Weltraumwetter in drei Dimensionen
Redaktion / AIP
astronews.com
23. Oktober 2006
Endlich ist es soweit: Nach mehrmaliger Verschiebung soll in
der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag die STEREO-Mission der NASA von Cape
Carnaveral aus ins All starten. Das Solar TErrestial Relations Observatory
wird erstmals 3D-Aufnahmen von Sonneneruptionen liefern und dadurch die genaue
Position und Geschwindigkeit dieser koronalen Masseauswürfe messbar machen. Auch
deutsche Sonnenforscher sind bei STEREO dabei.
Zwei identische Sonden ermöglichen im Rahmen der Mission STEREO
einen dreidimensionalen Blick auf koronale Massenauswürfe
Richtung Erde. Bild: NASA/JHU
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Sonneneruptionen sind mächtige Energieausbrüche, die bis zu 10 Milliarden Tonnen
Materie aus der Sonnenatmosphäre ins interplanetare All schleudern können und
das bei Geschwindigkeiten von bis zu 2.000 Kilometer pro Sekunde. Sie können
große Unruhen im interplanetaren Raum und große magnetische Stürme auf der Erde
auslösen. Außerdem werden bei Sonneneruptionen energetische Teilchen wie
Protonen ins All geschleudert. Diese können Satelliten beschädigen oder
zerstören und können für Astronauten, die sich etwa für Reparaturen außerhalb
ihres Raumschiffes aufhalten, äußerst gefährlich oder sogar tödlich sein.
In der Vergangenheit haben geomagnetische Stürme schon elektrische Stromausfälle
verursacht, beispielsweise 1989 in der gesamten Provinz Quebec, in Kanada, wo
das ganze Stromnetzwerk ausfiel und die umliegenden Bewohner, Verkehrssysteme,
den Flughafen sowie Schulen und Unternehmen ohne Strom und Heizung in ein Chaos
stürzte. STEREO wird dazu beitragen, das so genannte Weltraumwetter besser zu
verstehen. Langfristig ist es dann möglich, akkurate Vorraussagen zu machen und
entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um solche Ereignisse wie 1989 in
Kanada zu vermeiden. STEREOs Aufgabe ist es, den Ursprung, die Entwicklung und
die interplanetaren Konsequenzen von magnetischen Stürmen herauszufinden. Im
Fokus steht dabei die Erde, also die koronalen Masseauswürfe, die Richtung Erde
geschleudert werden.
STEREO besteht aus zwei identischen Observatorien, die im All die Sonne mit der
Erde umkreisen sollen. Dabei bewegt sich eine von ihnen der Erde voraus und die
andere hinterher. Zwar gibt es schon Sonnenobservatorien im All, doch dies sind
einzelne Stationen, die direkte Sonnenbilder liefern. Die neuen STEREO-Sonden
liefern STEREO-Bilder, d.h. sie können ebenso wie unsere zwei Augen räumlich
abbilden. Damit liefert STEREO erstmals 3D-Bilder und Partikelmessungen der
Sonne.
Die STEREO-Mission wird zwei Jahre laufen, umfasst zahlreiche Instrumente und
ist eine große Kollaboration von astronomischen Einrichtungen aus der ganzen
Welt - darunter auch aus Kiel (astronews.com berichtete) und Potsdam. Die
Wissenschaftler des Astrophysikalischen Instituts Potsdam (AIP) sind am
Instrument STEREO-Waves beteiligt, ein Radioempfänger, der interplanetarische
Schockwellen und energetische Elektronen misst. Professor Gottfried Mann, Leiter
der STEREO-Gruppe am AIP zum Ziel seiner Gruppe: "Wir konzentrieren uns auf die
Datenauswertung. Dazu haben wir bestimmte Datenauswertungstools entworfen. So
können wir die Radiostrahlen, der von der Sonne ausgehenden Störungen verfolgen
und deren genaue Position und Geschwindigkeit bemessen."
Zuerst müssen aber die beiden Observatorien, die mit einer Rakete ins All
geschossen werden, an ihre Position gebracht werden. Dabei hilft der Mond. Er
zieht die Raumsonden durch seine Anziehungskraft ein Stück mit. Sonst würde man
viel zuviel Treibstoff brauchen. Die Observatorien werden von der Erde aus in
ihre Position gelenkt, zuerst wird die Station hinter der Erde platziert, dann
die zweite vor der Erde.
In drei Monaten erwartet Professor Mann die ersten Ergebnisse und dann kann die
Datenauswertung beginnen. Professor Mann arbeitet seit Jahren an mehreren
Radiostationen auf der Erde. "Das besondere an Radiostationen im All ist, dass
sie auch Kurzwellen aufnehmen können. Bei erdgebundenen Stationen kommen diese
nicht an, da sie von der Ionossphäre reflektiert werden. Und durch den
dreidimensionalen Blick auf einen koronalen Masseauswurf können wir sehr präzise
bis zu einem Tag vorher voraussagen, ob er in Richtung Erde zielt oder daran
vorbeigeht."
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