Frontalzusammenstoß mit M32
von Stefan
Deiters
astronews.com
20. Oktober 2006
Die Andromeda-Galaxie, oder M31, ist die uns am nächsten
gelegene Spiralgalaxie und gleicht in mehrfacher Hinsicht unserer Milchstraße.
Von der Erde aus betrachtet erscheint Andromeda als ein friedlicher Ort. Doch
der Schein trügt: Mithilfe des Spitzer-Weltraumteleskops fanden Astronomen nun
weitere Hinweise für einen Frontalzusammenstoß von Andromeda mit der kleinen
Zwerggalaxie M32 vor mehr als 200 Millionen Jahren.

Spitzers Infrarot-Blick auf das Zentrum der
Andromeda-Galaxie (unser Ausschnitt). Foto:
NASA/JPL/P. Barmby (CfA) [Gesamtansicht]
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"Wie bei einem Mordfall haben wir sorgfältig Hinweise zusammengetragen und so
die Vorfälle am Tatort rekonstruiert", erläutert Pauline Barmby vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics, die zu der Forschergruppe
gehörte, die die Entdeckung machte. "Die Beweise sprechen für sich: M32 ist
schuldig und hat sich nach der Tat aus dem Staub gemacht." Die Wissenschaftler
berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature.Den eindeutigsten Beweis auf den
galaktischen Frontalzusammenstoß lieferten Bilder der Infrared Array Camera
(IRAC) an Bord des NASA-Weltraumteleskops Spitzer. Auf den Bildern war
ein bislang unentdeckter Staubring tief im Inneren von Andromeda zu sehen.
Zusammen mit einem schon zuvor entdeckten äußeren Ring spricht die Entdeckung
für eine erhebliche Störung der Galaxie vor langer Zeit deren Folgen allerdings immer noch
zu sehen sind und die langsam durch die Galaxie nach außen wandern.
"Diese Staubring sind wie Wellen auf einem Teich", macht Teamleiter David
Block von der University of the Witwatersrand in Johannisburg die
Bedeutung der Entdeckung deutlich. "Werfen Sie einfach einen Stein in den Teich
und man bekommt eine sich ausdehnende Reihe von Ringen oder Wellen. Lassen Sie
eine kleine Galaxie nahezu frontal mit einer großen Galaxie kollidieren und Sie
sehen Ringe aus Gas und Staub, die langsam nach außen wandern. Als sich der
Atlantik auf der Erde gerade bildete, rauschte M32 direkt in Andromedas Scheibe
aus Gas und Sternen. Nur die Dinosaurier waren Zeugen, aber die haben das
Geheimnis mit ins Grab genommen. Jetzt ist Spitzer M32 auf die Schliche gekommen."
Um die beobachteten Daten besser interpretieren zu können, machten Frederic
Bournaud und Francoise Combes vom Observatoire de Paris eine Reihe von
Computersimulationen der Galaxienkollision zwischen Andromeda und M32. Ihre
Modelle ergaben, dass M32 vor rund 210 Millionen Jahren entlang der Drehachse
von Andromeda durch die Scheibe der Galaxie geflogen sein muss. Da M32 sehr viel
masseärmer als Andromeda ist, richtete dies nicht sonderlich viel Schaden bei
Andromeda an, M32 allerdings dürfte etwa die Hälfte ihrer Masse verloren haben.
"Um bei dem Unfall-Beispiel zu bleiben könnte man M32 mit einem kleinen
kompakten Auto vergleichen, während Andromeda ein riesiger Truck ist", so Barmby.
"Bei einer Kollision bliebe der Truck nahezu unbeschädigt, während der
Kleinwagen fast vollständig zerstört wird. Genauso hat M32 deutlich mehr Schaden
genommen als Andromeda."
Auch unsere Milchstraße wird in einigen Milliarden Jahren mit Andromeda
kollidieren. Da aber die Milchstraße und Andromeda von etwa gleicher Größe sind,
dürfte das Ergebnis anders aussehen als im Falle der Kollision zwischen
Andromeda und M32: Die Astronomen vermuten, dass beide Galaxien verschmelzen und
eine elliptische Galaxie entsteht.
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