SKA Observatory offiziell gegründet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
12. März 2019
In Rom wurde heute offiziell das Square Kilometre Array
Observatory gegründet. Die Organisation soll einmal das weltgrößte
Radioteleskop betreiben, das sich über drei Kontinente erstrecken wird. Deutsche
Astronomen haben zur Vorbereitung in den vergangenen Jahren erheblich Beiträge
geleistet, sind aber kein Gründungsmitglied von SKA und damit von industriellen
Aufträgen erst einmal ausgeschlossen.

Künstlerische Darstellung von Radioantennen
für das SKA in Afrika. Parabolspiegel dieser Art
bilden Empfangsantennen für den oberen Bereich
von Radiofrequenzen am SKA.
Bild: SKA Organisation [Großansicht] |
Die am Projekt Square Kilometre Array (SKA) beteiligten Länder sind
heute in Rom zusammengekommen, um ein internationales Abkommen zu unterzeichnen,
das die Gründung einer intergouvernementalen Organisation (IGO) zur Realisierung
des größten Radioteleskops der Welt zum Inhalt hat. Die radioastronomische
Forschergemeinschaft in Deutschland ist interessiert an einer Teilnahme am
SKA-Projekt und beteiligt sich an Vorläuferprojekten wie dem gerade eröffneten
MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika.
Minister, Botschafter und andere hochrangige Vertreter aus mehr als 15
Staaten treffen sich in dieser Woche in der italienischen Hauptstadt zur
Unterzeichnung eines Abkommens, mit dem das Square Kilometre Array
Observatory (SKAO) als zwischenstaatliche Organisation begründet wird, die
für die Auslieferung und für den Betrieb des weltgrößten Radioteleskops SKA
zuständig sein wird.
"Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Entsprechend werden der Entwurf,
der Aufbau und schließlich der Betrieb des größten Teleskops der Erde
jahrzehntelange Anstrengungen, Sachkenntnis, Innovation, Durchhaltevermögen und
globale Zusammenarbeit erfordern. Heute haben wir den Grundstein dafür gelegt,
um das SKA schließlich Wirklichkeit werden zu lassen", sagt Dr. Catherine
Cesarsky, die Vorsitzende des SKA-Leitungsgremiums.
Das SKA wird in Zukunft die größte Wissenschaftseinrichtung auf der Erde
darstellen, mit Infrastruktur, die sich über drei Kontinente auf Nord- und
Südhalbkugel erstrecken wird. Seine beiden Beobachtungsnetzwerke mit Hunderten
von Parabolspiegeln und Tausenden von Einzelantennen werden sich über Hunderte
von Kilometern in Australien und Südafrika ausdehnen. Das Hauptquartier der
Einrichtung hat seinen Sitz in Großbritannien.
"Es gibt nur eine geringe Anzahl von Schlüsseleinrichtungen zur Erforschung
der Physik im 21. Jahrhundert", erklärt Michael Kramer, der Leiter der
Forschungsabteilung Radioastronomische Fundamentalphysik im Bonner
Max-Planck-Institut für Radioastronomie. "Das SKA wird in einer Linie stehen mit
dem James-Webb-Weltraumteleskop, dem Large Hadron Collider am
CERN, sowie den LIGO/VIRGO-Gravitationswellendetektoren und der nächsten
Generation riesiger optischer Teleskope wie dem ESO-ELT."
Mit dem SKA wird es möglich sein, fundamentale Lücken im Verständnis des
Universums zu schließen, es wird den Astronomen der beteiligten Länder die
Erforschung von Gravitationswellen und Tests von Einsteins Relativitätstheorie
unter extremen Bedingungen ermöglichen. Weitere Forschungsschwerpunkte umfassen
die Natur der bisher rätselhaften schnellen Radiostrahlungsausbrüche (FRBs), die
Entwicklung des Universums über Milliarden von Jahren, die Kartierung von
Hundert Millionen von Galaxien sowie die Suche nach Anzeichen für Leben im
Universum.
Die schnellsten Supercomputer der Erde werden erforderlich sein, um eine
bisher unerreichte Fülle von Beobachtungsdaten verarbeiten zu können, wobei über
600 Petabyte, 600 Billiarden Byte, pro Jahr gespeichert und an die weltweite
Wissenschaftsgemeinde verteilt werden müssen. Diese Datenmenge entspricht der
Speicherkapazität von mehr als einer halben Million Laptops.
