Wieder ein Europäer im Erdorbit
Redaktion
/ Pressemitteilung der ESA astronews.com
22. Juli 2019
ESA-Astronaut Luca Parmitano ist im Rahmen seiner Mission
Beyond an Bord der Internationalen Raumstation ISS angekommen, womit
das Team der neuen Expedition 60 seine Arbeit aufnehmen kann. Der
Italiener wird in den nächsten Monaten zahlreiche Experimente durchführen und
für einige Zeit auch das Kommando auf der Raumstation übernehmen. Es ist
Parmitanos zweiter Aufenthalt auf der ISS.

Start von drei neuen Besatzungsmitglieder an
Bord von Sojus MS-13 zur ISS am Sonnabend.
Foto: NASA/Joel Kowsky [Großansicht] |
Der italienische ESA-Astronaut Luca Parmitano und seine
Mannschaftsmitglieder, der NASA-Astronaut Andrew Morgan und der russische
Kosmonaut Alexander Skworzow, starteten am Sonnebend um 18.28 Uhr MESZ vom
Kosmodrom in Baikonur aus und dockten nach einem sechsstündigen Flug an Bord
ihrer Sojus MS-13 am 21. Juli um 0.48 Uhr MESZ an der ISS an. Nach einer
gründlichen Überprüfung der Dichtungen konnten die NASA-Astronauten Christina
Koch und Nick Hague sowie der russische Kosmonaut und derzeitige ISS-Kommandant
Alexej Owtschinin die neuen Mannschaftmitglieder um 3.04 Uhr schließlich an Bord
willkommen heißen.
In den kommenden sechs Monaten wird Parmitano die Durchführung von mehr als
50 europäischen und 200 internationalen Experimenten unterstützen. Hierzu
gehören beispielsweise Untersuchungen, wie sich die Schwerelosigkeit auf
bestimmte Aspekte des menschlichen Körpers auswirkt oder wie Astronauten Roboter
zur Exploration des Mondes fernsteuern könnten. Mit dem Rückflug des Kosmonauten
Owtschinin zur Erde bzw. der Beendigung der Expedition 60 wird
Parmitano im Herbst auch die Rolle des ISS-Kommandanten für die anschließende
Expedition 61 übernehmen, womit nach den ESA-Astronauten Frank De Winne
(2009) und Alexander Gerst (2018) zum dritten Mal ein europäischer Astronaut und
zum ersten Mal ein italienischer ESA-Astronaut diese Funktion innehaben wird.
Für De Winne, heute Leiter des Astronautenzentrums der ESA in Köln, beweist
Parmitanos Ernennung zum ISS-Kommandanten die Anerkennung der Rolle der ESA im
Kreise der internationalen Raumfahrtagenturen: "Wir sind verlässlich und man
verlässt sich auf uns", so De Winne. „Und das nicht nur bei dem Gerät, das wir
liefern, sei es für die Raumstation oder das neue Service-Modul für das
Raumfahrzeug Orion, sondern auch bei der Organisation der Mannschaftstätigkeiten
an Bord. Ich denke, die Investitionen der ESA-Mitgliedstaaten haben hier zu sehr
bemerkenswerten Resultaten geführt."
Angesichts von Parmitanos Starttermin genau 50 Jahre nach der ersten
Apollo-Mondlandung erscheint es nur logisch, dass er Experimente durchführen
wird, die den Weg für künftige Weltraumexplorationsvorhaben ebnen sollen. Zu
diesen Experimenten zählt beispielsweise BioRock. Es soll Wissenschaftlern
helfen zu verstehen, ob für den biologischen Abbau von Substanzen auf der Erde
eingesetzte Mikroben ihre Arbeit auch auf anderen Himmelskörpern verrichten
könnten und wie sich Bakterienstämme auf Gesteinen im Weltraum vermehren.
Darüber hinaus wird Parmitano das Life Support Rack der ESA erproben und
nutzen, mit dem Kohlendioxyd in zum Atmen nutzbaren Sauerstoff umgewandelt
werden kann. Dieses Gerät ist Teil der von der ESA anvisierten Fähigkeit,
Astronauten unabhängig vom Planeten Erde im All dauerhaft überlebensfähig zu
machen. Parmitano wird ferner von der ISS aus einen auf der Erde befindlichen
Rover bedienen, um Fernsteuerungsfunktionen zu testen, die auch auf dem Mond zum
Einsatz kommen könnten. Die Ergebnisse dieser Experimente werden in den Beitrag
der ESA zum Lunar Gateway und zur Mondmission Heracles einfließen, die im Rahmen
von Gemeinschaftsvorhaben mit ihren internationalen Partnern verwirklicht werden
sollen.
"Der heutige Flug ist auch Teil unserer künftigen Reise in Richtung Mond",
verkündete ESA-Generaldirektor Jan Wörner. "Wir freuen uns gemeinsam mit unseren
internationalen Partnern darauf, Mitglieder einer neuen Generation von
Entdeckern des Weltraums zu werden und allen unseren Mitgliedstaaten
Forschungsmöglichkeiten und einen Zugang zum Weltraum eröffnen zu können."
Parmitano hat sich auch auf Außenbordeinsätze vorbereitet, bei denen er mit
Teams am Boden zusammengearbeitet hat, die neue Verfahren und Werkzeuge zur
Reparatur des Alpha-Magnetspektrometers (AMS-02) entwickelt haben. Bei dem im
Jahr 2011 an der Außenseite der Raumstation angebrachten AMS-02 handelt es sich
um einen Teilchenphysik-Detektor zur Erfassung kosmischer Strahlung, von dem
sich Wissenschaftler einen Beitrag zum Verständnis der dunklen Materie sowie der
Antimaterie erhoffen. Das Spektrometer war ursprünglich nur für eine dreijährige
Nutzung im Weltraum ausgelegt, arbeitete jedoch so reibungslos, dass sein
Einsatz verlängert wurde. Allerdings müssen hierfür drei seiner vier Kühlpumpen
bei einem anspruchsvollen Außenbordeinsatz repariert werden.
Parmitanos Mission Beyond ist Teil der langfristigen Vision der ESA,
die eine erstmalige Entsendung europäischer Astronauten über die Erdumlaufbahn
hinaus vorsieht und Europa als Schlüsselpartner bei der bemannten Exploration
des Sonnensystems etablieren will. Ziel der ESA ist es, in Zusammenarbeit mit
internationalen Partnern allen Bürgern in Europa zu neuen Erkenntnissen,
Innovationen und Inspirationen zu verhelfen und Wissenschaftlern mit neuen
ISS-Einrichtungen, wie etwa dem 2018 im Columbus-Modul eingerichteten Dienst für
internationale kommerzielle Experimente (ICE Cubes), den Zugang zu
Forschungsmöglichkeiten zu erleichtern.
"Die Erfahrungen, die wir heute in der niedrigen Erdumlaufbahn gewinnen,
werden es der nächsten Generation ermöglichen, bei ihren fortlaufenden
Entdeckungen noch weiter vorzustoßen. Wenn wir erneut zum Mond und darüber
hinaus bis zum Mars fliegen wollen, müssen wir wissen, wie wir in diesen anderen
Welten überleben und arbeiten können. Auf dem Weg dahin stellt die
Internationale Raumstation einen wichtige Etappe dar", so Parmitano.
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