Startschuss für die Rückkehr zum Mond
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
17. Juni 2009
Die NASA will, fast genau 40 Jahre nach der ersten bemannten Landung auf dem
Mond, zurück zum Erdtrabanten. Der Startschuss dafür soll morgen Abend
fallen: Mit der Sonde
Lunar Reconnaissance Orbiter will die amerikanische Weltraumbehörde
den Mond gründlich untersuchen und so die Grundlage für eine bemannte
Rückkehr legen. Auch in Deutschland wartet man gespannt auf die ersten
Daten.

Mit dem
Lunar Reconnaissance Orbiter will die NASA die
Rückkehr zum Mond vorbereiten.
Bild:
NASA |
Fast genau 40 Jahre nach der ersten bemannten Mondlandung von Apollo 11
mit Neil Armstrong und Edwin "Buzz" Aldrin heißt es für die NASA: "Back to the
Moon". Zwar werden jetzt keine Astronauten landen – dafür wird aber eine
unbemannte Sonde mit sieben High-Tech-Instrumenten den Erdtrabanten in 50
Kilometer Höhe mindestens ein Jahr lang umkreisen. Starten soll der Lunar
Reconnaissance Orbiter (LRO) vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida
am morgigen Donnerstag, den 18. Juni 2009 um 23.12 Uhr MESZ. Das so genannte
Startfenster, in dem die Mission starten kann, ist bis zum 21. Juni 2009 offen.
Gestartet wird die Mondmission mit einer schubstarken Atlas V-Rakete.
Der Transfer zum Mond wird etwa vier Tage dauern. Ziel der Mission ist es,
mit bisher unerreichter Messgenauigkeit wichtige Details des Mondes zu
erforschen, die zum einen für die Wissenschaft, aber auch für spätere bemannte
Missionen von großer Bedeutung sein werden. Auch deutsche Wissenschaftler sind
bei der Mission des Lunar Reconnaissance Orbiter beteiligt. So fördert
das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zwei deutsche
Forschergruppen, eine aus Berlin und eine aus Münster. Die Kosten für die
NASA-Mission belaufen sich auf rund 680 Millionen US-Dollar, Deutschland
beteiligt sich daran mit rund 600.000 Euro.
Auf deutscher Seite beteiligt ist zum einen das Team von Prof. Jürgen Oberst
vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin beziehungsweise der Technischen
Universität Berlin. Seine Forschungsgruppe stellt ihr Fachwissen auf dem Gebiet
der geophysikalischen und geodätischen Interpretation in den Dienst der Mission,
hauptsächlich für die Daten des Laser-Höhenmessers LOLA (Lunar Orbiter Laser
Altimeter).
Auch die Wissenschaftler aus Münster erwarten gespannt die ersten Ergebnisse
der Mondmission, insbesondere Prof. Harald Hiesinger vom Institut für
Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er und seine
Kollegen bringen ihre Expertise auf dem Gebiet der geologischen
Bilddatenauswertung und Altersbestimmung in das NASA-Team ein, und zwar für die
Aufnahmen der Mondkamera LROC (Lunar Reconnaissance Orbiter Camera), an
der Hiesinger als einziger deutscher Wissenschaftler (Co-Investigator) beteiligt
ist (astronews.com berichtete).
Es ist verblüffend, dass selbst 40 Jahre nach der Apollo-Ära die
Kartierung des Mondes weit weniger fortgeschritten ist als die des deutlich
weiter entfernten Planeten Mars. Für zukünftige, auch bemannte Missionen zum
Mond – zum Beispiel hinsichtlich von Forschungsvorhaben in der Physik und in der
Astronomie, oder als erste Basis späterer Missionen zum Mars – braucht man hoch
auflösende, metergenaue Bilder und präzise Karten von potenziellen Landeplätzen,
die nach Möglichkeit auch noch nutzbare Ressourcen bieten sollen.
Besonders interessant für die Mondforscher sind noch fast völlig unbekannte
Gebiete am Nord- und Südpol des Mondes, die entweder hoch gelegen und deshalb
ständigem Sonnenlicht ausgesetzt sind oder sich in permanenter Dunkelheit
befinden. Tiefe Krater, in die nie ein Lichtstrahl dringt, können vielleicht
kleine Mengen von Wasser-Eis enthalten. Für zukünftige Astronauten wäre Wasser
auf dem Mond ein Rohstoff von unschätzbarem Wert; man könnte sich die mühevolle
und kostspielige Mitnahme von Wasser und Treibstoffen von der Erde ganz oder
teilweise ersparen.
