Der vierte Zustand der Materie
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf astronews.com
19. März 2018
Im Inneren von Sternen herrschen extreme Bedingungen: Hohe
Temperaturen und ein hoher Druck lassen ein brodelndes Gemisch wild
umherfliegender Atome, Ionen und Elektronen entstehen, ein Plasma. Im Universum
ist diese warme dichte Materie der häufigste Zustand überhaupt. Eine neue
Forschergruppe in Dresden soll diesen nun genauer untersuchen.

Schon die Oberfläche unserer Sonne sieht, in
entsprechenden Wellenlängen betrachtet,
spektakulär aus. Tief in ihrem Inneren herrschen
allerdings weitaus extremere Bedingungen.
Bild: NASA / SDO [Großansicht] |
Im Inneren kosmischer Giganten, wie der Sonne, herrscht ein merkwürdiger
Zustand. Der extrem große Druck und die hohe Temperatur verwandeln die Materie
in Plasma – ein brodelndes Gemisch wild umherfliegender Atome, Ionen und
Elektronen. Die Materie ist dadurch gleichzeitig dichter als alle bekannten
Festkörper, aber auch derart heiß, dass sie den Schmelzpunkt jeglichen Materials
übersteigt. Mit ihrer neuen Nachwuchsgruppe geht Dr. Katerina Falk dieser
sogenannten "Warmen Dichten Materie" am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
(HZDR) seit Anfang März 2018 auf den Grund. In den nächsten sechs Jahren
unterstützt die Helmholtz-Gemeinschaft die Physikerin dafür mit insgesamt 1,8
Millionen Euro.
"Obwohl es sich die meisten Menschen in ihrem täglichen Leben wahrscheinlich
nicht vorstellen können, ist die warme dichte Materie der häufigste Zustand im
Universum", erzählt Falk. "Wir finden sie in Sternen, Galaxien und kosmischen
Nebeln. Trotzdem gibt es hier immer noch viel zu entdecken." Das liegt nach
Einschätzung der Forscherin vor allem an den Schwierigkeiten, die Materieform
experimentell zu untersuchen. So lässt sich die warme dichte Materie mit den
bisher verfügbaren Sonden und Methoden nicht genau genug erforschen.
Falk, die von der tschechischen Extreme Light Infrastructure ELI
nach Dresden wechselt, will deshalb mit einem Wissenschaftler und zwei
Doktoranden hierfür geeignetere Verfahren entwickeln. Mit den beiden
Hochleistungslasern DRACO und zukünftig PENELOPE findet sie am HZDR dafür die
perfekte Umgebung. "Indem wir einen hochintensiven Laserpuls auf eine gasförmige
Probe schießen, erzeugen wir im Labor ein Plasma", erläutert Falk. "Der Puls
reißt Elektronen aus den Atomen heraus und kreiert so eine Art Blase im Plasma,
die ein starkes elektrisches Feld enthält. Dieses Feld wiederum, das der
Laserpuls mit sich zieht, schließt die Elektronen ein und beschleunigt sie auf
diese Weise bis fast auf Lichtgeschwindigkeit. Die dabei entstehende Strahlung
können wir nutzen, um Materie zu durchleuchten."
Aufbauend auf dem Prinzip will die Forscherin eine neuartige Plattform
entwickeln, die Lang- und Kurzpuls-Laser mit räumlich aufgelösten
Röntgenstrahlen sowie innovativen Techniken der Elektronenstreuung kombiniert.
Falk erhofft sich dadurch neue Erkenntnisse über fundamentale Vorgänge in der
warmen dichten Materie, wie dem Strahlungstransport, der Wärmeübertragung oder
der elektrischen Leitfähigkeit. "Diese Prozesse spielen bei vielen
astrophysikalischen Phänomenen eine entscheidende Rolle, zum Beispiel bei der
Entstehung der Planeten oder der Magnetfelder in ihrem Kern", erklärt die
Physikerin.
Im Anschluss an die Experimente in Dresden will sie die neuen Methoden auch
in Prag bei ELI sowie an der Helmholtz International Beamline for Extreme
Fields HIBEF, die das HZDR am Europäischen Röntgenlaser XFEL in Hamburg
aufbaut, testen. Die Nachwuchsgruppe liefert ihr dazu gute Rahmenbedingungen:
"Die garantierte Unterstützung über sechs Jahre gibt ausreichend Zeit, um ein
Projekt ordentlich durchzuführen." Falk neben ihrer Forschung am HZDR auch einen
Kurs im Masterstudiengang Physik an der TU Dresden geben.
Mit den Nachwuchsgruppen will die Helmholtz-Gemeinschaft exzellente
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beim Start in eine eigenständige
Karriere unterstützen. Pro Jahr werden 20 Gruppen ausgeschrieben – 2017 konnten
sich 16 Forscher die Förderung sichern. Neben Falks Team gibt es am HZDR derzeit
drei weitere Helmholtz- sowie eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG).
|