Magnetfelder verraten künftige Aktivität
Redaktion
/ Pressemitteilungen des Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung astronews.com
23. März 2015
Die Aktivität unserer Sonne schwankt in einem Zyklus von
etwa elf Jahren Länge. Ursache für diese Aktivität sind Magnetfelder, die aus
dem Inneren der Sonne an die Oberfläche treten. Eine neue Studie hat nun ergeben,
dass sich durch Beobachtung dieser Felder sogar die Stärke des nächsten
Aktivitätszyklus vorhersagen lassen könnte.
Stürmischer Stern: Die Sonne gleicht einem
gigantischen Gasball, dessen Aktivität von
starken Magnetfeldern getrieben wird. Diese
Aufnahme stammt vom Solar Dynamics Observatory
der NASA.
Bild: NASA/SDO und die AIA, EVE und HMI
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Die Sonne ist ein riesiger Gasball, in dessen Innern heiße Gase strömen,
aufsteigen und absinken. In diesem Inferno entsteht ein Magnetfeld, das in
seiner Grundstruktur jenem der Erde ähnelt. Es besitzt die Form eines Dipols,
dessen Magnetfeldlinien an den Sonnenpolen die Oberfläche durchstoßen.
Die Magnetfelder sind jedoch an das heiße, elektrisch leitende Gas gebunden
und werden von ihm in komplizierter Weise gedehnt und verzogen - wie Gummibänder
in Honig, den man rührt. So wird eine anfänglich zur Rotationsachse parallel
verlaufende Magnetfeldlinie von dem rotierenden Gas mitgeschleppt.
Das Gas in der Äquatorregion bewegt sich jedoch wesentlich schneller als in
mittleren und hohen Breiten. Dadurch werden die Feldlinien im Äquatorbereich in
die Länge gezogen und wickeln sich im Laufe von mehreren Umdrehungen regelrecht
auf: Es bildet sich ein ringförmiges Magnetfeld in Ost-West-Richtung, auch
Toroidalfeld genannt.
Diese Magnetfeldlinien können sich zu dicken Bündeln vereinigen, die nach
oben steigen, bis sie schließlich aus der Oberfläche austreten und eine Schlaufe
formen. An den beiden Durchstoßpunkten entstehen die bekannten dunklen
Sonnenflecken. Diese treten deshalb meistens paarförmig in Ost-West-Richtung auf
und bilden jeweils einen magnetischen Nord- und Südpol. Innerhalb eines
elfjährigen Zyklus ist die magnetische Orientierung bei allen Flecken identisch.
Das Toroidalfeld besitzt also immer dieselbe Richtung.
"Bisher waren viele Fachleute der Meinung, dass die nach außen in Erscheinung
tretenden magnetischen Phänomene lediglich die Symptome der inneren Vorgänge
sind", erläutert Manfred Schüssler vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. "Wir haben nun aber einen
mathematischen Satz angewandt, den der irische Mathematiker und Physiker George
Gabriel Stokes im 19. Jahrhundert bewiesen hat."
Dieser Satz stellt einen Zusammenhang zwischen den Feldern an der Oberfläche
und dem Innern eines Körpers her. Mit diesem rein mathematischen Argument haben
die Wissenschaftler bewiesen, dass das an der Oberfläche der Sonne messbare
Magnetfeld die einzige Quelle für das geordnete toroidale Feld im Sonneninnern
ist, durch das wiederum die Aktivitätsphänomene des nachfolgenden
Elf-Jahres-Zyklus bewirkt werden. "Was wir an der Oberfläche sehen, ist das
relevante Feld", sagt Schüssler. "Die Oberflächenphänomene sind, bildlich
gesprochen, nicht der Schwanz des Hundes, sondern sie sind der Hund selbst."
Im Vergleich mit Beobachtungsdaten konnten MPS-Kollege Robert Cameron und
Schüssler zeigen, dass das Dipolfeld die bei Weitem dominierende Quelle des
toroidalen Feldes ist. Damit haben sie ein Modell bestätigt, das die
amerikanischen Astronomen Horace Babcock und Robert Leighton bereits in den
1960er-Jahren aufgestellt hatten.
Das ermöglicht es nun zudem, Vorhersagen über die Stärke eines kommenden
Aktivitätszyklus zu machen. Im Verlaufe eines Elf-Jahres-Zyklus wechselt das
Dipolfeld seine Richtung: Der magnetische Nordpol wird zum Südpol und umgekehrt.
Das neue Dipolfeld erreicht seine maximale Stärke etwa in der Phase minimaler
Sonnenaktivität.
Da das Dipolfeld die Quelle für das Toroidalfeld des nächsten Zyklus ist,
sollte seine Stärke ein Maß für die Aktivität des nächsten Zyklus sein. Eine
solche Korrelation wurde bereits festgestellt: "In der Phase des letzten
Minimums um das Jahr 2009 herum, war die Stärke des Dipolfeldes verhältnismäßig
gering, dementsprechend schwach ist auch der jetzige Zyklus", so Schüssler.
Zukünftig wird sich die Vorhersagekraft weiter überprüfen lassen. Bisher ist
es nämlich sehr schwierig, die Stärke des Dipolfeldes zu messen, weil die
Sonnenpole von der Erde kaum einsehbar sind. Das soll sich ändern, wenn 2017 der
Solar Orbiter startet. Dieses Sonnenteleskop wird sich der Sonne bis
auf ein Drittel des Abstandes Erde-Sonne nähern und sich auch über die
Erdbahnebene hinaus erheben. Damit eröffnet es den Blick auf die Polregionen.
Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung ist am Bau von vier
Instrumenten an Bord des Solar Orbiter beteiligt, bei der Kamera namens
Polarimetric and Helioseismic Imager hat es die Federführung
übernommen.
Über ihre aktuelle Ergebnisse berichteten die Wissenschaftler jetzt in der
Fachzeitschrift Science.
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