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STERNEXPLOSION
Sonnensystem durchflog Supernovareste
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Technischen Universität München
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10. August 2016

Durch die Analyse versteinerter Bohrproben aus dem Pazifik ist es Wissenschaftlern nun gelungen, den Verlauf der Anlagerung von Material aus einer Supernova-Explosion zu rekonstruieren. Unser Sonnensystem zog danach vor rund 2,7 Millionen Jahren für rund eine Million Jahre durch die Reste einer Supernova, die sich vermutlich in der Scorpius-Centaurus-Assoziation ereignet hat.

Supernova

Unser Sonnensystem zog vor rund 2,7 Millionen Jahren durch die Überreste der Explosion eines massereichen Sterns.  Bild: ESO / M. Kornmesser  [Großansicht]

Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) ist es mit Hilfe von versteinerten Nanokristallen aus Bohrproben des pazifischen Ozeans erstmals gelungen, den Verlauf der Anlagerung von Spuren einer Supernova auf der Erde zeitlich zu analysieren. Die Physiker um Prof. Shawn Bishop konnten die Supernova-Signale erstmals zu einem Zeitpunkt vor rund 2,7 Millionen Jahren nachweisen. Dann zog unser Sonnensystem für den Zeitraum von rund einer Million Jahren durch die Supernova-Reste, wie die Untersuchungen der Forscher zeigen.

Wenn massereiche Sterne, die mehr als die zehnfache Masse unserer Sonne besitzen, ihren Brennstoffvorrat verbraucht haben, kollabieren sie unter ihrer Schwerkraft und enden in einer so genannten Kernkollaps-Supernova. Dabei schleudern sie mit großer Energie Materie in ihre Umgebung. Wenn eine solche Sternexplosion sich in ausreichender Nähe zum Sonnensystem ereignet, sollte sie daher auf der Erde Spuren von bestimmten radioaktiven Elementen hinterlassen.

Unter den Elementarten, die in solchen massereichen Sternen produziert werden, spielt das Radioisotop Eisen-60 eine besondere Rolle, denn dieses kommt auf der Erde natürlicherweise nicht vor. Bei Fe-60, das auf der Erde gefunden wird, handelt es sich daher um Sternexplosions-Material, verursacht durch eine Supernova, die in der Nähe unseres Sonnensystems stattgefunden hat.

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Eine erhöhte Eisen-60-Konzentration wurde in früheren Untersuchungen bereits in Proben einer etwa zwei Millionen Jahre alten Eisen-Mangan-Tiefseekruste aus dem pazifischen Ozean festgestellt. Außerdem entdeckten TUM-Wissenschaftler erst kürzlich Supernova-Eisen in Proben von Mond-Gestein (astronews.com berichtete). Beide Funde wurden einer Supernova zugeschrieben. Der Zeitverlauf der Anlagerungen konnte bisher allerdings nicht genau analysiert werden, weil die untersuchte Eisen-Mangan-Tiefseekruste sehr langsam anwächst. Mond-Material wiederum lässt sich zeitlich nicht einordnen, weil dort aufgrund der fehlenden Atmosphäre keine Sedimentation stattfindet.

Nun ist es Physikern um Bishop, Professor für Nukleare Astrophysik an der TUM, zum ersten Mal gelungen, den zeitlichen Verlauf der Supernova-Anlagerungen anhand von Mikrofossilen zu verfolgen, die sich in zwei Bohrproben aus dem pazifischen Ozean befanden. Die Forscher konnten zeigen, dass in ihren Proben vor rund 2,7 Millionen Jahren erstmals Supernova-Eisen nachweisbar ist. Die erhöhte Fe-60-Konzentration erreichte vor rund 2,2 Millionen Jahren ihren höchsten Wert und verschwand vor rund 1,5 Millionen Jahren wieder. "Offenbar ist unser Sonnensystem für die Dauer von gut eine Million Jahren durch ein Gebiet mit Sternexplosions-Resten gezogen und hat während dieser Phase das Eisen-60 eingesammelt", sagt Bishop, der auch Wissenschaftler des Exzellenzclusters Universe ist.

Um die zeitliche Struktur der Fe-60-Einträge so genau bestimmen zu können, benötigten die Forscher geologische Proben von besonderer Güte: Das Gesteinsmaterial muss Schichten besitzen, die sich besonders gut voneinander abheben. Außerdem muss darin besonders viel Eisen-60 gespeichert und bewahrt worden sein, so dass es heute - abgesehen vom radioaktiven Zerfall des Fe-60 – noch nahezu so vorzufinden ist, wie zum Zeitpunkt des Eintrags auf der Erde.

Diese Bedingungen sind in den Meeressedimenten gegeben, die in dieser Untersuchung benutzt wurden. Zum Zeitpunkt der Anlagerung haben im Ozeansediment lebende, eisenliebende Bakterien das Fe-60 in Ketten von Magnetit-Nanokristallen eingebaut. Nach dem Zelltod der Bakterien sind diese zu Mikrofossilen versteinert. Die Sedimente sind mit einer sehr langsamen Sedimentationsrate gewachsen und haben auf diese Weise den zeitlichen Verlauf des Supernova-Signals gespeichert.

"Dennoch ist auch in diesen Magnetit-Kristallen die Fe-60-Konzentration so gering, dass sie nur mit Hilfe der ultrasensitiven Beschleuniger-Massenspektroskopie überhaupt nachweisbar ist", erklärt Dr. Peter Ludwig, Wissenschaftler in der Gruppe von Bishop. Am Tandem-Beschleuniger am Maier-Leibniz-Laboratorium in Garching konnten die Physiker die Empfindlichkeit der Methode zusätzlich so weit steigern, dass die Entdeckung möglich war.

Es wird vermutet, dass die nun nachgewiesene Sternexplosion dem Sternverband Scorpius-Centaurus OB entstammt, der, vor rund 2,3 Millionen Jahren mit etwa 300 Lichtjahren seine geringste Entfernung zu unserem Sonnensystem aufwies. In den vergangenen zehn bis 15 Millionen Jahren haben sich in diesem Sternverband rund 15 bis 20 Supernovae ereignet. Diese Serie von gewaltigen Sternexplosionen hat einen weitgehend materiefreien Hohlraum im interstellaren Medium eines galaktischen Arms der Milchstraße erzeugt. Astronomen nennen diesen Hohlraum, in dem sich auch unser Sonnensystem befindet, die Lokale Blase.

Über ihre Untersuchung berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen ist.

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Sonnensystem durchflog vor 2,7 Millionen Jahren die Reste einer Supernova. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
Apollo: Supernova-Eisen auch auf dem Mond - 14. April 2016
Lokale Blase: 16 Supernovae in 13 Millionen Jahren - 7. April 2016
Eisen-60: Neue Messung der Halbwertzeit - 16. Februar 2015
Supernovae: Biologischer Nachweis einer Supernova - 8. Mai 2013
Eisen-60: Halbwertzeit bislang deutlich unterschätzt - 27. August 2009
Supernovae: Spuren in 5.000 Metern Tiefe - 18. November 2004
Links im WWW
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