Die Folgen einer dichten Begegnung
von Stefan Deiters astronews.com
30. Januar 2015
Die europäische Weltraumagentur ESA hat gestern eine neue
spektakuläre Ansicht der Spiralgalaxie NGC 7714 veröffentlicht, die ungefähr 100
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Fische liegt. Ihr
ungewöhnliches Aussehen ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Galaxie vor
nicht allzu langer Zeit eine enge Begegnung mit einer anderen Galaxie hatte.

Die Galaxie NGC 7714.
Bild: ESA, NASA / A. Gal-Yam (Weizmann
Institute of Science) [Großansicht]
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Das gestern von der europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichte Bild
zeigt eine neue spektakuläre Ansicht der Spiralgalaxie NGC 7714. Mit ihren
unregelmäßigen und verschlungenen Spiralarmen sowie langen Strömen aus Material, die von der Galaxie ins All hinausragen, entspricht NGC 7714 so gar
nicht dem Bild, das man normalerweise von einer Spiralgalaxie hat.
NGC 7714 liegt etwa 100 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im
Sternbild Fische und gehört damit für Astronomen noch zu den vergleichsweise
nahegelegenen Galaxien. Ihr Aussehen ist für die Wissenschaftler ein
untrügliches Zeichen dafür, dass die Galaxie in der Vergangenheit in eine
Kollision oder zumindest eine dichte Begegnung mit einer anderen Galaxie
verwickelt war.
In der Umgebung von NGC 7714 findet sich auch tatsächlich der Schuldige: die
kleinere Galaxie NGC 7715. Sie liegt gerade außerhalb des oberen
Bildbereichs der Aufnahme. Die beiden Galaxie sind sich offenbar vor 100 bis 200
Millionen Jahren zu nahe gekommen und haben sich mit ihrer gegenseitigen
Anziehungskraft erheblich beeinflusst. Das System der zwei wechselwirkenden
Galaxien ist auch unter der Bezeichnung Arp 284 bekannt.
Die dichte Begegnung hat für die Entstehung einer ringförmigen Struktur um
NGC 7714 und die Ausbildung langer Arme aus Sternen gesorgt, die eine Art
Brücke zwischen den beiden Galaxien bilden. Diese sorgt auch dafür, dass Material von der
kleineren Galaxie in die Galaxie NGC 7714 strömt, was hier zu Ausbrüchen von
Sternentstehung führt.
Die meiste Sternentstehung spielt sich im Zentrum von NGC 7714 ab, doch
lassen sich überall in der Galaxie funkelnd helle neue Sterne ausmachen.
Astronomen klassifizieren NGC 7714 daher auch als eine typische Wolf-Rayet-Starburst-Galaxie.
Unter Starburst-Galaxien versteht man Systeme, in denen es gerade zu einer
intensiven Phase von Sternentstehung kommt. Solche Phasen hängen oft mit
Wechselwirkungen mit anderen Galaxien zusammen, also mit engen Begegnungen oder
Kollisionen.
Wolf-Rayet-Sterne sind eine Klasse von sehr massereichen und hellen Sternen,
die einen beträchtlichen Teil ihrer Masse durch heftige stellare Winde in ihre
Umgebung blasen. In NGC 7714 hat man sehr viele solcher Wolf-Rayet-Sterne
identifiziert.
Die Ansicht basiert auf Daten, die mit dem Weltraumteleskop Hubble in
ganz verschiedenen Wellenlängenbereichen mithilfe der Wide Field Camera 3
und der Advanced Camera for Surveys gesammelt wurden.
Auf dem Bild ist
nicht nur NGC 7714 mit ihrer faszinierenden Struktur zu erkennen, sondern es
sind auch noch zahlreiche deutlich weiter entfernte Objekte zu sehen. Diese
Galaxien zeigen sich oft nur als verschwommene Lichtflecken, bei einigen ist
aber auch eine Spiralstruktur auszumachen.
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