Exoplanet Trappist-1 b ist spannender als gedacht
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
6. Januar 2025
Wie sieht der vergleichsweise nahegelegene extrasolare
Planet Trappist-1 b aus? Bisher galt er als dunkler Gesteinsplanet ohne
Atmosphäre, der von einem Milliardenjahre andauernden kosmischen Einfluss aus
Strahlung und Einschlägen gezeichnet ist. Tatsächlich scheint das Gegenteil zu
stimmen. Die Oberfläche zeigt keine Hinweise für eine Verwitterung. Hat er
vielleicht sogar eine Atmosphäre?
![Trappist-1 b](../../../bilder/2025/2501-004.jpg)
Künstlerische Darstellung von Trappist-1 b
kurz bevor er hinter dem kühlen, roten Zwergstern
Trappist-1 tritt. Solche Sterne sind bekannt für
ihre Aktivität mit großen Sternflecken und
Ausbrüchen. Trappist-1 b könnte einen starken
Vulkanismus aufweisen.
Bild:
Thomas Müller (HdA / MPIA - CC BY 4.0) [Großansicht] |
Trappist-1 b ist einer von sieben Gesteinsplaneten, die den 40 Lichtjahre
entfernten Stern Trappist-1 umkreisen. Das Planetensystem ist einzigartig, weil
es den Astronominnen und Astronomen erlaubt, gleich sieben erdähnliche Planeten
aus relativer Nähe zu untersuchen, wobei sich drei von ihnen in der sogenannten
habitablen Zone befinden. Das ist der Bereich in einem Planetensystem, in dem
ein Planet flüssiges Wasser an der Oberfläche aufweisen könnte. So haben bisher
zehn Forschungsprogramme dieses System mit dem Weltraumteleskop James Webb
(JWST) während insgesamt 290 Stunden ins Visier genommen.
Eine vor Weihnachten vorgelegte Studie nutzt Messungen der thermischen
Infrarotstrahlung des Planeten Trappist-1 b mit dem Instrument MIRI
(Mid-Infrared Imager) am JWST und schließt frühere Ergebnisse mit ein, die zu
der Annahme führten, dass es sich bei Trappist-1 b um einen dunklen
Gesteinsplaneten ohne Atmosphäre handelt. "Die Vorstellung eines
Gesteinsplaneten mit einer stark verwitterten Oberfläche ohne Atmosphäre ist
jedoch mit der aktuellen Messung nicht vereinbar", sagt Jeroen Bouwman vom
Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heideberg, der mitverantwortlich
für das Beobachtungsprogramm war. "Deswegen denken wir, dass der Planet mit
relativ unverändertem Material bedeckt ist."
Gewöhnlich wird die Oberfläche von der Strahlung des Zentralsterns und
Einschlägen von Meteoriten verwittert. Die Ergebnisse sprechen aber dafür, dass
das Gestein an der Oberfläche höchstens etwa 1000 Jahre alt ist, deutlich
weniger als das Planetensystem, dessen Alter auf einige Milliarden Jahre
geschätzt wird. Das könnte darauf hindeuten, dass die Planetenkruste
dramatischen Veränderungen unterworfen ist, die womöglich durch einen extremen
Vulkanismus oder Plattentektonik zu erklären wären. Auch wenn solch ein Szenario
noch eine hypothetische Betrachtung darstellt, ist es doch plausibel. Der Planet
ist groß genug, dass das Innere noch Restwärme aus seiner Entstehung erhalten
haben dürfte – wie bei der Erde. Die Gezeitenwirkung des Zentralsterns und der
übrigen Planeten dürfte Trappist-1 b zudem so verformen, dass die entstehende
innere Reibung Wärme erzeugt – ähnlich, wie wir es beim Jupitermond Io sehen.
Zusätzlich wäre induktives Heizen durch das Magnetfeld des nahen Sterns denkbar.
"Die Daten lassen ebenfalls eine gänzlich andere Lösung zu", sagt Thomas
Henning, emeritierter Direktor des MPIA. Er war einer der Hauptverantwortlichen
für den Bau des MIRI-Instruments. "Im Gegensatz zur bisherigen Vorstellung gibt
es Bedingungen, unter denen der Planet eine dicke Atmosphäre reich an
Kohlendioxid besitzen könnte." Eine wesentliche Rolle bei diesem Szenario spielt
Dunst aus Kohlenwasserstoffverbindungen, also Smog, in der Hochatmosphäre.
Die beiden Beobachtungsprogramme, die sich in der aktuellen Studie ergänzen,
sollten die Helligkeit von Trappist-1 b bei verschiedenen Wellenlängen im
thermischen Infrarotbereich (12,8 und 15 Mikrometer) ermitteln. Die erste
Beobachtung war empfindlich für die Absorption der Infrarotstrahlung des
Planeten durch eine Schicht aus Kohlendioxid. Eine verminderte Helligkeit wurde
jedoch nicht gemessen, weswegen die Forschenden daraus schlossen, dass der
Planet keine Atmosphäre besitzt.
Das Forschungsteam hat Modellrechnungen durchgeführt, die zeigen, dass Dunst
die Temperaturschichtung einer Kohlendioxid-reichen Atmosphäre umkehren kann.
