Weltraumschrott auch am Tag im Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
4. August 2020
Die Hinterlassenschaften der Raumfahrt bedrohen aktive
Satelliten im Erdorbit. Um die Gefahr zu reduzieren, müssen die Bahnen der
Partikel dieses sogenannten Weltraumschrotts möglichst genau bekannt sein. Einem
Team der Laserstation Graz Lustbühel ist dazu nun ein wichtiger Schritt
gelungen: Sie konnten den Abstand zu Weltraumschrott am helllichten Tag messen.
Weltraumschrott in der Erdumlaufbahn.
Bild: ESA (CC BY-SA 3.0 IGO) [Großansicht] |
Die von der europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichten Zahlen zum
Thema Weltraumschrott sprechen eine deutliche Sprache: Ungefähr 2000 aktive und
3000 inaktive Satelliten in einer Umlaufbahn um unseren Planeten treffen auf ca.
eine Million Objekte mit einer Größe von mehr als einem Zentimeter. Von
lediglich einem kleinen Bruchteil (etwa 20.000 Objekten größer als etwa 10
Zentimeter) kann mittels Radar regelmäßig die Umlaufbahn mit einer Genauigkeit
von einigen hundert Metern berechnet und vorhergesagt werden. Bei einer
Geschwindigkeit von bis zu sieben Kilometer pro Sekunde stellen diese Objekte
jedoch eine große Gefahr für aktive Satelliten dar.
Um das Risiko von Kollisionen zu minimieren und zukünftige Missionen zur
Beseitigung von Weltraumschrott planen zu können, ist die Kenntnis eines genauen
Orbits jedoch essentiell. Hierfür bieten laserbasierte Entfernungsmessungen zu
Weltraumschott (das sogenannte "space debris laser ranging") die ideale Basis.
"Sie erreichen Messgenauigkeiten von bis zu einem Meter. Diffus reflektiertes
Laserlicht von Weltraumschrott wird mit Einzel-Photonen-Detektoren empfangen und
aus der Laufzeit des Lichts kann die Entfernung berechnet werden", erläutert Dr.
Michael Steindorfer vom Instituts für Weltraumforschung der Österreichische
Akademie der Wissenschaften in Graz die Messmethode.
Da die Umlaufbahn von Weltraumschrott derzeit nicht genauer vorhergesagt
werden kann, muss er mit einem Zusatzteleskop sichtbar gemacht werden. Durch die
Kenntnis der Position des Objektes muss dann nur mehr ein kleinerer Bereich am
Himmel abgesucht werden. Da die Objekte – bei ausreichender Dunkelheit auf der
Erde – von der Sonne beleuchtet sein müssen und sich nicht im Erdschatten
befinden dürfen, waren Abstandsmessungen zu Weltraumschrott bisher nur wenige
Stunden nach Sonnenuntergang bzw. vor Sonnenaufgang möglich.
Forschenden der Laserstation Graz Lustbühel ist es nun gelungen,
Weltraumschrott auch bei Tag optisch beobachtbar zu machen. Dadurch konnten
ungenaue Vorhersagen während der Messung korrigiert und erste
Entfernungsmessungen bei Tag erfolgreich durchgeführt werden. "Für eine gezielte
Verbesserung der Vorhersagen von Weltraumschrott werden in erster Linie zwei
Dinge benötigt: Ein weltweites Netzwerk von mehreren Stationen, die in der Lage
sind Weltraumschrott zu beobachten und eine höhere Effizienz und damit Anzahl
der Beobachtungen", so Steindorfer. Hierbei ist den Grazer Forschern nun ein
erster wichtiger Schritt gelungen.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Communications erschienen ist.
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