Bester Ort für Suche nach Zivilisationen?
von Stefan Deiters astronews.com
8. Januar 2016
Kugelsternhaufen gehören mit zu den ältesten Bestandteilen
der Milchstraße, galten aber bislang nicht als vielversprechende Ziele für die
Suche nach Planeten oder gar nach außerirdischen Zivilisationen. Zwei Astronomen
sind da allerdings weniger pessimistisch und halten die Haufen sogar für die
besten Ziele in der Milchstraße, um nach fortschrittlichen Zivilisationen zu
fahnden.
Sind Kugelsternhaufen, hier ein Hubble-Bild
des Haufens 47 Tucannae, tatsächlich die besten
Orte in der Milchstraße, um nach hochentwickelten
Zivilisationen zu suchen?
Bild: NASA, ESA und das Hubble
Heritage Team (STScI / AURA - ESA/Hubble
Collaboration) [Großansicht] |
Um das Zentrum der Milchstraße kreisen ungefähr 150 Kugelsternhaufen. Es handelt
sich dabei um Ansammlungen von Sternen, die durch ihre gegenseitige
Anziehungskraft zusammengehalten werden. In einer Region mit einem Durchmesser
von rund 100 Lichtjahren können sich hier bis zu eine Million Sterne finden.
Die Sterne der Haufen gehören zu den ältesten Bestandteilen der
Milchstraße und könnten ein idealer Ort sein, um nach außerirdischen
Zivilisationen zu fahnden - davon ist zumindest Rosanne DiStefano vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) überzeugt, die die Ergebnisse
ihrer Studie in dieser Woche auf einer Tagung der American Astronomical Society
vorstellte. "Ein Kugelsternhaufen könnte der erste Ort in unserer Galaxie sein,
in dem intelligentes Leben nachgewiesen wird."
Die Sterne in Kugelsternhaufen sind aufgrund ihres Alters
deutlich ärmer an
schwereren Elementen, da diese erst im Inneren von Sternen erzeugt werden
müssen. Dies führte bei manchen Wissenschaftlern zu der Überzeugung, dass die
Entstehung von Planeten, für die ja solche schwereren Elemente benötigt werden,
hier eher unwahrscheinlich ist. Tatsächlich hat man bis heute lediglich einen
Planeten in einem Kugelsternhaufen gefunden.
Nach Ansicht von DiStefano und von ihrem Kollegen Alak Ray vom Tata Institute of
Fundamental Research in Mumbai sollte man hier aber nicht zu pessimistisch sein: So
hätte man bereits Planeten um Sterne gefunden, die nur ein Zehntel des solaren
Gehalts an schwereren Elementen aufgewiesen hätten. Außerdem würde der Trend,
dass sich Jupiter-ähnliche Gasriesen hauptsächlich um Sterne mit einem hohen
Anteil an schwereren Elementen finden, nicht für kleinere, erdähnliche Planeten
nachweisen lassen. "Es ist zu früh, um sicher zu sein, dass es in
Kugelsternhaufen keine Planeten gibt", so Ray.
Ein weiteres Problem für Planeten in Kugelsternhaufen könnten die
"Umweltbedingungen" sein: Da die Sterne einen sehr viel geringeren
Abstand voneinander haben, als etwa in der Sonnenumgebung, könnte die Entstehung von
Planetensystemen gestört oder bereits existierende Planeten durch
Wechselwirkungen mit anderen Sternen aus dem System gekickt werden.
Doch auch das müsste nicht unbedingt gegen bewohnte Planeten in Kugelsternhaufen
sprechen. Inzwischen würden die meisten Sterne in den Haufen nämlich alte rote
Zwerge sein, um die sich die habitale Zone, also der Bereich, in dem Wasser in
seiner flüssigen Form vorkommen kann, in einem vergleichsweise geringen Abstand
vom Zentralstern befindet. In der Nähe des Sterns seien Planeten aber
vergleichsweise sicher. "Wenn sich Planeten erst einmal gebildet haben, können
sie auch lange Zeit überleben", so DiStefano.
Und genau dann hätte Leben aber auch lange Zeit gehabt, sich zu entwickeln und könnte komplexere Formen annehmen. Intelligentes Leben würde dann eine ganz andere
Umgebung vorfinden, als wir auf der Erde, wo der nächste Stern über vier
Lichtjahre entfernt ist. Die Entfernungen zu anderen Sternen, um die eventuell
auch Planeten kreisen, wären in einem Kugelsternhaufen deutlich geringer.
In einem Kugelsternhaufen wäre also interstellare Kommunikation und auch die
Erkundung anderer Sternsysteme deutlich einfacher. "Wir nennen dies die
'Kugelsternhaufen-Gelegenheit'", so DiStefano. "Eine Nachricht zwischen zwei
Sternsystemen zu verschicken würde nicht länger dauern, als einen Brief von Europa
in die USA im 18. Jahrhundert."
Der nächste Kugelsternhaufen ist von der Erde allerdings einige tausend
Lichtjahre entfernt, so dass sich Planeten dort nur sehr schwer aufspüren lassen
- insbesondere im turbulenten Zentrum des Haufens. Eventuell könnte man aber
Transitplaneten in den Außenbereichen von Kugelsternhaufen entdecken. Überlegenswert
sei auch, ob man nicht Kugelsternhaufen gezielt nach Signalen
intelligenter Lebewesen absuchen sollte.
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