Mit Hilfe des Röntgenteleskops XMM-Newton hat ein Team von Astronomen
einen Supernova-Überrest unter die Lupe genommen, dessen Helligkeit sich seit
seiner Explosion im Jahr 1979 im Röntgenbereich nicht verändert hat.
Dadurch ist es den Forschern möglich, die Geschichte dieses Objektes sowohl vor als
auch nach der Supernova zu studieren.
"Diese 25 Jahre alte Kerze in der
Nacht erlaubt es uns, alle Aspekte einer Sternenexplosion im Detail zu studieren.
So etwas war bislang nicht möglich", erläutert Teamleiter Dr. Stefan Immler vom
NASA Goddard Space Flight Center, die Bedeutung der Beobachtungen. "All die
wichtigen Informationen, die normalerweise einige Monate nach der Explosion
verschwinden, sind immer noch da."
Sterne, die mehr als die zehnfache Masse unserer Sonne aufweisen, explodieren in der Regel, wenn der nukleare Brennstoff in ihrem
Inneren zur Neige geht. Stoppt nämlich die Kernfusion in ihrem Inneren und damit auch die Energiezufuhr,
gibt es nichts mehr, was sich der Anziehungskraft des Sterns entgegenstellen und
einen Kollaps aufhalten kann: der Stern implodiert. Hat der Kern jedoch eine
kritische Dichte erreicht, wird ein Großteil des kollabierenden Materials zurück
ins All geschleudert.
Solche Supernova-Explosionen können mit ihrer Helligkeit
ganze Galaxien überstrahlen. Selbst wenn sie sich in einer benachbarten
Galaxie befinden, sind sie oft sogar noch mit Amateurteleskopen beobachtbar. Nach rund
zehn Tagen hat sich aber ihre Helligkeit in allen Wellenlängenbereichen in der
Regel bereits halbiert.
Auch die Helligkeit von SN 1979C hat sich im sichtbaren Bereich des Lichtes
seit damals um den Faktor 250 verringert. Das Objekt kann gerade noch so mit guten
Amateurteleskopen aufgespürt werden. Im Röntgenbereich allerdings ist SN 1979C
nach wie vor das hellste Objekt in der Galaxie M100.
Die Analyse der Daten ergab, dass es sich bei dem
Vorgängerstern von SN 1979C um einen Stern mit der 18-fachen Masse unserer Sonne
handelte, der vor der Explosion über viele Millionen Jahre gewaltige stellare
Winde ins All geblasen hat. Diese lassen sich heute als konzentrische Ringe um
den Ort der Supernova-Explosion beobachten - ganz wie die Jahresringe eines
Baumes.
Das Röntgenlicht, das entstand, als die Stoßwelle der Explosion auf das
Material des stellaren Windes traf und dieses auf Temperaturen von mehreren
Millionen Grad erhitzte, gewährt dadurch nun einen Blick auf rund 16.000 Jahre stellare
Aktivität: "Wir können das Röntgenlicht von SN 1979C wie eine Zeitmaschine
benutzen und so das Leben eines Sterns studieren, der schon lange nicht mehr
existiert", so Immler.
Das gelang natürlich nur, weil das Röntgenlicht seit der Explosion nicht
schwächer geworden ist - ein Sachverhalt, der die Astronomen immer noch vor ein
Rätsel stellt. Nach Kombination von Beobachtungen in den verschiedensten
Wellenlängenbereichen glauben die Forscher aber, eine mögliche Ursache für das
ungewöhnliche Verhalten von SN 1979C ausgemacht zu haben: die große Menge an
stellaren Winden, die der Stern vor seiner Explosion produziert hat.
Den Wissenschaftler gelang es mit XMM-Newton auch, einen ultravioletten Blick
auf die Supernova zu werfen. Die Daten bestätigen unabhängig von den Funden im
Röntgenlicht die Erkenntnis, dass das Material rund um den früheren Stern eine
extrem hohe Dichte hat: 10.000 Atome pro Kubikzentimeter, was 1.000-mal mehr ist,
als sich beispielsweise im Sonnenwind findet.
Das UV-Bild von M100 zeigt die Galaxie zudem in
bislang einmaliger Detailtreue. "XMM-Newton ist als überlegenes Röntgenteleskop
bekannt, doch zeigt die Beobachtung von M100, wie wichtig es ist, dass der
Satellit auch gleichzeitig im UV und optischen Bereich beobachten kann", betont
der XMM-Projektwissenschaftler Dr. Norbert Schartel von der ESA. M100 liegt
ungefähr 56 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Virgo-Galaxienhaufen.
Sie liegt im Sternbild "Haar der Berenike".