Verträge in einer finanziellen Höhe von etwa 700 Millionen Euro zur
Konstruktion des SKA werden ab Ende 2020 an Firmen und Anbieter in den
Mitgliedsstaaten des SKA gehen und einen substantiellen Ausgleich für die
investierten Mittel darstellen. Darüber hinaus sind Spinoff-Effekte aus Design
und Aufbau des SKA zu erwarten. Auf der Basis der Designarbeiten wurden bereits
Startup-Unternehmen gegründet, und es werden sich Auswirkungen weit über die
Astronomie hinaus ergeben. Über 1000 Ingenieure und Wissenschaftler aus 20
Ländern waren in den vergangenen fünf Jahren an den Designarbeiten für das SKA
beteiligt. Neue Forschungsprogramme, Ausbildungsinitiativen und Kollaborationen
in einer Reihe von Ländern haben begonnen, um die nächste Generation von
Wissenschaftlern und Ingenieuren zu trainieren.
Die deutsche Forschergemeinschaft ist seit den 1990er Jahren an der
Entwicklung des Projekts beteiligt. Das wurde mit der Erstellung einer
Prototypantenne für den höheren Frequenzbereich am SKA fortgesetzt, die von der
deutschen Industrie entwickelt wurde und erst kürzlich von der
Max-Planck-Gesellschaft zum SKA-Standort in Südafrika verschickt wurde. Die
Gemeinschaft trägt mit Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung zu wissenschaftlichen Untersuchungen mit MeerKAT und der
SKA/MPG-Prototypantenne bei. Am SKA-Projekt selbst sind die deutschen Astronomen
allerdings nicht beteiligt, nachdem die Bundesregierung im Jahr 2014
überraschend ihren Austritt aus dem Verbund erklärt hatte.
Diese Entscheidung sollte, so die Hoffnung der Astronomen, rasch revidiert
werden: "Wie in unserer aktuellen Denkschrift zusammengefasst, haben wir
deutschen Astronomen die Beteiligung am SKA-Projekt als Projekt mit höchster
Priorität gleich nach der Teilnahme am ESO-ELT und ALMA bezeichnet“, sagt
Joachim Wambsganß vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH),
der Vorsitzende des Rats deutscher Sternwarten.
Sieben Staaten werden das Abkommen heute unterzeichnen, und zwar Australien,
China, Italien, Niederlande, Portugal, Südafrika und Großbritannien. Indien und
Schweden, die ebenfalls an den multilateralen Verhandlungen zum Aufbau der
SKA-Organisation als multinationaler Organisation teilgenommen haben, haben nun
ein Jahr Zeit, das Abkommen ebenfalls zu unterzeichnen.
Insgesamt bilden diese neun Staaten die Gründungsmitglieder der neuen
Organisation. Die Unterzeichnung des Abkommens vollendet dreieinhalb Jahre
Verhandlungen von Regierungsvertretern und internationalen Anwälten und startet
den gesetzgebenden Prozess in den Unterzeichnerstaaten. Die Square Kilometre
Array Organisation (SKAO) als zwischenstaatliche Organisation tritt dabei in
Kraft, sobald fünf Staaten inklusive der drei Betreiberstaaten das Abkommen
durch ihre Gesetzgeber ratifiziert haben.
Ein spezielles Interesse der deutschen Astronomen an diesem Projekt liegt in
der Behandlung von großen Datenmengen ("big data"). Aus diesem Grund haben die
deutschen Partner die Absicht, einen "Verein für datenintensive Radioastronomie"
zu gründen. Die beteiligten Partnerinstitute umfassen unter anderem die HTW
Berlin, die Universitäten Bielefeld und Bonn, die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,
die TU Dortmund, die Universität Hamburg, das ZAH an der Universität Heidelberg,
die Sternwarte Tautenburg, die Universität Würzburg und die
Max-Planck-Gesellschaft.
"Die gesamte astronomische Gemeinde hat schon lange auf ein
Radioobservatorium mit solch hervorragender Leistungsstärke auf der Südhalbkugel
der Erde gewartet", unterstreicht Stefan Wagner vom ZAH an der Universität
Heidelberg. "Die Gründung einer Organisation für den Aufbau und den Betrieb
dieses Observatoriums ist ein entscheidender Schritt vorwärts. Wir als
Astrophysiker in Deutschland sind sehr daran interessiert, beim SKA mitzumachen,
das Einblicke ins Universum weit über die derzeit vorhandenen Möglichkeiten
bieten wird."
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