59 kollidierende
Galaxien auf einen Streich
von Stefan Deiters astronews.com
24. April 2008
NASA und ESA haben anlässlich des 18. Geburtstags des
Weltraumteleskops Hubble 59 Bilder von kollidierenden Galaxien
vorgestellt. Noch nie wurde eine so große Anzahl von Hubble-Aufnahmen
auf einmal veröffentlicht. Die Bilder zeigen eindrucksvoll die verschiedenen
Erscheinungsformen von wechselwirkenden Galaxien.
Eine Auswahl aus den 59 jetzt veröffentlichten
Bildern von kollidierenden Galaxien.
Bild: NASA, ESA, das Hubble
Heritage Team (STScI/AURA)-ESA/Hubble
Collaboration und A. Evans (University of
Virginia, Charlottesville/NRAO/Stony Brook
University), K. Noll (STScI) und J. Westphal (Caltech) [Großansicht
und weitere Bilder] |
Wechselwirkende und kollidierende Galaxien sind überall im
Universum zu finden. Kollisionen und Verschmelzungen gehören mit zu den
wichtigen Strukturbildungsprozessen im All: Aus kleineren Galaxien werden durch
wiederholte Verschmelzungen immer größere Objekte und irgendwann vielleicht
einmal elliptische Riesengalaxien. Doch nicht alle Kollisionen sehen gleich aus.
Manchmal sind die Folgen dieser kosmischen Verkehrsunfälle kaum zu übersehen,
ein anderes Mal sieht man kaum, dass hier zwei Galaxien miteinander
wechselwirken. Diese ganze Vielfalt machen jetzt 59 Bilder des Weltraumteleskops
Hubble deutlich, die NASA und ESA heute veröffentlicht haben.
Als das Universum noch jünger war, waren Galaxienverschmelzungen noch
deutlich häufiger als in unserer Zeit. So finden sich in der inneren Struktur
von mancher vermeintlich isolierter Galaxie Hinweise darauf, dass sie in ihrer
Vergangenheit in eine oder mehrere Kollisionen verwickelt war. Auch unsere
Milchstraße enthält die Überreste zahlreicher kleinerer Galaxien, die sie in der
Vergangenheit verschluckt hat. Auch zur Zeit ist unsere Michstraße gerade dabei,
sich eine kleine elliptische Zwerggalaxie einzuverleiben.
Doch unsere galaktische Heimat wird auch nicht ungeschoren davon kommen: In
rund zwei Milliarden Jahren wird sie mit der Andromeda-Galaxie verschmelzen. Wie
diese neue Galaxie dann heißen wird, darüber kann man noch spekulieren. Das
Hubble-Team schlägt Milkomeda vor - eine Kombination von Milky Way und
Andromeda.
Durch Computersimulationen hat man heute eine recht genaue Vorstellung davon,
wie Kollisionen von Galaxien ablaufen. Obwohl sich die Galaxien mit hoher
Geschwindigkeit bewegen, dauert eine Kollision doch viele Hundert Millionen
Jahre. Direkte Kollisionen von Sternen sind dabei äußerst selten. Entscheidend
sind die gravitativen Wechselwirkungen, also die gegenseitige Anziehungskraft
der Galaxien. Diese sorgen dafür, dass die Sterne der beiden Kollisionspartner
auf ihren gewohnten Bahnen gestört werden, sich neu orientieren und das Gas und
Staub in Bewegung gerät.
Erste Anzeichen für eine Wechselwirkung zwischen Galaxien ist daher meist
eine kleine "Brücke" aus Gas und Staub zwischen zwei Galaxien, die zu dicht
aneinander geraten sind. Dann entstehen deutlichere Gezeitenarme, die oft noch
lange nach der eigentlichen Wechselwirklung erhalten bleiben. Wenn die beiden
Galaxienkerne sich sehr nahe kommen, können Stoßwellen entstehen, Gas und Staub
werden komprimiert und eine Vielzahl neuer Sterne entsteht. Charakteristisch
dafür sind helle blaue Punkte in den Galaxien, bei denen es sich meist um
massereiche Sternhaufen aus jungen Sternen handelt. Die durch die Strahlung
aufgeheizten Staubwolken machen diese Galaxien zu extrem hellen Objekten im
Infraroten.
Die meisten der jetzt veröffentlichten 59 neuen Hubble-Bilder sind
Teil einer großangelegten Untersuchung von hellen und sehr hellen
Infrarot-Galaxien, bei der Beobachtungen von Hubble, Spitzer,
Chandra und GALEX kombiniert werden. Diese umfangreichste
Veröffentlichung von Hubble-Bildern soll auch an den 18. Geburtstag des
Hubble-Weltraumteleskops erinnern: Hubble startete nämlich am
24. April 1990 an Bord der US-Raumfähre Discovery ins All.
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