Ältester
extrasolarer Planet entdeckt
von Stefan
Deiters
astronews.com
11. Juli 2003
Jahrelang
hatte man gerätselt, ob im Kugelsternhaufen M4 in 5.600 Lichtjahren Entfernung
tatsächlich ein Planet um einen Pulsar kreist. Jetzt brachte das
Hubble-Weltraumteleskop Klarheit und bestätigte somit die Existenz des ältesten
Planeten, der bislang entdeckt wurde. Die ferne Welt mit der 2,5fachen Masse des
Jupiter dürfte rund 13 Milliarden Jahre alt sein.
So stellt sich ein Künstler den Gasriesen um den Pulsar in M4
vor. Bild:
NASA und G. Bacon (STScI) |
Mit den neuen Hubble-Daten sind jahrelange Spekulationen über die
wahre Natur dieses Methusalems unter den Planeten beendet, der für einen Orbit
100 Jahre benötigt und die 2,5fache Masse des Gasriesen Jupiter hat. Die
Existenz dieses 13 Milliarden Jahre alten Planeten ist für die Forscher ein
eindeutiger Beleg für die Tatsache, dass sich Planeten schon recht früh in der
Geschichte des Universums bildeten und daher im Weltall sehr häufig sein
könnten.
Der Planet befindet sich im Zentrum des Kugelsternhaufens M4, der in rund
5.600 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Skorpion liegt. Kugelsternhaufen
gelten als die ältesten Bestandteile der Galaxie und sind daher oft relativ arm
an schweren Elementen, die erst nach und nach im Inneren von Sternen gebildet
werden. Manche Astronomen glaubten daher, dass es in Kugelsternhaufen überhaupt
keine Planeten geben könne.
Diese Ansicht wurde 1999 durch eine gezielten aber
erfolglose Suche nach so genannten "Heißen Jupitern", also nach Gasriesen, die
ihre Sonne in relativ geringer Entfernung umlaufen, mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops
im Kugelsternhaufen 47 Tucanae unterstützt. Nun sieht es danach aus, als hätten
die Wissenschaftler damals nur an der falschen Stelle gesucht. Gasriesen mit
einem relativ großen Orbit um ihren Zentralstern könnten in Kugelsternhaufen
recht häufig sein.
"Unser Daten sprechen eindeutig dafür, dass die Prozesse, die zur Entstehung
von Planeten führen recht robust sind und auch funktionieren, wenn es nur wenig
schwere Elemente gibt", erläutert Steinn Sigurdsson von der Pennsylvania
State University. "Das bedeutet, dass es schon im sehr jungen Universum zu
Planetenentstehung gekommen sein könnte." Für Harvey Richer von der
University of British Columbia ist es ein "extrem ermutigendes" Ergebnis, dass
Planeten möglicherweise sehr häufig in Kugelsternhaufen anzutreffen sind.
Besonders fasziniert den Forscher die Tatsache, dass der Planet an einem sehr
unwirklichen Ort, nämlich im Zentrum eines Kugelsternhaufens gefunden wurde, wo
Planetensysteme durch Wechselwirkungen mit anderen Sternen eigentlich schnell
zerstört werden sollten. Außerdem umkreist der Planet ein kurioses
Doppelsternsystem aus einem Neutronenstern und einem Weißen Zwerg, das auch
schon ein wechselvolle Geschichte hinter sich zu haben scheint.
Die Geschichte der Planetenentdeckung begann bereits im Jahr 1988, als man im
Kugelsternhaufen M4 den Pulsar PSR B1620-26 entdeckte, also einen rotierenden
Neutronenstern der regelmäßig Radiopulse aussendet. Aber irgendetwas stimmte mit
den Beobachtungen noch nicht und bald entdeckte man, dass der Pulsar einen
Begleiter hatten - ein Weißer Zwergstern, also ein ausgebrannter
Sternenrest. Doch die Unregelmäßigkeiten waren noch immer nicht beseitigt: Man
vermutete ein drittes Objekt, beispielsweise einen Planeten, einen massenarmen
Stern oder aber einen Braunen Zwerg. Die wahre Natur des dritten Objekte blieb
jahrelang im Dunkeln.
Sigurdsson, Richer und ihre Kollegen konnten diese Frage nun endgültig
klären, indem sie die Masse des Objektes bestimmten. Die Astronomen leisteten
dabei wahre Detektivarbeit und nutzten Hubble-Archivmaterial, um den Weißen Zwerg
auf den Bildern des Weltraumteleskops aufzuspüren, seine Temperatur und Farbe
und daraus schließlich die Masse zu bestimmen. Daraus ließ sich die genaue Bahn
des Weißen Zwerges und die Neigung der Bahn in Bezug auf die Beobachtung von der
Erde ableiten. Mit diesen Daten war dann auch die Bahn des Planeten zu bestimmen
und schließlich auch dessen Masse. Mit der 2,5fachen Jupitermasse war er zu massearm, um ein Brauner Zwerg sein zu können - es war tatsächlich ein Planet.
Der Gasriese hat ein bewegtes Leben hinter sich: Vermutlich begann es vor
rund 13 Milliarden Jahren im Orbit um eine ganz normale Sonne. Die ferne Welt
überstand die harschen Bedingungen, die in einem Kugelsternhaufen in seinen
Anfangsjahren herrschen müssen, wenn unzählige Sterne entstehen und bald wieder
explodieren. Dann dürfte der Planet mit samt seiner Sonne ins Zentrum von M4
geraten sein und dabei einen Pulsar passiert haben, der auch über einen
Begleiter verfügte. Der Pulsar ist das Ergebnis einer Supernova-Explosion. Durch
die Gravitationskraft des Pulsars wurde die Sonne und der Planet eingefangen.
Gleichzeitig wurde der ursprüngliche Begleiter des Pulsars weggeschleudert und
in einer Art Rückstoß-Effekt das neue System in weniger dichte Regionen des
Haufens verlagert.
Vermutlich dürfte die Sonne sich irgendwann zu einem Roten Riesen aufgebläht
und den Pulsar dabei mit neuem Material versorgt haben, was ihn zu neuem Leben
erweckte. Schließlich wurde sie zu einem Weißen Zwerg. Der Planet umrundet
weiterhin in einem Abstand wie etwa der Uranus das ungleiche Paar. Es dürfte
sich dabei um einen Gasriesen ohne feste Oberfläche handeln. Da er zu einem
sehr frühen Zeitpunkt entstanden ist, dürfte die Anteile an Kohlenstoff und
Sauerstoff zudem recht gering sein. Leben wie wir es kennen, sollte sich hier
also kaum entwickelt haben. Zudem ist fraglich, ob irgendwelches Leben die
extreme Geschichte dieses Planeten hätte überleben können.
|