Kaum Kollisionen im Planetensystem TRAPPIST-1
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
26. November 2021
Sieben erdgroße Planeten umkreisen den Stern TRAPPIST-1 in
nahezu perfekter Harmonie. Eine jetzt vorgestellte Studie zeigt nun, dass diese
Exoplaneten während ihrer Entstehung nicht von massiven Einschlägen und
Kollisionen mit anderen Himmelskörpern betroffen waren. Die könnte auch
Konsequenzen für die Bewohnbarkeit der Welten haben.
Künstlerische Darstellung des
TRAPPIST-1-Planetensystems.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Der Stern TRAPPIST-1 ist etwa 40 Lichtjahre von unserem Sonnensystem
entfernt, und er ist viel kleiner und kühler als unsere Sonne. Er wird umkreist
von sieben etwa erdgroßen Planeten – die größte Ansammlung solcher Planeten, die
jemals außerhalb unseres Sonnensystems gefunden wurde. Sie sind alphabetisch von
b bis h benannt, in der Reihenfolge ihrer Entfernung vom Stern. Die Zeit, die
die Planeten für einen Umlauf um den Stern benötigen – was einem Jahr auf der
Erde entspricht –, beträgt 1,5 Tage für den Planeten b und 19 Tage für den
Planeten h.
Bemerkenswerterweise stehen die Umlaufzeiten der Planeten in einem nahezu
perfekten Verhältnis zueinander, in einer sogenannten resonanten Anordnung, die
an harmonische Musiknoten erinnert. So vergehen beispielsweise für acht "Jahre"
auf dem Planeten b deren fünf auf Planet c, drei auf Planet d, zwei auf Planet e
und so weiter. Simon Grimm vom Center for Space and Habitability CSH der
Universität Bern hat für eine jetzt vorgestellte Studie die Parameter der
Umlaufbahnen der TRAPPIST-1 Planeten und ihr Langzeitverhalten berechnet. "In
der aktuellen Studie haben wir untersucht, welche Einschläge die
TRAPPIST-1-Planeten überstanden haben könnten, ohne dass sie aus dem
harmonischen Gleichgewicht gebracht worden sind", erklärt Grimm.
Planeten entstehen in sogenannten protoplanetaren Scheiben aus Gas und Staub
rund um neu entstandene Sterne. Diese Scheiben halten nur einige Millionen
Jahre. Computermodelle haben gezeigt, dass resonante Planetenketten wie die von
TRAPPIST-1 entstehen, wenn junge Planeten nach ihrer Entstehung näher an ihren
Stern heranrücken und sich so resonant anordnen. Die Forschenden gehen davon
aus, dass sich resonante Ketten wie die von TRAPPIST-1 bilden müssen, bevor die
protoplanetaren Scheibe verschwindet.
"Die Planeten von TRAPPIST-1 haben sich demnach schnell gebildet, in etwa
einem Zehntel der Zeit, die die Erde für ihre Entstehung brauchte", erklärt
Andre Izidoro, Astrophysiker an der Rice University, der auch an der Studie
beteiligt war. Nachdem sich Gesteinsplaneten gebildet haben, werden sie in der
Regel von anderen Himmelskörpern getroffen. "Das nennt man Bombardierung oder
späte Akkretion. Wir interessieren uns dafür, weil diese Einschläge eine
wichtige Quelle für Wasser und flüchtige Elemente sein können, die Leben auf
diesen Planeten begünstigen könnten", erklärt Teammitglied Sean Raymond von der
Universität Bordeaux.
Die Entschlüsselung der Einschlagsgeschichte ist bereits bei Planeten ist in
unserem Sonnensystem schwierig. "Bei Planetensystemen, die Lichtjahre entfernt
sind, ist es sogar eine scheinbar hoffnungslose Aufgabe, da wegen der großen
Entfernung nicht einfach Krater oder sogar Gesteinsproben untersucht werden
können", erklärt Grimm. Die Forschenden haben sich deswegen mit der besonderen
Bahnkonfiguration der TRAPPIST-1 Planeten befasst. "Wir können zwar nicht genau
sagen, wie viel Material auf einem der TRAPPIST-1 Planeten eingeschlagen ist,
aber aufgrund ihrer speziellen Resonanzanordnung können wir eine Obergrenze
festlegen", so Raymond. "Wir haben mithilfe von Computersimulationen
herausgefunden, dass diese Planeten nach ihrer Entstehung nur mit einer sehr
geringen Menge an Material bombardiert wurden."
Wenn sich ein Planet früh bildet und zu klein ist, kann er nicht viel Gas aus
der Scheibe akkretieren. Ein solcher Planet hat laut den Forschenden auch viel
weniger Möglichkeiten, flüchtige Elemente durch späte Bombardierungen zu
gewinnen, die für die Entstehung von Leben entscheidend wären. Sollte einer der
TRAPPIST-1-Planeten beispielweise viel Wasser enthalten, müsste das Wasser schon
früh in den Planeten eingebaut worden sein. Ein möglicher Unterschied zur
Entstehung der Erde könnte also darin bestehen, dass die TRAPPIST-1-Planeten von
Anfang an eine Wasserstoffatmosphäre hatten.
Wie die Forschenden vermuten, könnte dies und auch die geringe Anzahl
Einschläge die Entwicklung im Inneren des Planeten, die Ausgasung, den Verlust
von flüchtigen Bestandteilen und andere Dinge, die sich auf die Bewohnbarkeit
auswirken, stark beeinflusst haben. Raymond ist überzeugt davon, dass die
aktuelle Studie nicht nur Auswirkungen auf die Untersuchung anderer resonanter
Planetensysteme hat, sondern auch auf weitaus häufigere Exoplanetensysteme, von
denen man annimmt, dass sie als resonante Systeme begonnen haben.
"Supererden und Subneptune sind in der Umgebung anderer Sterne sehr häufig,
und die vorherrschende Vorstellung ist, dass sie während der Gasscheibenphase
nach innen gewandert sind und dann möglicherweise eine späte Phase mit
Kollisionen hatten", erklärt Raymond. "Aber während dieser frühen Phase, in der
sie nach innen wanderten, hatten sie unserer Meinung nach eine Phase, in der sie
resonante Kettenstrukturen wie TRAPPIST-1 bildeten."
Das James Webb Space Telescope der NASA oder das Extremely Large
Telescope der ESO werden es in Zukunft ermöglichen, die Atmosphären von
Exoplaneten direkt zu beobachten. "Diese Beobachtungen werden uns weitere
Hinweise beispielsweise zur möglichen Bewohnbarkeit von Planeten liefern", so
Grimm.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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