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Warum kaltes Gas in galaktischen Winden verschwindet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
6. Oktober 2025
Neue Simulationen haben jetzt gezeigt, warum kalte Gaswolken
in den starken Winden, die von Supernovae aus Galaxien herausgeblasen werden, es
schwer haben können zu überleben. Die Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag
zum Verständnis der Galaxienentwicklung und stellen langjährige Annahmen darüber
infrage, wie Galaxien Materie mit ihrer Umgebung austauschen.

Die Beobachtung der Galaxie M 82 (oben)
zeigt die Emission eines bestimmten Moleküls (PAH =
polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) im
Infrarotbereich der NIRCam des JWST. Die Gasfahne ganz links
ist im linken Bild vergrößert dargestellt. Die Simulation
(unten) zeigt ebenfalls die Emissionskarte. Die eingefügte
Abbildung zeigt eine Projektion des Emissionsfeldes; das
größere Bild zeigt die Gesamtemission (die Projektion vieler
solcher Schnitte entlang der z-Achse). Die blauen Pfeile
zeigen die Richtung des Gradienten in der Emission von kaltem
Gas entlang der Windrichtung, sowohl in den Simulationen als
auch in den Beobachtungen.
Bild: Fisher et al. 2025
(Beobachtung); MPA, A. Dutta (Simulation) [Großansicht] |
Galaktische Ausflüsse – gigantische Winde, die durch intensive
Sternentstehung angetrieben werden – spielen eine Schlüsselrolle bei der
Entwicklung von Galaxien. Sie transportieren Gas, Staub und schwere Elemente aus
den galaktischen Scheiben in die gasförmige Umgebung einer Galaxie, das
sogenannte zirkumgalaktische Medium (CGM). Wir wissen, dass diese Winde
mehrphasig sind, das heißt, sie enthalten sowohl heißes, ionisiertes Plasma als
auch viel kälteres, dichteres neutrales sowie molekulares Gas. Der Ursprung des
heißen Gases in Ausflüssen kann auf die hochenergetischen Supernova-Explosionen
zurückgeführt werden, die sie antreiben.
Das Schicksal des kalten Gases in diesen Ausflüssen und die Frage, wie es in
einer so heißen und feindlichen Umgebung überleben kann, hat Astronomen jedoch
lange Zeit vor ein Rätsel gestellt. In Simulationen war es besonders schwierig,
die Dynamik der kalten Bestandteile zu entschlüsseln und zu interpretieren.
Diese treten als kleine, klumpige Wolken (auf der Größenskala von einigen
Lichtjahren) in den viel größeren Ausflüssen (im 1000-Lichtjahre-Maßstab) auf.
Dies hat Astronomen dazu veranlasst, sich idealisierten
Windkanal-Simulationen zuzuwenden, um die Wechselwirkungen zwischen Wolken und
Wind zu untersuchen. Viele frühere Studien verwendeten idealisierte Setups, bei
denen kalte Wolken einem gleichmäßigen, heißen Wind aus den inneren Regionen von
Galaxien ausgesetzt waren. Reale galaktische Ausflüsse sind jedoch nicht
gleichmäßig. Sie werden größer und diese Ausdehnung verändert die Situation
grundlegend. Um dieses realistische Verhalten zu erfassen, führte die Gruppe
hochauflösende hydrodynamische Simulationen von kalten Gaswolken durch, die in
sich ausdehnende galaktische Winde eingebettet sind. Ein gut bekanntes Modell
Starburst-getriebener Ausflüsse diente als Grundlage für die Struktur des
Windes.
Die neuen Simulationen zeigen, dass sich die Wolken, während sie sich nach
außen ausbreiten, im lokalen Druckgleichgewicht mit dem Umgebungswind befinden.
Dies führt zu einem starken Rückgang ihres Dichtekontrasts, sodass diese Wolken
mit der Zeit immer diffuser werden und sich schließlich mit dem umgebenden
heißen Gas vermischen. Dies steht im deutlichen Unterschied zu früheren
Simulationen mit statischen Winden. In diesen konnten die kalten Gasmassen durch
Strahlungskühlung weiter wachsen, während in den realistischeren Simulationen
die expandierende Umgebung dieses Wachstum unterdrückt.
Die Ausdehnung der Wolken und das Druckgleichgewicht sind somit die
Schlüsselfaktoren, die die Entwicklung des kalten Gases regulieren. Selbst wenn
eine Wolke anfangs wachsen würde, würde sie im Laufe ihrer Bewegung nach außen
verschwinden und ihre Fähigkeit verlieren, sich vom Hintergrund abzuheben.
Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass kalte Gasfahnen – ein
häufiges Merkmal sowohl in Simulationen als auch in Beobachtungen – starke
Dichte- und Helligkeitsgradienten von einem Ende zum anderen entwickeln. Dies
bietet eine natürliche Erklärung für die jüngsten hochauflösenden Beobachtungen
des James-Webb-Weltraumteleskops von intensiv Stern-bildenden Galaxien wie M 82.
Das wichtigste neue Merkmal dieser Simulationen war ein neuartiger "Cloud-Tracking"-Algorithmus,
den die Forscher entwickelt haben. Er ermöglicht es, das kalte Gas über einen
langen Zeitraum bzw. eine lange Strecke in einem sich ausdehnenden Wind zu
verfolgen, ohne dass dafür unerschwinglich teure Rechenleistungen erforderlich
sind. Es ist das erste Mal, dass sich räumlich ausdehnende Hintergründe
selbstkonsistent in Cloud-Crushing-Simulationen integriert wurden – ein
entscheidender Schritt zur Überbrückung der Kluft zwischen idealisierter Theorie
und realistischen galaktischen Umgebungen.
Für die Zukunft plant das Team, die Simulationen um Magnetfelder,
Wärmeleitung und komplexere Windstrukturen zu erweitern, wie sie beispielsweise
für aktive Galaxienkerne (AGN) und die Umgebung in Galaxienhaufen relevant sind.
Diese Arbeit ist nicht nur für idealisierte Simulationen von Bedeutung, sondern
hat auch das Potenzial, als Grundlage für die Erstellung robuster Modelle von
Mehrphasengasen und deren Vermischung auf verschiedenen Skalen zu dienen. Dies
ist in kosmologischen Simulationen normalerweise ein ungelöstes Problem. Die
Arbeit legt somit den Grundstein für eine vollständigere Theorie darüber, wie
Galaxien ihren Brennstoff für die Sternentstehung verlieren – oder behalten –,
was für das Verständnis, wie Galaxien leben, wachsen und sterben, von
entscheidender Bedeutung ist.
Die Ergebnisse der Studie werden in einem Fachartikel vorgestellt, der in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erscheint.
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