Proben vom Mond enthalten Wasser
von Stefan Deiters astronews.com
10. Juli 2008
Dank eines neuen Verfahrens ist es Wissenschaftlern jetzt
gelungen, winzige Spuren von Wasser in kleinen Glaskügelchen vulkanischen
Ursprungs nachzuweisen, die von Astronauten der Apollo-Missionen zur Erde
zurückgebracht wurden. Der Fund deutet darauf hin, dass bei der gewaltigen
Kollision, durch die der Mond entstand, nicht alles Wasser verdampft ist. Es
könnte sich also noch irgendwo auf dem Mond befinden.

In Proben vom Mond fanden Wissenschaftler nun winzige Spuren von
Wasser.
Bild:
NASA / Brown University |
Unser Mond ist, so die gängige Theorie, in der Frühzeit des Sonnensystems
durch eine gewaltige Kollision eines Mars-großen Objektes mit der jungen Erde
entstanden. Durch diesen ungeheuren Einschlag schmolzen beide Himmelskörper. Ein
Teil ihrer Trümmer sammelte sich in einer Erdumlaufbahn. Aus ihnen entstand
schließlich der Mond. Alle leicht flüchtigen Stoffe, so die bisherige
Annahme, müssen bei diesem Szenario verdampft sein.
Seit die Astronauten der Apollo-Missionen der frühen 1970er Jahre Proben vom
Mond zur Erde zurückgebracht haben, versucht man in Laboratorien die flüchtigen
Bestandteile dieser Proben zu analysieren und hinter ihren Ursprung zu kommen.
Man ist sich inzwischen sicher, dass es im Inneren des Mondes Schwefel sowie
etwas Chlor, Fluor und Kohlenstoff geben muss, doch einen eindeutigen Beweis für
das Vorkommen von Wasser hat man bislang nicht gefunden. Der Mond, so die
Meinung der Wissenschaft, ist trocken.
Nun hat ein Forscherteam der amerikanischen Brown University, der
Carnegie
Institution for Science und der Case Western Reserve University eine der
Apollo-Bodenproben vom Mond mit Hilfe einer neuen Methode analysiert. Dank des
Verfahrens können in Glaskügelchen und Mineralien auch winzige Spuren von Wasser
nachgewiesen werden. Über die Ergebnisse ihrer Untersuchungen berichtet das Team
in der heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
"In den vergangenen vier Jahrzehnten lag die Nachweisegrenze für Wasser in
den Proben vom Mond bei bestenfalls 50 Teilchen pro Millionen", erläutert Erik
Hauri von der Carnegie Institution, der das Analyseverfahren
entwickelt hat. "Wir haben einen Weg gefunden, auch noch Wasser in den
Proben nachzuweisen,
wenn nur 5 Teilchen pro Millionen Teilchen enthalten sind. Wir waren wirklich überrascht,
als wir in den kleinen Glaskügelchen deutlich mehr als das fanden, nämlich bis
zu 46 Teilchen pro Millionen Teilchen."
In einer der kleinen Glaskugeln fanden die Forscher auch Hinweise auf die
mögliche Geschichte des Wassers auf dem Mond. Sie entdeckten nämlich, dass der Anteil
flüchtiger Stoffe vom Zentrum der Kügelchen bis zum Rand beständig abnimmt. Das
Team deutet dies als Hinweis darauf, dass während der vulkanischen Aktivität
rund 95 Prozent des Wassers verloren gegangen sein muss. Zu diesem Schluss kamen
die Forscher mit Hilfe eines Modells, dass die Abkühlung des Materials in der
Zeit nach dem Vulkanausbruch berechnete. Um die Ergebnisse des Modells mit den
in den Proben gefundenen Anteilen der verschiedenen Stoffe in Übereinstimmung zu
bringen, war ein Verlust von etwa 95 Prozent des Wassers nötig.
Während des Ausbruchs, so die Schlussfolgerung der Forscher müssen in dem
Magma etwa 750 Teilchen pro Millionen Teilchen an Wasser gewesen sein. "Da man
bislang angenommen hatte, dass es auf dem Mond überhaupt kein Wasser gibt, ist
das schon ein bedeutender Schritt weg von früheren Abschätzungen", so Hauri.
"Das könnte die faszinierende Schlussfolgerung zulassen, dass es im Inneren des
Mondes ähnlich viel Wasser gab, wie im oberen Erdmantel. Aber viel
faszinierender ist die Frage, wo die 95 Prozent des Wassers geblieben sind, die
durch die Vulkane auf dem Mond freiwurden."
Da die Anziehungskraft des Mondes zu gering ist, um eine Atmosphäre zu
halten, dürfte einiges von dem Wasser ins All entkommen sein. Ein Teil könnte
aber auch zu den kalten Polen des Mondes gewandert und sich dort als Eis
in schattigen Kratern abgesetzt haben. Über die Möglichkeit von Wasser an den
Mondpolen war schon mehrfach spekuliert worden. Grundwasser dürfte es auf dem
Mond hingegen nicht geben - außer vielleicht in ganz extremen Tiefen. Die Sonne
erhitzt die Oberfläche des Mondes nämlich regelmäßig auf über 100 Grad Celsius.
"Außer dem schon faszinierenden Beweis für die Existenz von Wasser im
Mondinneren hat diese Arbeit auch gezeigt, wie man durch die Zusammenarbeit von
ganz unterschiedlichen Disziplinen zu ganz unerwarteten Ergebnissen kommen
kann", fasst der Geologe Alberto Saal von der Brown University und Leiter der Studie, die
Resultate zusammen. "Wer aus einer anderen Disziplin kommt, kann manchmal ganz
neue Fragen stellen. Unsere Arbeit ist ein typisches Beispiel: Als ich vorschlug
nach flüchtigen Bestandteilen in den Bodenproben vom Mond zu suchen, hielten das
alle für Zeitverschwendung, weil man ja 'wusste',
dass der Mond absolut trocken war."
Bislang waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass das vermutete
Wasser an den Polen des Mondes durch Einschläge von wasserreichen Meteoroiden
oder Kometen auf den Erdtrabanten gelangt ist. Jetzt könnte zumindest ein Teil
davon sich auch durch Vulkanausbrüche erklären lassen. Eine der Aufgaben der
NASA-Sonde Lunar Reconnaissance Orbiter, die noch in diesem Jahr starten soll,
wird es sein, nach Beweisen für die Existenz von Wasser an den Mondpolen zu
suchen.
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