Suche nach Planet um Proxima Centauri
von Stefan Deiters astronews.com
15. Januar 2016
Proxima Centauri ist mit einer Entfernung von 4,2
Lichtjahren der sonnennächste Stern. Bislang ist unklar, ob um unseren stellaren
Nachbarn ein Planet kreist. Astronomen wollen dies nun durch eine intensive
Beobachtungskampagne herausfinden - und die Öffentlichkeit kann dabei zuschauen.
Die Projektwebseite wurde heute freigeschaltet.

Gibt es um den sonnennächsten Stern Proxima
Centauri einen Planeten? Astronomen wollen dies
in der Beobachtungskampagne Pale Red Dot
herausfinden. Die Öffentlichkeit kann dabei
zuschauen.
Bild: ESO/Pale Red Dot [Großansicht] |
Proxima Centauri liegt im Sternbild Zentaur und ist mit einer Entfernung von 4,2
Lichtjahren der sonnennächste Stern. Nachdem Astronomen schon fast
2.000 Planeten um andere Sonnen entdeckt haben, stellt sich natürlich die Frage,
ob auch unser direkter Nachbar über einen Planeten verfügt. In den
Beobachtungsdaten fanden sich zwar Indizien für einen kleinen Planeten um Proxima Centauri, diese
waren aber nicht wirklich überzeugend.
Nun wollen Astronomen eine neue Suche nach einem planetaren Begleiter von
Proxima Centauri durchführen, bei dem deutlich empfindlichere Messungen
gemacht werden sollen als bei früheren Beobachtungen. Genutzt werden soll
dazu der High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS), der am
3,6-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte ESO in La Silla montiert ist.
Mit HARPS wurden schon unzählige extrasolare Planeten aufgespürt. Es handelt
sich bei dem Instrument um einen extrem empfindlichen Spektrografen. Mit diesem
können die Astronomen das leichte Wackeln eines Sterns feststellen, das
entsteht, wenn ein Planet um den Stern umläuft.
Gleichzeitig sollen die Teleskope des Burst Optical Observer and Transient
Exploring System (BOOTES) und das Las Cumbres Observatory Global Telescope
Network die Suche unterstützen, indem sie in den kommenden zweieinhalb Monaten
in jeder Nacht die Helligkeit von Proxima Centauri messen. Dies liefert wichtige
Hinweise darauf, ob ein mit HARPS entdecktes "Wackeln" tatsächlich durch einen
Planeten verursacht wurde oder sich aber durch die turbulente
Oberfläche des Zwergsterns erklären könnte.
Die während der Beobachtungskampagne gewonnenen Daten werden dann in den
folgenden Monaten zusammengeführt und ausgewertet. Am Ende des Prozesses steht
ein wissenschaftlicher Fachartikel, in dem die verwendeten Methoden erläutert
und die Ergebnisse beschrieben werden. Dieser muss dann vor einer
Veröffentlichung noch von Gutachtern gegengelesen und akzeptiert werden.
Von diesem normalen Ablauf der wissenschaftlichen Forschungsarbeit bekommen
Außenstehende in der Regel nichts mit.
Bei der Suche nach einem planetaren Begleiter um Proxima Centauri aber wird die Öffentlichtkeit in der Lage sein, den gesamten Prozess mitzuverfolgen. Die ESO hat
dazu gemeinsam mit anderen Instituten eine eigene
Projektwebseite eingerichtet.
"Wir gehen hier das Risiko ein, die Öffentlichkeit zu beteiligen, bevor wir
überhaupt wissen, was uns die Beobachtungen verraten werden", so
Projektkoordinator Guillem Anglada-Escude von der Queen Mary University of
London. "Wir können die Daten nicht in Echtzeit analysieren und daraus Schlüsse
ziehen. Wenn wir einmal den Fachartikel über das Projekt publiziert haben, ist
es durchaus möglich, dass wir darin sagen müssen, dass wir nicht in der Lage
waren, Beweise für die Existenz eines erdähnlichen extrasolaren Planeten um Proxima Centauri zu finden."
Doch es geht den Wissenschaftlern bei dem Projekt um mehr: "Wir möchten die Menschen auch an der Faszination
der Suche teilhaben lassen und ihnen zeigen, wie Wissenschaft funktioniert - der
Prozess von 'Trial and Error', der schließlich zu den Entdeckungen führt, von
denen man normalerweise in den Nachrichten hört", so Anglada-Escude. "Auf diese Weise hoffen wir auch
mehr Menschen für naturwissenschaftliche Fächer, Ingenieurwesen und Mathematik
begeistern zu können."
Das Projekt trägt den Namen "Pale Red Dot" und nimmt damit Bezug auf das Bild, das die
Sonde Voyager 1 im Jahr 1990 aus weiter Entfernung von der Erde machte. Sie erschien darauf als
schwachleuchtender blauer Punkt, als "Pale Blue Dot". Da es sich bei Proxima
Centauri um einen roten Zwergstern handelt, dürfte ein Planet, der um den Stern
kreist, rötlich erscheinen.
Die Webseite mit regelmäßigen Beiträge ist unter der Adresse
www.palereddot.org abrufbar. Die
Beobachtungen mit HARPS sollen bereits in drei Tagen beginnen.
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