Doppelter Blick auf die Sonne
Redaktion / idw / CAU Kiel
astronews.com
18. August 2006
Am 31. August soll von Cape Canaveral aus das Raumsondenpaar
STEREO starten, um detaillierte Daten zur solar-terrestrischen Beziehung zu
sammeln. Beteiligt an der Mission sind auch Physiker der Universität Kiel, die
ein spezielles Teilchenteleskop entwickelt haben, um mehr über die
Zusammensetzung der energiereichen Teilchenstrahlung und über den Sonnenwind zu
erfahren.
Die Mission STEREO soll detaillierte Daten zur
solar-terrestrischen Beziehung sammeln. Bild:
NASA / Goddard Space Flight Center
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Sechzehn Detektoren an der Außenseite der beiden Raumsonden sollen die
Materieteilchen des Sonnenwindes einfangen und nach Art, Energie und
Einfallsrichtung unterscheiden. Aus diesen Daten lassen sich dann Erkenntnisse
über Stoffarten der Teilchen und über ihre Beschleunigung gewinnen. Das
ausgeklügelte Experiment trennt durch eine komplexe Anordnung hauchdünner Folien
und ultrastarker Permanentmagneten Protonen von Elektronen, aus denen die
Teilchenstrahlung der Sonne zu über 90 Prozent besteht. Das Gerät SEPT (Solar
Electron and Proton Telescope) wurde in der Feinmechanikwerkstatt des Kieler
Physikzentrums gebaut und bereits im Mai nach Cape Canaveral geschickt, wo eine
Delta-Rakete die Zwillingssonden Huckepack ins All bringen wird.
Um die Geräte auf dem Weg in die Sonnenumlaufbahn vor Strahlung und Wärme zu
schützen, entwickelte man in Kiel eigens kleine Türen. Etwa drei Wochen nach dem
Start öffnet Reinhold Müller-Mellin, der Projektleiter von SEPT, von der
Bodenstation im Goddard Space Flight Center aus die kleinen Türen und
schaltet das Experiment ein.
Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist neben dem Max-Planck-Institut in
Lindau/Harz die einzige deutsche Forschungseinrichtung, die sich an der
STEREO-Mission beteiligt. Das Institut für Extraterrestrische Physik wurde
bereits 1998 aufgrund seines ausgezeichneten Experimentvorschlages und seiner
einschlägigen Erfahrung für das Projekt ausgewählt. Heute leitet Professor
Robert Wimmer-Schweingruber den Arbeitsbereich.
Die NASA-Mission STEREO (Solar Terrestrial Relations Observatory)
ermöglicht es mit Hilfe zweier baugleicher Raumsonden zum ersten Mal sowohl die
Sonne als auch die Erde zeitgleich aus zwei verschiedenen Blickwinkeln
aufzunehmen und so etwa auch drei-dimensionale Aufnahmen von
Sonnenexplosionen zu machen. Mit Hilfe der Mondanziehung werden die beiden
Raumsonden auf Umlaufbahnen um die Sonne geschickt, die der unserer Erde
entsprechen, wobei eine Sonde der Erde vorauseilt, während die andere der Erde
nachfolgt. Der Abstand zur Erde wird dabei ständig größer. Schon nach einigen
Monaten will man so stereoskopische Aufnahmen der Gasausbrüche auf der Sonne
erhalten und Geschwindigkeit und Richtung der Teilchenstürme bestimmen können.
Die Sonne schleudert beständig Gaswolken ins All. In unregelmäßigen Abständen
beobachten wir jedoch gewaltige Gasausbrüche auf der Sonnenoberfläche, so
genannte Sonnenstürme. Sie verursachen die bekannten Polarlichter und bringen
das Magnetfeld der Erde völlig durcheinander. Kommunikationsnetze,
Energieversorgung und Militäranlagen werden beeinflusst. Sie stören auch das
Orientierungssystem einiger Tiere, wie Kieler Wissenschaftler am Beispiel der
Wale im Jahr 2005 nachweisen konnten.
Die Zerstörungskraft der kleinsten, durchdringenden Materieteilchen, die aus der
Sonne herausgeschleudert werden, beschädigt hochempfindliche Elektronik und
menschliche Zellen und birgt somit ernste Gefahren für Satelliten und
Astronauten, die sich ja außerhalb der schützenden Erdatmosphäre aufhalten.
STEREO ist auf zwei Jahre angelegt, hat aber genügend Kapazitäten, um fünf Jahre
verlängert zu werden. Die Mission erweitert das Vorgängerprojekt SOHO, das sich
noch immer in Betrieb befindet, auf die dritte Dimension. Der Raketenstart wurde
offiziell von der NASA auf den 31. August festgelegt. Die beiden Raumsonden und
die Rakete sind im Zeitplan. Nur eine Verspätung des auf den 28. August
terminierten nächsten Starts eines Space Shuttle oder schlechtes Wetter
könnte den Starttermin noch gefährden.
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