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KOSMOLOGIE
Junge Riesengalaxien und die kosmischen Hintergrundstrahlung
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Bonn
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12. Mai 2025

Forschende aus Bonn, Prag und Nanjing glauben, dass bei der Untersuchung der kosmischen Hintergrundstrahlung ein wichtiger Faktor übersehen und ihre Stärke somit überschätzt worden sein könnte. Sie halten es sogar für möglich, dass die Hintergrundstrahlung gar nicht existiert und sehen Probleme für das Standardmodell - und das nicht zum ersten Mal.

Galaxie

Könnte die Strahlung von Riesengalaxien wie ESO 325-G004 einst signifikant zur heute messbaren Hintergrundstrahlung beigetragen haben? Forschende aus Bonn, Prag und Nanjing sind davon überzeugt.  Bild: NASA, ESA und The Hubble Heritage Team (STScI/AURA); J. Blakeslee (Washington State University)  [Großansicht]

Vor 13,8 Milliarden Jahren entstanden Zeit, Raum und Materie. Der Urknall markiert den Beginn unseres Universums - so besagt es zumindest das Standardmodell der Kosmologie. 380.000 Jahre nach dem "Big Bang" hatte sich das All bereits weit ausgedehnt und dabei erheblich abgekühlt. Nun erst konnten sich Elektronen und Protonen zu elektrisch neutralem Wasserstoff zusammenfinden. Dadurch wurde das Universum lichtdurchlässig, da die Photonen nicht mehr mit der Materie Energie austauschen konnten. Das war die Geburtsstunde der kosmischen Hintergrundstrahlung. Mit hochempfindlichen Teleskopen lässt sie sich bis heute nachweisen. Da sie fast 13,8 Milliarden Jahre bis zu uns unterwegs ist, erlaubt sie einen Blick in die Geburtsstunden des Alls. "Unseren Berechnungen zufolge könnte es aber sein, dass diese Hintergrundstrahlung gar nicht existiert", erklärt Prof. Dr. Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn und der Karls-Universität Prag. "Zumindest sind wir davon überzeugt, dass sie hinsichtlich ihrer Stärke überschätzt wurde."

Der Physiker hat mit der Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Eda Gjergo von der Universität Nanjing in China eine bestimmte Gruppe von Galaxien untersucht, nämlich sogenannte elliptische Galaxien. "Das Universum dehnt sich seit dem Urknall aus, wie ein Hefeteig, der aufgeht", sagt Kroupa. "Dadurch vergrößert sich der Abstand zwischen den Galaxien stetig. Wir haben gemessen, wie weit elliptische Galaxien heute voneinander entfernt sind. Auf dieser Basis und unter Berücksichtigung ihrer Eigenschaften konnten wir dann aus der Expansions-Geschwindigkeit zurückrechnen, wann sie entstanden sind." Bei ihrer Geburt verklumpten große Mengen von Gas zu vielen hundert Milliarden Sternen. "Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass das Ganze nur einige hundert Millionen Jahre dauerte - das ist nach kosmologischen Maßstäben kurz", betont Dr. Gjergo. "In dieser Zeit erzeugten die Nuklear-Reaktionen in den sich entzündenden Sternen eine enorme Leuchtkraft."

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Zusammen mit Kroupa hat sie die Stärke dieses frühen Sternenfeuers berechnet. Es muss demnach so hell gelodert haben, dass man es heute ebenfalls noch detektieren kann. "Unsere Berechnungen deuten daher darauf hin, dass ein Teil der kosmischen Hintergrundstrahlung eigentlich aus der Entstehung der elliptischen Galaxien stammt", sagt Gjergo. "Und zwar mindestens 1,4 Prozent, möglicherweise aber sogar die gesamte Strahlungsmenge."

Selbst wenn es nur 1,4 Prozent wären, hätte diese Vermutung große Konsequenzen für das Standardmodell, so das Forschungsteam: Denn Messungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Hintergrundstrahlung nicht völlig gleichmäßig ist. Stattdessen gibt es in ihrer Intensität sehr kleine Unterschiede, je nachdem, in welche Richtung man schaut. Forschende werten diese Beobachtung bislang als Beleg dafür, dass das Materiegas kurz nach dem Urknall nicht gleichmäßig verteilt war. Stattdessen war sie an einigen Stellen minimal dichter als an anderen. Das ist auch der Grund dafür, dass sich überhaupt Galaxien bilden konnten: Die dichteren Stellen wirkten als Kondensationspunkte, an denen sich das Gas unter dem Einfluss der eigenen Gravitation zu Sternen verdichtete. Ohne diese anfängliche Ungleichverteilung gäbe es uns also wahrscheinlich nicht.

Die Schwankungen in der Hintergrundstrahlung, die die Basis dieser These bilden, betragen allerdings nur wenige tausendstel Prozent. Wie zuverlässig können diese Messwerte aber sein, wenn die elliptischen Galaxien (die ebenfalls nicht gleichmäßig verteilt sind) mindestens 1,4 Prozent zur der gemessenen Strahlungsmenge beitragen? "Unsere Ergebnisse sind für das Standardmodell ein Problem", meint Kroupa daher. "Vielleicht muss die Geschichte des Universums zumindest in Teilen neu geschrieben werden."

Kroupa und seine Arbeitsgruppe sind inzwischen bekannt dafür, mit ihren Arbeiten regelmäßig Theorien infrage zu stellen, die die Mehrheit der Forschenden als wissenschaftlichen Standard betrachtet. So gehört Kroupa zur kleinen Minderheit in der Astronomie, die nicht an die Existenz von Dunkler Materie glaubt, sondern stattdessen ein alternatives Gravitationsgesetz zur Erklärung bestimmter Beobachtungen bevorzugt. Durchsetzen konnte sich diese Sichtweise allerdings bislang nicht.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie wurden in der Fachzeitschrift Nuclear Physics B im Rahmen des Sonderbandes Clarifying common misconceptions in high energy physics and cosmology veröffentlicht, für den Forschende aufgerufen wurden, Beiträge einzureichen, in denen sie beschreiben, wo sie Probleme und Missverständnisse in bestimmten Forschungsfeldern sehen.

Forum
Junge Riesengalaxien und die kosmischen Hintergrundstrahlung. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
Links im WWW

Gjergo, E. und Kroupa, P. (2025): The impact of early massive galaxy formation on the cosmic microwave background, Nucl. Phys. B, 1017, 116931
Universität Bonn
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