Brücke aus heißem Gas verbindet Galaxienhaufen
von Stefan Deiters astronews.com
20. November 2012
Mithilfe des europäischen Satelliten Planck haben
Astronomen erstmals eindeutige Hinweise auf eine Brücke aus heißem Gas gefunden,
die zwei Galaxienhaufen über eine Entfernung von zehn Millionen Lichtjahren
verbindet. Das Gas könnte zumindest zum Teil aus den Filamenten des kosmischen
Netzes stammen, das sich durch das ganze Universum erstreckt.

Die beiden Galaxienhaufen Abell 399 (unten
Mitte) und Abell 401 (oben links) und die
mithilfe des Sunyaev–Zel’dovich-Effekts entdeckte
Brücke aus Gas (orange). Bild:
ESA Planck Collaboration (SZ-Effekt) STScI
Digitized Sky Survey (optisch) |
Der europäische Satellit Planck soll eigentlich den kosmischen
Mikrowellenhintergrund im Detail vermessen, macht dabei aber so manche andere
faszinierende Entdeckung, die einiges über die Entstehung von Galaxien und die
Entwicklung des Universums verraten kann. So fanden Astronomen in den Planck-Daten
nun eindeutige Hinweise auf eine "Brücke" aus heißem Gas, die zwei zehn
Millionen Lichtjahre voneinander entfernte Galaxienhaufen miteinander verbindet.
Wenn sich das schwache Licht des Mikrowellenhintergrunds durch das All
ausbreitet, trifft es dabei auch auf Galaxien und Galaxienhaufen. Letztere
bestehen oft aus Tausenden von Galaxien zwischen denen sich dünnes heißes Gas
befindet. Dieses Gas aber verändert die Energieverteilung der
Hintergrundstrahlung auf ganz typische Weise - ein Phänomen, das in der
Astronomie als Sunyaev–Zel’dovich-Effekt bezeichnet wird. Mithilfe dieses
Effektes konnten in den Planck-Daten bereits Galaxienhaufen
nachgewiesen werden. Jetzt haben Wissenschaftler den Effekt genutzt, um nach
schwachen Filamenten zu suchen, die Galaxienhaufen miteinander verbinden
sollten.
Nach den Theorien der Astronomen war das junge Universum von einem Netz aus
gasförmigen Filamenten durchzogen, wobei sich die Galaxienhaufen dann an den
dichten Knotenpunkten dieses Netzes gebildet haben. Die Suche nach diesen
Filamenten ist äußerst schwierig, doch könnten sie sich, so die Hoffnung der
Forscher, zwischen Galaxienhaufen aufspüren lassen, die miteinander
wechselwirken. Hier wären die Filamente nämlich komprimierter und auch
aufgeheizt und damit leichter zu entdecken.
"Wir haben nach Paaren von Galaxienhaufen Ausschau gehalten, die dicht genug
beieinander liegen, um möglicherweise vorhandene Filamente zu entdecken, aber
gleichzeitig auch weit genug am Himmel auseinanderliegen, damit Planck
sie als individuelle Quellen erkennen kann", erläutert Juan Macias-Perez vom
Laboratoire de Physique Subatomique et de Cosmologie in Grenoble. Und die
Forscher hatten Glück: In ihrer Auswahl spürten sie tatsächlich eine rund zehn
Millionen Lichtjahre lange "Brücke" aus heißem Gas zwischen zwei Haufen auf,
nämlich zwischen Abell 399 und Abell 401.
Auf die Existenz des heißen Gases zwischen den etwa eine Milliarde Lichtjahre
entfernten Galaxienhaufen hatte es zuvor schon Hinweise aus Röntgenbeobachtungen
mit dem europäischen Röntgenteleskop XMM-Newton gegeben. Mit den
Planck-Daten wurde diese Beobachtung nun bestätigt. Gleichzeitig konnte
damit erstmals mit Planck-Daten und dem Sunyaev–Zel’dovich-Effekt Gas
zwischen Galaxienhaufen nachgewiesen werden.
Durch Kombination der Planck-Daten mit Archivdaten des deutschen
Röntgensatelliten Rosat konnten die Wissenschaftler die Temperatur des
Gases zwischen den Haufen abschätzen: Sie liegt mit rund 80 Millionen Grad
Celsius in etwa im Temperaturbereich des Gases in den Haufen. Eine erste Analyse
lässt vermuten, dass das Gas in der Brücke eine Mischung aus Gas aus einem
Filament des kosmischen Netzes und Gas aus den beiden Galaxienhaufen ist.
Die Astronomen hoffen, durch zusätzliche Untersuchungen und durch das
Aufspüren weiterer solcher Brücken mehr über diese Strukturen in Erfahrung
bringen zu können. Sie berichten über ihre Beobachtungen in einem Fachartikel in
der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics.
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