Hubble blickt zur Venus über den Mond
von Stefan Deiters astronews.com
24. Mai 2012
In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni wird die Venus vor der
Sonnenscheibe vorüberziehen. Überall dürfte man dann versuchen, diesen seltenen
Venustransit zu verfolgen. Auch Hubble wird sich an den Beobachtungen
beteiligen. Dazu blickt das Teleskop allerdings nicht zur Sonne, sondern zum
Mond, um in dieser Zeit ein Verfahren zur Analyse von Atmosphären
extrasolarer Planeten zu testen.
Hubbles Blick auf dem Mond zur Vorbereitung
der Beobachtung des Venustransits.
Bild: NASA, ESA und D. Ehrenreich
(Institut de Planétologie et d’Astrophysique de
Grenoble (IPAG)/CNRS/Université Joseph Fourier) [Großansicht] |
Venustransits sind äußerst seltene Ereignisse: Das letzte Mal zog unser
Nachbarplanet im Jahr 2004 von der Erde aus gesehen vor der hellen Scheibe der
Sonne vorüber und war dort als winziger dunkler Punkt auszumachen (astronews.com
berichtete). Der diesjährige Venustransit, der in Mitteleuropa in die Nacht vom
5. auf den 6. Juni fällt und bei uns nur in den frühen Morgenstunden zu
beobachten sein wird, ist der letzte Venustransit in diesem Jahrhundert - der
folgende Transit findet erst im Jahr 2117 statt.
Das Himmelsschauspiel in knapp zwei Wochen wird aber nicht nur auf der Erde
von zahlreichen Menschen verfolgt werden, sondern auch aus dem All. Selbst das
Weltraumteleskop Hubble, das sonst eher für Aufnahmen entferntester
Galaxien bekannt ist, wird den Venustransit verfolgen - allerdings nur indirekt.
Ein Blick auf die Sonnenscheibe würde das empfindliche Teleskop sofort
zerstören. Deswegen wird Hubble in der betreffenden Zeit den Mond
anvisieren, um so das von der Sonne reflektierte Licht aufzufangen.
Das Ziel der Astronomen dabei ist es, den kleinen Teil des Sonnenlichts zu
isolieren, der während des Transits auf dem Weg zum Mond die Atmosphäre der
Venus durchlaufen hat. Aus diesem Licht sollten sich dann Informationen über
deren Zusammensetzung ableiten lassen.
Natürlich weiß man, nicht zuletzt dank mehrerer Raumsonden, heute ganz genau,
wie die Atmosphäre der Venus zusammengesetzt ist und dass es sich bei unserem
Nachbarplaneten um eine lebensfeindliche Welt handelt. Doch die von Hubble
bei der Venus angewandte Technik gleicht einem Verfahren, das man auch für
sogenannte Transitplaneten nutzen kann, also für extrasolare Planeten, die - von
der Erde aus betrachtet - genau vor ihrem Zentralstern vorüberlaufen und diesen
dadurch ein wenig verdunkeln.
Mit den Beobachtungen während des Venustransits wollen die Astronomen
herausfinden, ob es mit dieser Technik möglich sein könnte, Indizien dafür zu
finden, dass es sich bei einem entfernten Transitplaneten um eine erdähnliche
Welt handelt, die eventuell sogar lebensfreundlich ist. Venus eignet sich dafür
besonders gut, weil der Planet in etwa die gleiche Masse und Größe wie die Erde
hat.
Während des Venustransits wird Hubble gleich mehrere seiner
Instrumente für die Beobachtungen nutzen. Insgesamt soll der Mond über sieben
Stunden anvisiert werden - vor, während und nach dem Venustransit, damit die
Astronomen die verschiedenen Daten vergleichen können. Diese lange
Beobachtungszeit ist nötig, weil die Signatur der Venusatmosphäre nur sehr
schwach sein dürfte. Nur etwa 1/100.000-tel des Sonnenlichts wird die
Venusatmosphäre durchlaufen und dann vom Mond reflektiert werden.
Da es für diese Art der Beobachtung nur eine einzige Chance gibt, hat sich
das Hubble-Team in den vergangenen Monaten gründlich darauf
vorbereitet. Unter anderem wurden schon am 11. Januar 2012 Testbeobachtungen des
Mondes gemacht, bei denen auch das oben gezeigte Bild entstand. Zu sehen ist
darauf ein Teil der Mondoberfläche rund um den rund 80 Kilometer durchmessenden
Krater Tycho. Die Auflösung der Aufnahme, die mit der Advanced Camera for
Surveys entstand, ist so gut, dass sich noch Objekte mit einem Durchmesser
von etwa 170 Metern erkennen lassen.
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