Die innere Struktur von 16 Cygni
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
27. Dezember 2017
In das tiefe Innere von Sternen kann man mit herkömmlichen
Methoden nicht schauen. Astronomen bedienen sich daher eines speziellen
Verfahrens, um mehr über den Aufbau von Sonnen zu erfahren: Sie analysieren die
Schwingungen von Sternen. Auf diese Weise ist es einem Forscherteam nun erstmals
gelungen, die innere Struktur zweier Sterne zu bestimmen.
Bis zum Kern: Künstlerische Darstellung des
Sterninneren, das sich durch Oszillationen an der
Oberfläche erforschen lässt.
Bild: Earl Bellinger / ESA [Großansicht] |
Unsere Sonne sowie die meisten Sterne zeigen Schwingungen, die sich wie
Schallwellen im Inneren des Sterns ausbreiten. Deren Frequenzen finden sich im
Licht der Sterne wieder. Ähnlich wie Seismologen auf der Erde aus der Analyse
von Erdbeben das Innere unseres Planeten entschlüsseln, ermitteln Astronomen
mithilfe von Asteroseismologie aus den Frequenzen der Schallwellen die
Eigenschaften von Sternen. Eine detaillierte Analyse dieser Frequenzen
ermöglichte es einem Team um Earl Bellinger und Saskia Hekker vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen nun zum ersten Mal,
die innere Struktur zweier Sterne zu bestimmen.
Diese beiden Sterne bilden das Doppelsystem 16 Cygni (genannt 16 Cyg A und 16
Cyg B) und sind unserer Sonne sehr ähnlich. "Aufgrund ihrer geringen Entfernung
von nur 70 Lichtjahren sind sie relativ hell und damit bestens für unsere
Analysemethode geeignet", so Bellinger. "Bisher waren nur Modelle des
Sterninneren bekannt. Uns ist es nun gelungen, den inneren Aufbau der Sterne
direkt zu messen."
Um das Innere der Sterne zu untersuchen, werden verschiedene
Sternentwicklungsmodelle solange angepasst, bis eines am besten zu dem
gemessenen Frequenzspektrum passt. Da diese Modelle nicht alle physikalischen
Informationen enthalten, unterscheiden sie sich teilweise stark vom tatsächlich
beobachteten Frequenzspektrum. Bellinger und Hekker entschieden sich deshalb für
das "inverse" Verfahren. Hierbei leiteten sie aus den beobachteten Frequenzen
die lokalen Eigenschaften des Sterninneren ab. Diese Methode hängt weniger von
theoretischen Annahmen ab, erfordert aber exzellente Messdaten und ist
mathematisch anspruchsvoll.
Die inverse Methode zeigte, dass die Schallgeschwindigkeit in den
Zentralbereichen der beiden Sterne größer ist, als von den Modellen
vorhergesagt. "Bei 16 Cyg B lassen sich diese Unterschiede durch eine Korrektur
der Masse und Größe des Sterns erklären", sagt Bellinger. Für 16 Cyg A war es
jedoch nicht möglich ein Modell zu finden, welches zu den gemessenen
Beobachtungen passt. Möglicherweise werden bisher unbekannte physikalische
Phänomene durch die derzeitigen Entwicklungsmodelle nicht in ausreichendem Maße
berücksichtigt.
"In der frühen Entwicklungsphase des Sterns wurden vermutlich neu entstehende
schwere Elemente aus dem Zentralbereich in weiter außen liegende Regionen
transportiert, was sich auf die Sternschwingungen auswirkt", so Bellinger
weiter. Dieser ersten Strukturanalyse von zwei Sternen sollen weitere folgen.
"In den Daten des Weltraumteleskops Kepler finden sich zehn bis zwanzig weitere
Sterne, die sich für eine solche Analyse eignen", blickt Hekker in die Zukunft.
Sie leitet am Göttinger Max-Planck-Institut die Forschungsgruppe "Das Alter von
Sternen und galaktische Entwicklung".
Die NASA-Mission TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) und das später
folgende Weltraumteleskop PLATO (Planetary Transits and Oscillation of stars)
der europäischen Weltraumagentur ESA werden zukünftig genauere Messdaten für
dieses Forschungsgebiet sammeln. Die inverse Methode liefert neue Erkenntnisse,
die dabei helfen sollen, die Sternmodelle in Zukunft zu verbessern. Diese
komplexeren Modelle tragen zudem dazu bei, die zukünftige Entwicklung der Sonne
sowie anderer Sterne in unserer Galaxie vorherzusagen.
Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.
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