Entstehen und Vergehen in der LMC
von Stefan Deiters astronews.com
29. November 2013
Die europäische Südsternwarte ESO hat in dieser Woche ein
neues spektakuläres Bild eines Sternentstehungsgebiets in der Großen
Magellanschen Wolke veröffentlicht. In dieser Region bilden sich gerade
zahlreiche junge Sterne und formen durch ihre intensive Strahlung und stellaren
Winde die Umgebung. Aber auch die Folgen eines gewaltsamen Sternentods sind auf
der Aufnahme auszumachen.
Blick auf den Supernova-Überrest SNR
0536-67.6 (links) und die Sternentstehungsregion
NGC 2035.
Bild: ESO [Großansicht] |
Die Große Magellansche Wolke (Large Magellanic Cloud, abgekürzt LMC)
ist eine Satellitengalaxie der Milchstraße und zählt mit einer Entfernung von
gerade einmal 160.000 Lichtjahren zu den uns am nächsten gelegenen Galaxien. Sie
befindet sich im Sternbild Schwertfisch. Einige Regionen in der Großen
Magellanschen Wolke, in denen gerade zahlreiche neue Sterne geboren werden, sind
so hell, dass sie sogar mit bloßem Auge zu sehen sind. Ein Beispiel dafür ist
der bekannte Tarantelnebel, der auch 30 Doradus genannt wird.
Das Mitte der Woche von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte
Bild zeigt in der rechten Bildhälfte mit NGC 2035 eine weniger bekannte
Sternentstehungsregion, die manchmal auch als Drachenkopfnebel bezeichnet wird.
Es handelt sich um einen Emissionsnebel, also um Wolken aus Gas, die von der
energiereichen Strahlung junger Sterne zum Leuchten angeregt werden. Zwischen
dem Gas befinden sich dunkle Schwaden aus Staub, die das Licht verschlucken und
sich durch den hellen Nebel ziehen.
Während die Region auf der rechten Seite des Bilds also durch den Grundstoff
für neue Sterne und die Strahlung junger Sonnen geprägt wird, dominiert die
linke Bildhälfte eine Struktur, die mit dem explosiven Ende eines massereichen
Sterns zu tun hat: Die feinen Filamente sind nämlich die Reste einer
Supernova-Explosion.
Sterne, die über eine deutlich größere Masse als unsere Sonne verfügen, sind
nicht nur heller und verbrauchen ihren nuklearen Brennstoff erheblich schneller.
Sie beenden ihr wesentlich kürzeres Leben auch in einer spektakulären Explosion,
bei der ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern zurückbleibt - sowie für
einige Zeit ein sogenannter Supernova-Überrest als Zeugnis der gewaltigen
Explosion. Auf diesem Bild ist es der Überrest SNR 0536-67.6.
Die Wolken auf der Aufnahme haben gewaltige Ausmaße: Ihre Durchmesser
betragen mehrere Hundert Lichtjahre. Die Große Magellansche Wolke selbst ist mit
nur etwa einem Zehntel der Masse der Milchstraße und einem Durchmesser von rund
14.000 Lichtjahren deutlich kleiner als unsere Heimatgalaxie.
Das System wird von Astronomen als irreguläre Zwerggalaxie klassifiziert:
Vermutlich handelte es sich bei der Großen Magellanschen Wolke einst um eine
normale Balkenspiralgalaxien. Durch gravitative Wechselwirkungen mit der
Milchstraße und einer weiteren Zwerggalaxie, der Kleinen Magellanschen Wolke,
entwickelte sie sich aber zu der irregulären Galaxie, die wir heute beobachten.
Die Aufnahme entstand aus Daten des Instruments FOcal Reducer and low
dispersion Spectrograph (FORS), das an eines der Teleskope des Very
Large Telescope der europäische Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des
Paranal in Chile montiert ist.
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