Winzige Galaxien mit
unglaublicher Masse
von Stefan Deiters astronews.com
29. April 2008
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble und anderer
Teleskope haben Astronomen in rund elf Milliarden Lichtjahren Entfernung winzige
Galaxien mit einer unglaublichen Masse entdeckt: Die nur 5.000 Lichtjahre
durchmessenden Objekte haben eine Masse von 200 Milliarden Sonnenmassen. Damit
sind sie im Vergleich zu heutigen Galaxien winzig, haben aber ähnlich viele
Sterne.
Vier der neun untersuchten Galaxien in 11
Milliarden Lichtjahren Entfernung.
Bild: NASA, ESA, P. van Dokkum
(Yale University), M. Franx (Universität Leiden
University, Niederlande) und G. Illingworth
(University of California und Lick Observatory,
Santa Cruz) [Großansicht
und weitere Bilder] |
In einer Pressemitteilung vergleichen die Astronomen die
Bekanntgabe ihrer Entdeckung mit der Geburtsanzeige eines Babys, das 50
Zentimeter groß ist und 80 Kilogramm schwer. Genau wie die meisten Leser einen
Tippfehler beim Gewicht des Neugeborenen vermuten würden, haben auch die
Astronomen zunächst ungläubig geschaut, als sie neun kompakte Galaxien
entdeckten, die einen Durchmesser von nur 5.000 Lichtjahren hatten, aber eine
Masse, die der 200 Milliarden-fachen Masse unserer Sonne entspricht. Diese
Galaxien haben nur einen Bruchteil der Größe der normalen Galaxien in unserem
heutigen Universum, verfügen aber fast über genauso viele Sterne.
Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble und des W. M. Keck
Observatory auf dem Mauna Kea auf Hawaii haben Astronomen diese Galaxien in
elf Milliarden Lichtjahren Entfernung nun studiert. Durch die Distanz sehen wir
sie zu einer Zeit, zu der unser Universum gerade einmal rund drei Milliarden
Jahren alt war. "Diese Kompaktheit der Galaxien ist wirklich ein Rätsel", meint
auch Pieter G. van Dokkum von der amerikanischen Yale University, der
die Studie leitete. "Noch nie zuvor wurden so massereiche Galaxien in dieser
Entfernung beobachtet. Diese Galaxien müssen sich innerhalb von elf Milliarden
Jahren dramatisch verändern und etwa um das Fünffache wachsen. Sie könnten durch
Kollisionen und Verschmelzungen wachsen, aber das ist vermutlich nicht die ganze
Antwort. Uns ist nicht klar, wie aus diesen Galaxien einmal die Riesengalaxien
werden können, die wir heute sehen."
Van Dokkum hatte die Galaxien bereits im Jahr 2006 mit dem Gemini South-Teleskop
untersucht und dabei deren Entfernung sowie das Alter ihrer Sterne bestimmt. Die
Sterne in den Galaxien sind zwischen einer halben und einer Milliarde Jahre alt.
Die massereichsten Sterne sind bereits als Supernovae explodiert.
"Im Hubble Deep Field haben Astronomen nachweisen können, dass
Galaxien, in denen gerade viele Sterne entstehen recht klein sind", erklärt
Marijn Franx von der Universität im niederländischen Leiden. "Allerdings waren
diese Galaxien auch recht massearm und hatten deutlich weniger Masse als etwa
unsere Milchstraße. Unsere Untersuchung, die einen deutlich größeren Bereich
umfasste als das Hubble Deep Field, hat gezeigt, dass
überraschenderweise auch Galaxien mit einer ähnlichen Masse wie die Milchstraße
in der Vergangenheit auch sehr klein waren. Alle Galaxien sahen früher wirklich
anders aus - auch die massereichen Galaxien, in denen sehr früh Sterne
entstanden."
Nach Ansicht von van Dokkum könnten die Hälfte der Galaxien dieser Masse vor
elf Milliarden Jahren solche äußerst kompakten Galaxien gewesen sein. Bei diesen
dürfte es sich um die Bausteine der größten, heute bekannten Galaxien in unserem
lokalen Universum handeln. Entstehen konnten diese kompakten, massereiche
Galaxien eventuell durch ein Zusammenspiel von Dunkler Materie und
Wasserstoffgas im jungen Universum, spekuliert van Dokkum. Das Wasserstoffgas
wurden dabei von Dunkler Materie quasi eingefangen und verdichtet, so dass sich
sehr viele Sterne bilden konnten.
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