Detaillierter Blick auf einen Riesenstern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. August 2017
Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer
haben Astronomen das erste aufgelöste Bild von Antares erstellt. Die jetzt
vorgestellte Ansicht macht die turbulenten Bewegungen in der Atmosphäre des
Überriesen sichtbar. Von den Beobachtungen erhoffen sich die Wissenschaftler
neue Hinweise auf die Prozesse, die zu dem erheblichen Massenverlust solcher
Sterne führen.

Erstes aufgelöstes Bild des roten
Überriesensterns Antares. Es zeigt die
Sternscheibe in Gelb mit zwei stärker strahlenden
Regionen in Weiß, dazu die ausgedehnte klumpige
Atmosphäre des Sterns in Blau. Die gewaltige
Ausdehnung von Antares übertrifft den Durchmesser
der Erdbahn um das Dreifache. Der
Sterndurchmesser ist 700 Mal größer als der
unserer Sonne.
Bild: K. Ohnaka et al. 2017, Nature [Großansicht] |
Zum ersten Mal ist es einem Forscherteam gelungen, die turbulenten Bewegungen
in der Atmosphäre eines anderen Sterns als der Sonne zu kartieren. Dies gelang
mit Hilfe einer innovativen Methode, die gleich drei Teleskope der europäischen
Südsternwarte ESO auf dem Paranal im nördlichen Chile miteinander verbindet. Der
Astronom Keiichi Ohnaka von der Universidad Católica del Norte in Antofagasta,
Chile, ist der Leiter des Teams. Zusammen mit seinen Partnern Gerd Weigelt und
Karl-Heinz Hofmann vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie hat er
bisher nicht gekannte geschwindigkeitsaufgelöste Bilder von der Oberfläche und
der Atmosphäre eines fernen Sterns erzielen können.
Dem Forscherteam ist es gelungen, sowohl die Intensität als auch die
Geschwindigkeit des Gases über die komplette Ausdehnung der Oberfläche und der
Atmosphäre des roten Überriesensterns Antares zu vermessen. Antares (Alpha
Scorpii) liegt in einer Entfernung von rund. 600 Lichtjahren in Richtung des
Sternbilds Skorpion.
"Zum ersten Mal haben wir eine zweidimensionale Karte der Dynamik, das heißt,
der Bewegungen in der Atmosphäre, eines anderen Sterns als der Sonne erhalten.
Unsere Beobachtungen wurden mit dem VLTI der ESO durchgeführt, wobei die
einzelnen Teleskope mit dem AMBER-Instrument miteinander verknüpft wurden. Die
Geschwindigkeit des Gases konnte dabei über Verschiebungen der Frequenz von
Spektrallinien aufgrund des Dopplereffekts bestimmt werden", erklärt Ohnaka.
Wenn Sterne das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, beginnen sie damit, Materie
von ihrer Oberfläche und aus ihrer Atmosphäre zu verlieren; dieser Prozess wird
als Massenverlust bezeichnet. Während man von roten Überriesen wie Antares seit
längerem weiß, dass sie einem beträchtlichen Massenverlust unterliegen, ist es
immer noch unbekannt, wie das passiert – ein seit mehr als einem halben
Jahrhundert bestehendes noch ungelöstes Problem.
Eine der besten Möglichkeiten, diesen Prozess zu untersuchen, besteht in der
Beobachtung der Gasdynamik, Bewegungen und Geschwindigkeiten in der direkten
Umgebung des Sterns. Einige Bilder von Sternoberflächen sind bereits vorher
erstellt worden, aber nur für eine sehr eingeschränkte Anzahl von Sternen und
ohne Informationen über die Gasbewegung in der Atmosphäre. Einzelteleskope sind
nicht dazu in der Lage, Oberflächenstrukturen von Sternen mit Ausnahme unserer
Sonne aufzulösen.
Wenn man allerdings die Strahlung einer Reihe von Einzelteleskopen "interferometrisch"
miteinander verknüpft, kann die dafür erforderliche hohe Winkelauflösung erzielt
werden. Diese Beobachtungsmethode wird als "Interferometrie" bezeichnet. "Die
damit erreichte Auflösung ist proportional zum Abstand der beteiligten
Teleskope", erklärt Karl-Heinz Hofmann. "Wie haben das AMBER-Instrument am
Very Large Telescope Interferometer der ESO für unsere Messungen
eingesetzt, weil es Beobachtungen mit hoher spektraler Auflösung und die Messung
von Gasgeschwindigkeiten ermöglicht.“
"Wenn wir Karten der Gasbewegung in unterschiedlichen Höhen durch die
Sternatmosphäre erhalten, ergibt sich damit sogar ein dreidimensionales Bild der
Gasbewegung in der Atmosphäre des Sterns", betont Ohnaka. Das Forscherteam
arbeitet inzwischen an diesem Projekt des Übergangs von zwei auf drei
Dimensionen. Das Ziel dabei ist, das Geheimnis hinter dem Massenverlustprozess
zu lösen.
Die Bilder von Antares geben neue Hinweise darauf, wie der Massenverlust bei
diesem Stern vor sich geht. Das Forscherteam konnte zeigen, dass die Materie
nicht in geordneter Form ausgeworfen wird, sondern zufällig verteilt und in
turbulenter Weise. "Diese Methode der interferometrischen Abbildung ermöglicht
uns nicht nur die Untersuchung von Sternen in späten Entwicklungsphasen, sondern
auch sehr junge Sterne mit noch vorhandener zirkumstellarer Scheibe, in der
Planeten entstehen können, oder auch extragalaktische Objekte", schließt
Weigelt. "In allen diesen Untersuchungen ist es von größter Wichtigkeit, dass
wir sowohl eine hohe Winkelauflösung als auch eine hohe spektrale Auflösung
erzielen, um die Geschwindigkeitsverteilung des Gases zu erforschen."
In Zukunft wird das neue Interferometrie-Instrument MATISSE der ESO eine
einzigartige Möglichkeit bieten, solche Beobachtungen zum ersten Mal in einem
ausgedehnten Wellenlängenbereich zu erzielen.
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Nature erschienen
ist.
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