Blick auf die Erde fast in Echtzeit
Redaktion / ESA
astronews.com
6. Dezember 2006
Wer schon immer einmal Naturereignisse wie Brände,
Überschwemmungen und Vulkanausbrüche live beobachten oder auch einfach nur die
Erde mit den Augen eines Satelliten erkunden wollte, für den könnte ein neues
Angebot der europäischen Weltraumagentur ESA gerade richtig sein: Jeder kann mithilfe von MIRAVI ab sofort die neuesten Bilder des weltweit größten Erdbeobachtungssatelliten
Envisat
abgerufen - und das fast in Echtzeit.
Im Visier von Envisat und MERIS: Planktonblüte vor der
norwegischen Küste am 10. Juni 2006. Foto: ESA [Großansicht] |
Die neue Projekt trägt den Namen MIRAVI und steht für MERIS Images RApid
VIsualisation (in etwa "Schnellansicht der MERIS-Bilder"). MIRAVI folgt der
Bahn von Envisat um die Erde, erzeugt aus den von Envisats
optischem Instrument MERIS gesammelten Rohdaten Bilder und stellt diese
innerhalb von zwei Stunden ins Internet. Die Nutzung von MIRAVI ist kostenlos
und erfordert keine Registrierung.
"Die ESA hat MIRAVI entwickelt, um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu
bieten, die Erde täglich aufs Neue aus dem All zu entdecken. Den
Wissenschaftlern sind diese Bilder natürlich längst bekannt, aber wir dachten,
dass sie auch für die Allgemeinheit interessant sein könnten. Über den Zugriff
auf die aktuellsten Bilder unseres Planeten werden die Menschen in der Lage
sein, die atemberaubende Schönheit der Erde zu erleben und ihr Wissen über die
Umwelt zu erweitern", so Dr. Volker Liebig, ESA-Direktor für
Erdbeobachtungsprogramme.
Auf der MIRAVI-Webseite kann man sich entweder die neuesten Bilder anschauen
oder aber die Aufnahmen einer bestimmten Region aufrufen. Dazu wählt man ein
Gebiet auf der Weltkarte aus oder gibt die entsprechenden geographischen
Koordinaten an. Zudem stellt MIRAVI ein Archiv aus ab Mai 2006 aufgenommenen
Bildern zur Verfügung, auf das über die Eingabe des gewünschten Datums
zugegriffen werden kann.
Obwohl die zu betrachtenden Bilder faszinierend sind und dem Nutzer das
wunderbare Gefühl geben, die Erde von einem Satelliten aus zu betrachten, sind
sie nicht für wissenschaftliche Zwecke einsetzbar. Die Wissenschaftler nutzen
Daten, die mit Hilfe der 15 Spektralbänder von MERIS und komplizierten
Algorithmen erzeugt werden. Die Bilder von MIRAVI werden nur über ein paar
Spektralbänder erstellt und bieten eine Ansicht, die einer Wahrnehmung mit
bloßem Auge entspricht.
"Die Envisat-Mission ist ein großer Erfolg für Europa. Sie bietet
wichtige Einblicke in das Erdsystem und liefert Informationen über zum
Klimawandel beitragende Faktoren", so Henri Laur, Envisat-Missionsleiter
der ESA. "Seit seinem Start im Jahr 2002 beobachtet Envisat mithilfe
seiner zehn hochmodernen Instrumente die Erde sowie die Erdatmosphäre, die
Ozeane und die Polkappen."
Envisat umkreist die Erde in 800 Kilometern Höhe in der polaren Umlaufbahn,
wodurch MERIS im Dreitagesrhythmus die gesamte Erdoberfläche beobachten kann.
MERIS misst die von der Erde reflektierte Sonnenstrahlung, was bedeutet, dass
das Sonnenlicht für die Erstellung der Bilder notwendig ist. Da der Sonnenstand
über den nördlichen Regionen der Erde im Winter recht tief ist, stehen derzeit
z. B. keine aktuellen Bilder von Skandinavien, sondern nur Archivbilder zur
Verfügung. Dies wird sich jedoch ab März ändern; dann werden wieder täglich
Bilder dieser Region erstellt. Dafür ist in den kommenden zwei Monaten die
Antarktis zu sehen.
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