Weltraumteleskop erhielt letzten Befehl
von Stefan Deiters astronews.com
17. Juni 2013
Das europäische Infrarot-Weltraumteleskop Herschel
hat heute zum letzten Mal Befehle aus dem Raumfahrtkontrollzentrum der ESA in
Darmstadt erhalten. Nachdem der wissenschaftliche Teil der Herschel-Mission
schon Ende April abgeschlossen war, endet damit auch der operative Teil der
Mission. Mit der Datenauswertung werden die Forscher aber noch Jahre beschäftigt
sein.
Das Weltraumteleskop Herschel. Im
Hintergrund eine Herschel-Aufnahme des
Rosettennebels.
Bild: ESA - C. Carreau |
Heute hieß es auch für das Kontrollteam am europäischen
Raumfahrtkontrollzentrum ESOC der europäischen Weltraumagentur ESA in Darmstadt
Abschied nehmen vom Infrarot-Weltraumteleskop Herschel. Die
wissenschaftliche Mission des Teleskops war bereits Ende April zu Ende gegangen
(astronews.com berichtete), mit dem Senden der letzten
Befehle endete nun auch ihr operativer Teil.
In den vergangenen Wochen waren noch verschiedene Tests durchgeführt worden.
"In der Regel ist es unser vorrangiges Ziel, die maximale Ausbeute an
wissenschaftlichen Daten zu erzielen. Wir würden nie Entscheidungen treffen, die
die Beobachtungen unterbrechen oder den Satelliten einem Risiko aussetzen
könnten", erklärt Micha Schmidt, zuständiger Herschel-Flugleiter am
ESOC. "Doch mit dem Ende der wissenschaftlichen Beobachtungen stand uns eine
technisch hochentwickelte Raumsonde zur Verfügung, an der wir technische Tests
durchführen und Methoden, Software sowie Systemfunktionalitäten validieren
konnten, die für zukünftige Raumsonden verwendet werden können. Das war ein
großer Gewinn für uns."
Herschel hatte seine Beobachtungen nicht, wie etwa das
Weltraumteleskop Hubble, von einer Umlaufbahn um die Erde gemacht,
sondern befand sich in einem Orbit um den sogenannten Lagrange-Punkt L2. Dieser
Punkt liegt 1,5 Millionen Kilometer weit in gerader Verlängerung der
Verbindungslinie Erde - Sonne und läuft einmal im Jahr synchron mit der Erde um
die Sonne. Alle drei Störquellen, Sonne, Mond und Erde, liegen von dort aus
gesehen ungefähr in derselben Richtung und konnten daher hinter einem
"Sonnenschirm" versteckt werden.
Bereits am 13. und 14. Mai hatte Herschel den Großteil seines noch
verbliebenen Treibstoffs für ein Manöver verbraucht, durch das sich das Teleskop
vom L2-Punkt entfernte und in einen stabilen Orbit um die Sonne gelenkt wurde.
Ein letztes Mal wurden die Triebwerke heute gezündet, um sicherzustellen, dass
der Treibstoff vollständig verbraucht ist. Den letzten Befehl zur Abschaltung
gab um 14.25 Uhr MESZ dann Martin Kessler, der Leiter des wissenschaftlichen
Betriebs bei der ESA.
Herschel hatte über drei Jahre lang das
kalte Universum beobachtet. Das Weltraumteleskop war am 14. Mai 2009 gestartet
worden und war mit einem 3,5 Meter durchmessenden Hauptspiegel das bisher größte
und leistungsfähigste Infrarot-Weltraumteleskop. Um jedoch Beobachtungen der
Infrarotstrahlung von sehr kalten astronomischen Objekten machen zu können,
mussten alle drei Instrumente des Teleskops mit superflüssigem Helium auf -271
Grad Celsius gekühlt werden. Ansonsten hätte die Wärme der Instrumente die
Beobachtungen "überstrahlt".
Insgesamt befanden sich über 2.300 Liter Flüssighelium an Bord, das sich
jedoch seit der letzten Tankauffüllung einen Tag vor dem Missionsstart langsam,
aber unaufhaltsam verflüchtigt hat. Deswegen war von Beginn an klar, dass Herschel nur eine begrenzte Lebensdauer haben würde. Der
Kühlmittelvorrat war schließlich Ende April zu Ende gegangen. Beobachtungen
waren somit nicht mehr möglich. Mit der Auswertung der Daten, die Herschel
im Verlauf seiner Mission gesammelt hat, werden die Astronomen aber noch viele
Jahre beschäftigt sein.
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