Zweiter Flug für Sonnenteleskop am Ballon
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
5. Juni 2013
Vier Jahre nach dem Erstflug steht das ballongetragene
Sonnenobservatorium Sunrise kurz vor dem Start zu einem zweiten Flug.
Das Team bereitet das Teleskop gegenwärtig in Kiruna auf seine rund einwöchige
Mission vor. Die Forscher erhoffen sich detaillierte Beobachtungen unseres
Zentralgestirns, das jetzt deutlich aktiver sein dürfte als vor vier Jahren.

Das
Sonnenobservatorium Sunrise blickt in die Sonne -
und wirft seinen Schatten in die Halle auf der
Weltraumbasis Esrange nahe Kiruna, in der das
Sunrise-Team die Mission vorbereitet.
Foto: MPS |
Nach etwa zwei Monaten Vorbereitungen im nordschwedischen Kiruna ist das
ballongetragene Sonnenobservatorium Sunrise jetzt flugbereit: Nur eine
letzte Generalprobe am Boden steht noch aus. Sobald das Wetter es zulässt, soll
dann ein riesiger, mit Helium gefüllter Ballon das Observatorium auf eine
Flughöhe von etwa 35 Kilometern tragen. Dort wird Sunrise, ausgestattet mit dem
größten Sonnenteleskop, das jemals den Erdboden verlassen hat, seinen Blick auf
die Sonne richten.
Bereits vor vier Jahren hob Sunrise unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) zu seinem ersten Flug ab -
und lieferte während seiner etwa sechstägigen Reise die bis dahin
detailliertesten Bilder unseres Zentralgestirns (astronews.com
berichtete). Doch entgegen allen Erwartungen zeigte sich die Sonne damals
von ihrer ruhigen Seite. Heute steuert die Sonne auf ihre nächstes
Aktivitätsmaximum zu. Sunrise 2 wird also eine Reise zur aktiven Sonne.
Das Besondere am Sonnenobservatorium Sunrise ist sein ungewöhnlicher
Beobachtungsstandort: Von einem riesigen Heliumballon getragen, steigt es bis
auf etwa 35 Kilometer Höhe auf - und lässt so den größten Teil der Erdatmosphäre
unter sich. "Die Turbulenzen in der Atmosphäre 'verwackeln' zwangsläufig alle
Aufnahmen erdgebundener Teleskope", erklärt Sunrise-Projektleiter Dr. Peter
Barthol vom MPS. Das Sunrise-Teleskop hingegen genießt einen
einzigartigen Blick auf die Sonne - und kann so Strukturen von weniger als 100
Kilometern Größe sichtbar machen.
Auf der Reiseflughöhe angekommen, erfassen Polarwinde Ballon und Gondel und
tragen sie westwärts um den Nordpol herum. "Dank der Mitternachtssonne in den
Breiten nördlich des Polarkreises werden wir beim Flug die Sonne rund um die Uhr
im Blick haben", so Barthol. Nach etwa sechs- bis siebentägigem Flug soll das
Observatorium am Fallschirm im Norden Kanadas landen.
"Der Erstflug vor vier Jahren hat uns gezeigt, dass das gewagte Konzept
aufgeht", sagt Prof. Dr. Sami K. Solanki, Direktor am MPS und wissenschaftlicher
Leiter des Projekts. Sunrise lieferte einzigartige Bilder und konnte
erstmals die magnetischen Grundbausteine der Sonne sichtbar machen. In den
komplexen Magnetfeldern der Sonne vermuten Forscher den Schlüssel zu vielen
Geheimnissen der Sonne, etwa der Frage, warum die äußere Schicht der Sonne, die
so genannte Korona, mit drei Millionen Grad etwa 500-mal so heiß wie die
darunterliegende Photosphäre ist.
Ebenfalls ungeklärt ist, warum die Aktivität der Sonne in einem etwa
elfjährigen Zyklus schwankt. Ist die Sonne aktiv, finden sich besonders viele
dunkle Sonnenflecken auf ihrer sichtbaren Oberfläche. Zudem kommt es in diesen
Phasen verstärkt zu Sonneneruptionen, bei denen die Sonne Strahlung und Teilchen
ins All schleudert. Diese können auf der Erde zu Stromausfällen führen oder
Satelliten lahmlegen.
"Vor vier Jahren hat sich uns eindrucksvoll gezeigt, dass dieser elfjährige
Zyklus lediglich eine grobe Faustformel ist", so Solanki. Denn anders als
erwartet, verharrte die Sonne in einem ungewöhnlich langen Aktivitätsminimum.
Sunrise 1 konnte weder Sonnenflecken noch -eruptionen beobachten. "Beim
Zweitflug dürfte dies anders sein", so Barthol. Denn seit Ende 2010 nimmt die
Aktivität der Sonne wieder zu.
Seit Anfang April bereitet das Sunrise-Team unter Leitung des MPS auf der
Weltraumbasis Esrange nahe Kiruna in Nordschweden nun den erneuten Start vor. "Sunrise
ist vor zwei Monaten in vielen Kisten verpackt in Kiruna angekommen", erinnert
sich Barthol. "Seitdem haben wir die wissenschaftlichen Instrumente und das
Teleskop kalibriert, in die Gondel eingebaut sowie alle Systeme und die Software
getestet".
Ein wesentlicher Aspekt dabei ist das so genannte Pointing: Das Teleskop muss
während des Fluges selbstständig die Sonne finden und sich nach ihr ausrichten.
Nach ersten Versuchen mit künstlichem Licht in der großen Halle, die Sunrise
beherbergt, waren auch Tests außerhalb der Halle mit "echtem" Sonnenlicht
erfolgreich. Wann genau Sunrise 2 abheben wird, ist noch unklar.
In den nächsten Tagen steht als letzte Hürde ein Test an, bei dem das Team
das Zusammenspiel aller Komponenten durchspielt: eine Art Generalprobe am Boden.
Danach kann es jederzeit losgehen. "Der Starttermin ist jedoch stark vom Wetter
abhängig", erklärt Barthol. Denn nicht nur Regen, auch zu starker Wind verbietet
ein Abheben. Dem Team bleibt somit nichts anders übrig als abzuwarten - auf das
richtige Wetter und eine günstige Gelegenheit für die Reise zur aktiven Sonne.
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