Gesteinsplaneten auch um Braune Zwerge?
von Stefan Deiters astronews.com
30. November 2012
Mit dem Atacama Large-Millimeter/submillimeter Array
(ALMA) haben Astronomen erstmals Millimeter-große Staubkörner in einer Scheibe
um einen Braunen Zwerg nachweisen können. Die Körner ähneln denen, die man auch
um neugeborene Sonnen findet und aus denen einmal Gesteinsplaneten entstehen.
Könnten sich also auch um Braune Zwerge solche Planeten bilden?
So könnte eine Scheibe aus Gas und Staub um
einen jungen Braunen Zwerg aussehen.
Bild: ALMA
(ESO/NAOJ /NRAO)/M. Kornmesser (ESO) |
Gesteinsplaneten wie die Erde, Mars oder Venus, so die Theorie der
Astronomen, bilden sich durch zufällige Kollisionen und Verklumpungen winziger
Partikel in einer Scheibe aus Gas und Staub um einen gerade entstandenen Stern.
Sie wachsen so zu immer größeren Objekten und werden irgendwann zur Keimzelle
eines neuen Planeten.
Um Braune Zwerge allerdings, also um sternenähnliche Objekte, die nicht über
ausreichend Masse verfügen, um die nuklearen Fusionsprozesse in ihrem Inneren
dauerhaft zu zünden, sollte es nach Meinung der Forscher zu keinem Wachstum von
Partikeln kommen: Zum einen sind die Teilchen hier weniger häufig, so dass
Kollisionen seltener vorkommen, und dürften außerdem eine zu hohe
Geschwindigkeit haben, um nach einer Kollision aneinander kleben zu bleiben.
Darüber hinaus sollten sich alle dennoch entstandenen größeren Körner schnell in
Richtung des Braunen Zwergs bewegen und so aus der äußeren Scheibe verschwinden,
wo sie durch Beobachtungen entdeckt werden könnten.
Doch offenbar stimmt diese Vorstellung der Astronomen nicht ganz: "Wir waren
vollkommen überrascht, als wir Millimeter-große Körner in dieser dünnen, kleinen
Scheibe nachweisen konnten", so Luca Ricci vom California Institute of
Technology, der das Beobachterteam leitete. "Feste Körner dieser Größe
sollten eigentlich in der kalten äußeren Region einer Scheibe um einen Braunen
Zwerg nicht entstehen können, aber offenbar tun sie es doch. Wir können zwar
nicht sicher sein, ob sich damit auch ganze Gesteinsplaneten dort bilden
könnten, aber wir sehen zumindest die ersten Schritte dazu. Wir müssen also
unsere Annahmen darüber modifizieren, welche Bedingungen zum Wachstum von
Festkörpern erfüllt sein müssen."
Ricci und seine Kollegen haben für ihre Beobachtungen einige Schüsseln des Atacama Large-Millimeter/submillimeter Array (ALMA) verwendet, das
derzeit gerade in der chilenischen Atacamawüste gebaut wird. Dieser
Zusammenschluss mehrerer Radioteleskope erlaubt detaillierte Beobachtungen im
Millimeter-Wellenlängenbereich. ALMA soll im kommenden Jahr fertiggestellt sein,
doch können Astronomen schon seit 2011 mit einigen Antennen wissenschaftliche
Beobachtungen durchführen.
Mit ALMA visierten die Wissenschaftler den jungen Braunen Zwerg ISO-Oph 102
an, der sich in einem Sternentstehungsgebiet in der Nähe des Sterns Rho Ophiuchi
im Sternbild Schlangenträger befindet. Der Braune Zwerg hat zwar die 60-fache
Masse des Jupiter, verfügt allerdings nur über 6 Prozent der Masse der Sonne.
Der Zwerg kann damit keine dauerhaften nuklearen Fusionsprozesse in seinem
Inneren zünden, kontrahiert aber langsam und gibt dabei Wärme ab, so dass er
schwach rötlich leuchtet.
Dank ALMAs beachtlichem Auflösungsvermögen konnten die Astronomen nicht nur
die Millimeter-großen Staubpartikel um ISO-Oph 102 nachweisen, sondern auch
Kohlenmonoxid-Gas. Diese Entdeckung würde, so die Wissenschaftler, darauf
hindeuten, dass die Scheiben aus Material um einen Braunen Zwerg denen um junge
Sterne deutlich mehr ähneln, als bislang erwartet worden war. Gesteinsplaneten
könnten somit noch erheblich häufiger sein.
"ALMA ist ein leistungsfähiges neues Werkzeug, um hinter die Geheimnisse der
Planetenentstehung zu kommen", so Leonardo Testi von der ESO, der auch zum
Beobachterteam gehörte. "Ähnliche Untersuchungen mit früheren
Teleskopgenerationen durchzuführen hätte fast einen Monat an Beobachtungszeit
bedurft, was kaum durchführbar ist. Mit nur einem Viertel der ALMA-Antennen
konnten wir die Untersuchung in weniger als einer Stunde durchführen."
Das fertiggestellte ALMA-Teleskop wird dann noch weitere Informationen über
ISO-Oph 102 liefern können: "Es wird bald möglich sein, nicht nur die Existenz
der kleinen Partikel in der Scheibe nachzuweisen, sondern auch ihre Verteilung
in der Scheibe sowie ihre Wechselwirkungen mit dem Gas zu untersuchen, das wir
dort auch entdeckt haben", so Ricci. "Das wird uns helfen, die Entstehung von
Planeten besser zu verstehen."
Die Astronomen berichten über ihre Untersuchungen in einem Fachartikels in
den Astrophysical Journal Letters.
|