Dunkles Material könnte Seesalz sein
von Stefan Deiters astronews.com
19. Mai 2015
Bei dem dunklen Material, das auf der
Oberfläche des Jupitermonds Europa zu sehen ist, könnte es sich um Ablagerungen
von Seesalz handeln. Das Salz müsste dann aus dem Ozean stammen, den
Wissenschaftler unter der Oberfläche vermuten. Dies ergaben Laboruntersuchungen,
bei denen die Bedingungen auf der Oberfläche Europas simuliert wurden.

Der Jupitermond Europa. Könnte es sich bei
dem dunklen Material auf der Oberfläche teils um
Seesalz handeln? Bild: NASA
/ JPL-Caltech / SETI Institute
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"Zu Europa haben wir viele Fragen", so Curt Niebur, der als Wissenschaftler
in der Abteilung für Äußere Planeten am NASA-Hauptquartier in Washington
arbeitet. "Die mit Abstand wichtigste Frage ist zugleich am schwierigsten zu
beantworten: Gibt es dort Leben?"
Untersuchungen, wie die jetzt vorgestellte Studie, seien dabei von
entscheidender Bedeutung, weil sie versuchen, die Fragen zu beantworten, auf die
man tatsächlich eine Antwort finden kann - wie etwa, ob es auf Europa lebensfreundliche
Bedingungen gibt. "Wenn wir diese Antworten haben, können wir uns der großen Frage
zuwenden, ob es in dem Ozean unter der Eiskruste Europas Leben gibt."
Die Oberfläche des Jupitermonds fasziniert die Forscher schon seit
vielen Jahren. Insbesondere fragen sie sich, um was für ein Material es sich
handelt, das langgezogene Brüche und vergleichsweise junge geologische
Strukturen überzieht und auffällig dunkel erscheint. Die Regionen, in denen man
dieses dunkle Material sehen kann, lassen vermuten, dass es aus dem Untergrund
von Europa stammt. Über seine chemische Zusammensetzung weiß man bislang jedoch
nur wenig.
Im Untergrund von Europa vermuten Wissenschaftler schon seit längerem eine
Schicht aus Wasser. "Wenn es sich einfach nur um Salz aus dem Ozean darunter
handelt, wäre das eine sehr einfache und elegante Lösung, um das mysteriöse
dunkle Material zu erklären", so Kevin Hand, Planetenwissenschaftler vom
Jet
Propulsion Laboratory (JPL) der NASA und Leiter der aktuellen Untersuchung.
Noch etwas ist über Europa bekannt: Der Mond ist durch das Magnetfeld von
Jupiter erheblicher Strahlung ausgesetzt. Elektronen und Ionen treffen ständig
mit Geschwindigkeiten auf die Oberfläche des Trabanten, die denen in
Teilchenbeschleunigern gleichen. Immer wieder wurde daher vorgeschlagen, dass
auch die Strahlung eine Rolle bei der Erklärung des dunklen Materials spielen
könnte.
Die Verfärbungen auf Europas Oberfläche wurde in früheren Studien unter
anderem mit
Schwefel- und Magnesiumverbindungen erklärt. Tatsächlich scheint
Schwefel, der durch die Strahlung verändert wurde, für einige der Farben
auf Europa verantwortlich zu sein. Die jetzt vorgestellte Untersuchung deutet
allerdings darauf hin, dass auch normales Salz, unter dem Einfluss von
Strahlung, die Farben in den jüngsten Regionen des Mondes erklären könnte.
Hand und sein JPL-Kollege Robert Carlson untersuchten in einer kleinen
Analysekammer verschiedene infrage kommenden Substanzen, die die Färbungen
erklären könnten. "Wir nennen das 'Europa in der Dose'", so Hand. "Wir
bilden
hier die Bedingungen auf Europa in Bezug auf Temperatur, Druck und
Strahlenbelastung nach. Die Spektren der Substanzen können dann mit
denen verglichen werden, die Raumsonden und Teleskope gewonnen haben."
Hand und Carlson untersuchten insbesondere normales Salz, also
Natriumchlorid, sowie verschiedene Mischungen aus Salz und Wasser. In der
Vakuumkammer kühlten sie die Stoffe auf minus 173 Grad Celsius ab und setzten
sie intensiver Strahlung aus. Nach vielen Stunden und Tagen in der Kammer, die
in der Realität wohl Jahrhunderten auf Europa entsprechen würden, wurden die
zuvor weißen Salzproben gelblich braun - ganz ähnlich wie bestimmte Strukturen
auf Europa.
"Diese Studie sagt uns, dass die chemische Signatur von Natriumchlorid,
das intensiver Strahlung ausgesetzt ist, sehr gut mit den Raumsonden-Daten des mysteriösen
Materials auf Europa übereinstimmt", so Hand. Außerdem zeigte sich, dass die
Salzproben umso dunkler wurden, je länger sie bestrahlt worden sind. Dies könnte
sogar eine Datierung der auf Europa vermuteten Eruptionen von Material aus dem
Untergrund erlauben.
Salz aus dem Ozean unter der Oberfläche wäre auch ein Hinweis darauf, dass es
eine Wechselwirkung zwischen Ozean und dem steinigen Meeresboden gibt. Dies
könnte ein wichtiger Faktor für die Lebensfreundlichkeit des Ozeans sein. Mit
Teleskopen lässt sich die Frage, ob es sich tatsächlich um Salz handelt,
gegenwärtig nicht beantworten. Klarheit dürfte somit wohl erst eine Sonde
bringen, die entsprechende Messungen aus der Nähe vornehmen kann.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel,
der in der Zeitschrift Geophysical Research Letters erscheint.
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