HUBBLE
Blick durch
kosmische Linse
von Rainer Kayser
8. Januar 2003
Das
Weltraumteleskop Hubble bricht einmal wieder einen selbst aufgestellten
Rekord: Mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts und der neuen - im letzten Jahr
installierten - Advanced Camera for Surveys gelang ein einmaliger Blick
in die Frühzeit des Universums. Die Forscher hoffen auf neue Erkenntnisse über
die Verteilung von dunkler Materie und die Entwicklung von Galaxien.

Hubbles Blick auf den Galaxienhaufen Abell 1689. Foto:
NASA, N. Benitez (JHU), T. Broadhurst (Racah Institute of
Physics/The Hebrew University), H. Ford (JHU), M. Clampin (STScI),
G. Hartig (STScI), G. Illingworth (UCO/Lick Observatory), the
ACS Science Team und ESA. [Großansicht] |
Durch eine zwei Millionen Lichtjahre große "Linse" hat das Weltraumteleskop
Hubble seinen bislang schärfsten Blick in die Frühzeit unseres Kosmos
geworfen. Auf der 13 Stunden belichteten Aufnahme konnten die Astronomen noch
Galaxien ausmachen, die nur halb so hell sind wie die schwächsten Sternsysteme
auf den so genannten Hubble Deep Fields, den bisherigen Rekordaufnahmen
des Weltraumteleskops. Die Galaxien, die bis zu 13 Milliarden Lichtjahre von
uns entfernt sind, wurden durch die Schwerkraft eines im Vordergrund liegenden
Galaxienhaufens vergrößert und so sichtbar gemacht.
Abell 1689 ist einer der größten und massereichsten Galaxienhaufen im
Universum. Die 2,2 Milliarden Lichtjahre entfernte Ballung enthält viele Tausend
Galaxien. Die Anziehungskraft dieser Galaxien sowie der unsichtbaren "dunklen
Materie" des Haufens, lenkt das Licht hinter dem Haufen liegender, weiter
entfernter Objekte ab. Durch diesen "Gravitationslinseneffekt" erscheinen ferne
Galaxien zu langgestreckten Bögen verzerrt, sie werden vergrößert und in ihrer
Helligkeit verstärkt. Diese Eigenschaft haben die Astronomen nun ausgenutzt, um
die bislang entferntesten Galaxien sichtbar zu machen.
Die Aufnahme zeigt ein Netzwerk von Hunderten von Galaxien, verzerrt durch
die Linsenwirkung des Haufens Abell 1689. Aus der detaillierten Analyse des
Bildes hoffen die Astronomen Informationen über die Verteilung der dunklen
Materie in dem Galaxienhaufen zu gewinnen. Außerdem hoffen die Forscher auf neue
Einblicke in die frühe Entwicklung der Galaxien. Denn ein Blick in die Tiefe des
Alls ist zugleich ein Blick in die Vergangenheit des Kosmos: Wir sehen die
fernen Sternsysteme so, wie sie vor 13 Milliarden Jahren, kurz nach dem Urknall,
ausgesehen haben.
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