Nächster Startversuch von Artemis I steht bevor
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
15. November 2022
Der nächste Startversuch der Mission Artemis I
steht bevor: Morgen früh könnte es - nach mehreren Verschiebungen - dann endlich
soweit sein und das neue Space Launch System zusammen mit der
Raumkapsel Orion Richtung Mond starten. Menschen sind noch nicht an
Bord, dafür aber zwei Puppen, mit denen die Strahlenbelastung während des Flugs
gemessen werden soll.

Artemis I wartet auf dem Launch Pad 39B des
Kennedy Space Center der NASA auf den Start.
Foto: NASA / Kim Shiflett [Großansicht] |
Die Rückkehr zum Mond könnte kurz bevorstehen - wieder einmal. An diesem
Mittwoch, dem 16. November 2022 um 7:04 Uhr (MEZ), öffnet sich das Startfenster
für die NASA-Mission Artemis I. Nach mehreren Verschiebungen soll es
nun losgehen – zurück zum Mond, fast genau 50 Jahre nach dem letzten Apollo-Flug
im Dezember 1972. Mit an Bord werden keine Menschen sein, dafür aber unter
anderem die LunaTwins des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die
beiden Astronautinnen-Phantome Helga und Zohar des MARE-Experiments messen die
kosmische Strahlung auf der Reise zum Mond und zurück. Die Wartezeit vor dem
Start haben beide Phantome dank einer ausgeklügelten Stromsparstrategie gut
überstanden. Rund 26 Tage Flug liegen nun vor ihnen. Am 11. Dezember 2022 wird
die Orion-Kapsel mit den LunaTwins zurück auf der Erde erwartet.
"Helga und Zohar sind fit für den Flug", sagt Dr. Thomas Berger vom
DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. "Mögliche längere Wartezeiten vor
dem Start hatten wir eingeplant, ebenso sind beide Messpuppen für die lange
Flugzeit von mehreren Wochen ausgelegt." Wenn die neue SLS-Schwerlastrakete
morgen planmäßig für den Testflug vom Kennedy Space Center in Florida
abhebt, beginnt ein umfangreiches Flugprogramm. Dabei wird das Orion-Raumschiff
mit den beiden Messpuppen an Bord in einen Mondorbit eintreten und sich bis zu
einer halben Million Kilometer von der Erde entfernen – weiter als je ein
Crew-Raumschiff geflogen ist. "Auf diesem Weg liegen die Strahlungswerte
deutlich höher als auf der Erde oder auch auf der Internationalen Raumstation.
Wie genau wird das MARE-Experiment erstmals umfassend festhalten", so Berger
weiter.
Die beiden Messkörper sind weiblichen Körpern samt Fortpflanzungsorganen
nachempfunden, sodass die Strahlungsdosis auch in den besonders
strahlungsempfindlichen Organen gemessen werden kann. Die
Astronautinnen-Phantome, bestehen aus jeweils 38 Scheiben, sind 95 Zentimeter
groß und 36 Kilogramm schwer. Zohar wiegt mit der AstroRad-Strahlenschutzweste,
die bei dem Flug getestet wird, sogar 62 Kilogramm. Im Inneren der beiden
Phantome befinden sich Organe und Knochen aus Kunststoff unterschiedlicher
Dichte. Dort und auf der Oberfläche sind über 12.000 passive
Strahlungsdetektoren aus kleinen Kristallen sowie 16 aktive Detektoren des DLR
unter anderem an den strahlenempfindlichsten Organen des Körpers – Lunge, Magen,
Gebärmutter und Knochenmark – eingebaut.
Die passiven Strahlungsmessgeräte (Dosimeter) benötigen keinen Strom, messen
kontinuierlich und liefern so einen über die gesamte Missionszeit summierten
Wert der Strahlung. Mit dem Auslesen der Kristalle entsteht ein
dreidimensionales Abbild des menschlichen Körpers, das zeigt, wie hoch die
Strahlenbelastung während eines Mondfluges insgesamt auf Knochen und Organe an
unterschiedlichen Stellen ist. Die aktiven, batteriebetriebenen Detektoren, die
in den beiden Phantomen integriert sind, erfassen zusätzlich die aktuelle
Strahlenbelastung mit einer zeitlichen Auflösung von fünf Minuten. So können die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachvollziehen, unter welchen
Bedingungen und in welchen Phasen der Mission welche Strahlenbelastung auf die
Körperteile einwirkt.
Mit der nun längeren Wartezeit vor dem Start von Artemis I kam eine
besonders raffinierte Stromsparmethode für die DLR Detektoren zum Tragen.
"Unsere aktiven Strahlungsmessgeräte mit dem Namen M-42 befinden sich vor dem
Start in einer Art Schlafmodus, der fast keinen Strom der Batterien benötigt",
erklärt Berger, der das MARE-Experiment leitet. "Erst beim Start aktivieren
Beschleunigungssensoren die Geräte und die Strahlungsmessungen beginnen."
Das Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) leitet das Experiment
MARE. Hauptprojektpartner sind die israelische Raumfahrtagentur ISA, der
israelische Industriepartner StemRad, der die AstroRad-Schutzweste entwickelt
hat, sowie Lockheed Martin und die NASA. MARE stellt in seiner Komplexität und
in seiner internationalen Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitäten und
Forschungseinrichtungen aus Europa, Japan und den USA das größte Experiment zur
Bestimmung der Strahlenbelastung für Astronautinnen und Astronauten dar, das
jemals den erdnahen Orbit verlassen hat. Es liefert grundlegende Daten zur
Abschätzung des Strahlenrisikos für die kommenden bemannten Flüge zum Mond.
Ziel der NASA-Mission Artemis I ist der erste zunächst unbemannte
Raumflug der Orion-Kapsel zum Mond, ihn zu umrunden und zur Erde zurückzukehren.
Dabei wird die Kapsel durch das European Service Module (ESM)
angetrieben und versorgt, das mit deutscher Technologie hauptverantwortlich am
Standort Bremen gebaut wurde. Die Flugzeit wird zwischen 26 und 42 Tagen
betragen. Dabei ist das Experiment MARE als sogenannte "secondary" oder "scientific
payload" dabei. Das bedeutet, beide Phantome müssen autark vom Raumschiff
funktionieren. Von der Stromversorgung bis zur Datenspeicherung – alle
Funktionen werden vollkommen unabhängig vom Orion-Schiff sein.
Das neue Mond-Programm der NASA wurde in Anspielung auf die Apollo-Missionen
Artemis benannt. Artemis ist in der griechischen Mythologie
die Mondgöttin und Zwillingsschwester Apollons.
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