Normalerweise sind die tieferen, bodennahen Schichten wegen des höheren Drucks
wärmer als die oberen. Weil der Dunst das Sternlicht absorbiert und sich
erwärmt, würde er stattdessen – unterstützt durch einen Treibhauseffekt – die
oberen Schichten der Atmosphäre heizen. Dadurch absorbiert das Kohlendioxid dort
nicht die Wärmestrahlung aus den unteren Schichten, sondern gibt selbst
Infrarotstrahlung ab. Etwas Ähnliches sehen wir beim Saturnmond Titan. Seine
Dunstschicht bildet sich dort sehr wahrscheinlich unter dem Einfluss der
ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne aus den kohlenstoffreichen Gasen der
Atmosphäre. Etwas Vergleichbares könnte auch auf Trappist-1 b geschehen, weil
sein Stern ebenfalls in erheblichem Maße UV-Strahlung abgibt.
Auch wenn die Daten zu diesem Szenario passen, schätzen die Astronominnen und
Astronomen es dennoch im Vergleich als weniger wahrscheinlich ein. Einerseits
ist es schwieriger, wenn auch nicht unmöglich, aus einer Kohlendioxid-reichen
Atmosphäre Kohlenwasserstoffverbindungen zu erzeugen, die einen Dunst bilden.
Die Atmosphäre des Titan besteht dagegen hauptsächlich aus Methan. Zudem bleibt
das Problem, dass die aktiven roten Zwergsterne, zu denen Trappist-1 zählt,
Strahlung und Winde produzieren, die über mehrere Milliarden Jahre hinweg die
Atmosphären von nahen Planeten leicht abtragen können.
Trappist-1 b ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie schwierig der Nachweis
und die Bestimmung der Atmosphären von Gesteinsplaneten derzeit noch ist –
selbst für das JWST. Im Vergleich zu Gasplaneten sind sie dünn und erzeugen
deswegen nur schwache messbare Signaturen. Die beiden Beobachtungen zur
Untersuchung von Trappist-1 b, die Helligkeitswerte bei zwei Wellenlängen
lieferten, dauerten insgesamt fast 48 Stunden, was nicht ausreichte, um
zweifelsfrei zu entscheiden, ob der Planet eine Atmosphäre hat.
Die Beobachtungen nutzten die geringe Neigung der Planetenebene gegenüber
unserer Sichtlinie zu Trappist-1 aus. Dadurch laufen die sieben Planeten bei
jedem Umlauf vor dem Stern vorbei und verdunkeln ihn leicht. Daraus ergeben sich
mehrere Möglichkeiten, etwas über die Beschaffenheit der Planeten und ihrer
Atmosphären zu erfahren. Gut etabliert hat sich die sogenannte
Transitspektroskopie. Hierbei wird die Verdunklung eines Sterns durch seine
Planeten abhängig von der Wellenlänge gemessen. Neben der Bedeckung durch den
undurchsichtigen Planetenkörper, aus der Astronominnen und Astronomen den
Durchmesser des Planeten ermitteln, absorbieren die Gase in den Atmosphären bei
bestimmten Wellenlängen das Licht des Sterns. Daraus schließen sie, ob ein
Planet eine Atmosphäre hat und woraus sie besteht.
Leider hat diese Methode insbesondere bei Planetensystemen wie Trappist-1
Nachteile. Kühle, rote Zwergsterne weisen oft große Sternflecken und starke
Eruptionen auf, die die Messung entscheidend beeinträchtigen. Astronominnen und
Astronomen umgehen dieses Problem weitgehend, wenn sie stattdessen die vom Stern
aufgeheizte Seite eines Exoplaneten im thermischen Infrarotlicht beobachten, so
wie in der aktuellen Studie mit Trappist-1 b. Die helle Tagseite ist besonders
gut zu sehen, kurz bevor und nachdem der Planet auf seiner Bahn vom Stern
verdeckt wird. Die vom Planeten ausgesandte Infrarotstrahlung enthält
Informationen über seine Oberfläche und Atmosphäre. Solche Beobachtungen sind
gegenüber der Transitspektroskopie allerdings zeitintensiver. Angesichts des
Potenzials dieser Art von Messungen, bei denen ein Planet vom Stern verdeckt
wird, hat die NASA kürzlich ein ausgedehntes Beobachtungsprogramm genehmigt, um
die Atmosphären von Gesteinsplaneten um nahegelegene, massearme Sterne zu
untersuchen. Dieses außergewöhnliche Programm, genannt "Rocky Worlds",
beinhaltet unter anderem 500 Stunden Beobachtungszeit mit dem JWST.
Das Forschungsteam erwartet, dass die endgültige Gewissheit durch eine
weitere Beobachtungsvariante erlangt werden kann. Dabei wird der komplette
Umlauf des Planeten um den Stern erfasst, so dass alle Beleuchtungsphasen von
der dunklen Nachtseite beim Vorbeizug vor dem Stern bis hin zur hellen Tagseite
kurz vor und nach der Bedeckung durch den Stern einbezogen werden. Daraus lässt
sich eine sogenannte Phasenkurve erstellen, die die Helligkeitsänderung des
Planeten entlang seiner Bahn angibt. Dadurch können die Astronominnen und
Astronomen die Temperaturverteilung auf dem Planeten ableiten. Diese Messung hat
das Team mit Trappist-1 b bereits durchgeführt. Durch die Auswertung, wie sich
die Wärme auf dem Planeten verteilt, können sie auf das Vorhandensein einer
Atmosphäre schließen. Sie hilft nämlich dabei, die Wärme von der Tag- auf die
Nachtseite zu transportieren. Sollte sich die Temperatur abrupt am Übergang der
beiden Seiten ändern, spricht das für das Fehlen einer Atmosphäre.
Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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