Dreifachsystem mit explosiver Zukunft
von Stefan Deiters astronews.com
21. November 2018
Astronomen haben mithilfe des Very Large Telescope
ein faszinierendes Sternsystem entdeckt, dem sie eine explosive Zukunft
voraussagen: ein Doppelstern aus zwei Wolf-Rayet-Sternen, von denen sich einer
so schnell um die eigene Achse dreht, dass es ihn dabei fast zerreißt. In naher
Zukunft dürfte er zudem als Supernova explodieren und für einen
Gammastrahlenausbruch sorgen.
Blick auf das Dreifachsystem Apep im
Sternbild Winkelmaß.
Bild: ESO / Callingham et al. [Großansicht] |
Auf der in dieser Woche von der europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichten Aufnahme, die mit dem Instrument VISIR am Very Large
Telescope entstand, erscheint das nun entdeckte System in einem gewaltigen
Wirbel aus staubigem Material eingebettet. Verantwortlich dafür ist ein gravitativ aneinander gebundenes Trio aus Sternen - ein Doppelstern und ein
weiteren Stern.
Die Partner in dem Doppelsternsystem sind sogenannte Wolf-Rayet-Sterne, also
extrem massereiche Sterne, die sich dem Ende ihres nuklearen Lebens nähern. Wenn
Wolf-Rayet-Sterne explodieren, können sie unter Umständen Gamma-ray-Bursts, also
einen energiereichen Gammastrahlenausbruch, aussenden. Das System liegt
schätzungsweise 7800 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Winkelmaß.
"Es handelt sich um das erste derartige Objekt, das in unserer eigenen
Galaxie entdeckt wurde", erklärt Joseph Callingham vom Netherlands Institute
for Radio Astronomy (ASTRON). "Wir hätten nie erwartet, dass wir ein
solches System in unserem eigenen Garten finden würden." Offiziell heißt das
System XMM J160050.7-514245, da dies jedoch recht unhandlich ist, haben die
Astronomen das System "Apep" getauft, nach einer ägyptischen Gottheit.
Gamma-ray Bursts zählen zu den energiereichsten Ereignissen im Universum. Man
unterscheidet zwischen Ausbrüchen, die nur Bruchteile einer Sekunde dauern und
längeren Bursts von mehreren Sekunden. Letztere entstehen vermutlich durch
Supernova-Explosionen von schnell rotierenden Wolf-Rayet-Sternen.
Zu diesem exotischen Sternentyp können sich extreme massereiche Sonnen kurz
vor Ende ihres nuklearen Lebens entwickeln. Die Wolf-Rayet-Phase dauert dabei
nur wenige hunderttausend Jahre. In dieser Zeit werden aber gewaltige Mengen von
Material in heftigen stellaren Winden ins All geschleudert. Im Falle von Apep
erreichen diese Winde eine Geschwindigkeit von bis zu zwölf Millionen Kilometern
pro Stunde.
Diese Winde sind auch für die Strukturen rund um das Dreifachsystem
verantwortlich. Auf dem Bild sind nur zwei Objekte auszumachen, bei dem unteren
handelt es sich um das nicht in Einzelsterne auflösbare Wolf-Rayet-Doppelsystem. Dieses ist auch
hauptsächlich für das wellenförmige Aussehen der Wolke um das Trio
verantwortlich. Diese breitet sich etwas langsamer aus, als die stellaren Winde
schnell sind: mit "nur" rund zwei Millionen Kilometern pro Stunde.
Diese Diskrepanz sei, so die Astronomen, dadurch zu erklären, dass einer der
beiden Doppelsternpartner einen schnelleren und einen langsameren Wind ins All
bläst - und dies in unterschiedliche Richtungen. Das würde aber auch bedeuten,
dass sich der Stern nahe seiner kritischen Rotationsgeschwindigkeit um die
eigene Achse dreht, also so schnell, dass es ihn beinahe zerreißt. Genau so ein
Wolf-Rayet-Stern aber gilt als Auslöser für lange Gamma-ray Bursts.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in der Zeitschrift Nature Astronomy.
|