktivität zeigen und vermutlich schon einen großen Teil
ihres Eises verdampft haben, sind die Kometen der zweiten Gruppe noch äußerst
aktiv.
Außerdem scheinen sich die "jüngeren" Kometen alle auf einem sehr ähnlichen
Orbit zu bewegen, was für den gemeinsamen Ursprung aus dem Zerbrechen eines
Objekts spricht. Bei den "älteren" Exemplaren fand man
hingegen eine
große Vielfalt an Umlaufbahnen.
"Erstmals lieferte eine statistische Studie die Physik und die Bahnen für
eine große Anzahl von Exokometen", fasst Kiefer die Ergebnisse der Analyse
zusammen. "Die Untersuchung liefert damit einen bemerkenswerten Einblick in die
Prozesse, die in unserem Sonnensystem unmittelbar nach dessen Entstehung vor 4,5
Milliarden Jahren abgelaufen sein müssen."
Die Astronomen berichten über ihre Untersuchung in der heute erscheinenden
Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Nature.
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