Auch große Gebiete auf der Mondrückseite sind noch immer nicht gut
dokumentiert – weil der Mond für eine Rotation um seine eigene Achse genau so
lange braucht, wie für einen Umlauf um die Erde, kann sie von der Erde nie
beobachtet werden. Die NASA-Mondmission wird nun mindestens zehn Prozent der
Mondoberfläche – insbesondere an den beiden Polen – in einer Bildauflösung von
einem halben Meter pro Bildpunkt (Pixel) erfassen. "Während der Vorbereitungen
zur kommenden NASA-Mondmission haben wir uns an der Auswahl der
Beobachtungsziele beteiligt", erklärt Oberst die Rolle seiner Berliner
Arbeitsgruppe. "Wenn dann die ersten Messungen auf der Erde eintreffen,
unterstützen wir das Wissenschaftsteam bei der Eichung der Kameras und des
Laser-Höhenmessgeräts. Außerdem werden wir an der Korrektur der Rohdaten
mitwirken".
Oberst leitet am Berliner DLR-Institut für Planetenforschung die Abteilung
Planetengeodäsie (Vermessung und Kartierung planetarer Körper), die unter
anderem auf die Auswertung von Stereobilddaten zur Erstellung von digitalen
Geländemodellen spezialisiert ist. Auch die Identifizierung und hochpräzise
Vermessung der Landestellen ehemaliger Mondmissionen wird von Oberst und seinen
Mitarbeitern angestrebt. Die von den Apollo-Astronauten
zurückgelassenen Laser-Reflektoren und Radio-Antennen sind wichtige
Geländepunkte mit genau bekannten Koordinaten, die praktisch das
Mondkoordinatensystem definieren.
Die Daten der Mondkamera LROC und des Laser-Höhenmessers LOLA liefern die
Grundlagen für ein überarbeitetes Koordinatensystem des Mondes. "Mit den neuen
Messungen vom Mond werden wir bessere topographische Mondkarten berechnen
können, die frei von Verzerrungen sind", freut sich Oberst auf die ersten
Messungen der Mondsonde. Diese liefern eine wichtige Grundlage für die Suche
nach geeigneten Landestellen für zukünftige Mondmissionen und insbesondere nach
Wasser-Eis in Kratern der Polgebiete.
Zusammen mit dem Mondorbiter wird noch ein Einschlagkörper, der Lunar
CRater Observation and Sensing Satellite (LCROSS), die Reise zum Mond
antreten. Der etwa eine Tonne schwere Einschlagkörper soll vier Monate nach dem
Start von dem Mondorbiter abgetrennt werden, um dann im Sturzflug zuerst den
Einschlag der Atlas-Centaur-Trägeroberstufe auf der Mondoberfläche mit
Kameras und weiteren Messinstrumenten zu erfassen, bevor er selbst vier Minuten
später auf dem Mond zerschellt.
Ziel dieses Manövers ist die Herbeiführung eines künstlichen Einschlags, bei
dem Gesteinsmaterial aus der Oberfläche des Mondes geschleudert werden soll.
Dabei wird eine fünf bis zehn Kilometer große Wolke aus den gesteinsbildenden
Mondmineralen erwartet, die vielleicht auch Hinweise auf Wasser-Eis enthält, das
spektroskopisch erfasst werden kann. Die "Staubwolke" des Einschlags soll auch
von der Erde aus mit Bodenteleskopen sichtbar sein und beobachtet werden.
Der Mond gewinnt 50 Jahre nach seiner ersten Erkundung mittels Sonden
international immer mehr an Bedeutung als Forschungsziel. Bereits im Jahre 1959
hatte die ehemalige Sowjetunion drei Raumschiffe zum Mond geschickt. Die
geplante NASA-Mondmission wird sich zeitgleich mit der indischen Mondmission
Chandrayaan-1, die im Oktober 2008 gestartet ist, in einer Mondumlaufbahn
befinden. Die japanische Sonde Kaguya, gestartet im Oktober 2007, wurde
erst vergangene Woche, am 11. Juni 2009, nach einer erfolgreichen Mission
gezielt auf der südlichen Mondvorderseite zum Absturz gebracht. Die chinesische
Mondmission Chang’e-1 wurde ebenfalls im Oktober 2007 gestartet und
zerschellte am 1. März 2009 auf der Mondoberfläche.
Update: Der Start war erfolgreich. Der Lunar
Reconnaissance Orbiter startete um 23.32 Uhr MESZ. Die Sonde soll am
Dienstag den Mond erreichen.
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