Weltraumfieber in Schwerelosigkeit
Redaktion
/ Pressemitteilung der Charité - Universitätsmedizin Berlin astronews.com
8. Januar 2018
Ein Aufenthalt im All und damit in Schwerelosigkeit stellt
besondere Anforderungen an den menschlichen Körper. Eine neue Studie ergab nun,
dass Astronauten offenbar an einer Art Weltraumfieber leiden: Ihre normale
Körpertemperatur steigt während der ersten zweieinhalb Monate im All auf rund 38
Grad an. Bei sportlicher Betätigung erreicht sie sogar oft mehr als 40 Grad
Celsius.

Die NASA-Astronauten Peggy Whitson und Jack
Fischer bei medizinischen Experimenten an Bord
der Internationalen Raumstation ISS.
Foto: NASA [Großansicht] |
Astronauten schweben schwerelos durch den Weltraum. Ein Zustand, den viele
gerne erleben würden. Doch so ein Trip ins All bedeutet Stress für Körper und
Psyche und hat auch Einfluss auf die Körpertemperatur. Wissenschaftler der
Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt beobachten, dass der Körper
von Weltraumfahrern in der Schwerelosigkeit regelrecht heiß läuft. Selbst im
Ruhezustand liegt die Temperatur bei rund einem Grad über dem Normalwert von 37
Grad.
Die Forscher hatten wahrgenommen, dass die Weltraumfahrer unter einer Art
andauerndem Fieber litten. Betätigten sich die Weltraumpiloten sportlich, stieg
ihre Temperatur sogar häufig auf mehr als 40 Grad. Das Team um Prof. Dr.
Hanns-Christian Gunga, stellvertretender Direktor des Instituts für Physiologie
der Charité, untersuchte bei Astronauten auf der Internationalen Raumstation
(ISS) anhand von Stirnsensoren die sogenannte Kerntemperatur, die im Gehirn und
in den inneren Organen herrscht. Sie fanden heraus, dass die Temperatur nicht
schlagartig steigt, sondern dass der Körper etwa zweieinhalb Monate lang stetig
wärmer wird, bis er sich bei ungefähr 38 Grad einpegelt.
"Wir haben eine neue Technologie entwickelt, die einen
Hautoberflächentemperatursensor mit einem Wärmestromsensor kombiniert, um selbst
geringfügige Veränderungen der arteriellen Bluttemperatur zu messen", erklärt
Gunga. Mithilfe dieser Technologie testeten sie die Kerntemperatur bei den
Astronauten in Ruhe und während des Trainings sowie vor, während und nach den
Aufenthalten auf der ISS.
"Der Körper kann die überschüssige Hitze in der Schwerelosigkeit kaum
loswerden. Der Wärmeaustausch zwischen Körper und Umgebung ist in diesem Umfeld
deutlich erschwert", erläutert der Wissenschaftler. Schweiß verdampfe weniger
als auf der Erde, was erklärt, warum der Körper während der Trainingseinheiten
im All besonders schnell überhitzt.
Allzu starke Abweichungen der Kernkörpertemperatur können die physische und
mentale Körperleistung beeinflussen und sogar lebensbedrohlich sein. Die neuen
Erkenntnisse sollen zudem Einfluss auf die Gesundheit der Astronauten bei
zukünftigen Langzeit-Weltraumflügen haben. "Die Ergebnisse lassen durchaus auch
die Frage aufkommen, wie sich unsere optimale Kernkörpertemperatur im Verlauf
der Evolution an die Klimaveränderungen auf der Erde bereits angepasst hat und
weiter anpassen wird", so Gunga.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Scientific
Reports veröffentlicht.
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