Zwei Weiße Zwerge vor explosivem Ende
von Stefan Deiters astronews.com
10. Februar 2015
Bei der Untersuchung des Planetarischen Nebels Henize 2-428
haben Astronomen zwei Weiße Zwergsterne entdeckt, die einander auf einer engen
Bahn umkreisen. Der Abstand
der beiden Objekte dürfte sich in Zukunft immer weiter verringern, bis sie schließlich in
rund 700 Millionen Jahren verschmelzen und als Supernova explodieren.
Der Planetarische Nebel Henize 2-428 in einer
Aufnahme des Very Large Telescope.
Bild: ESO [Großansicht]
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Planetarische Nebel gehören zu den faszinierendsten und wohl auch schönsten
Objekten, die es am nächtlichen Himmel zu sehen gibt. Sie entstehen am Ende der Entwicklung eines sonnenähnlichen Sterns. Auch unsere Sonne
dürfte in einigen Milliarden Jahren einmal zu einem Planetarischen Nebel werden.
Wenn nämlich ein sonnenähnlicher Stern seinen nuklearen Brennstoff verbraucht hat,
stößt er - praktisch als letztes "Lebenszeichen" - seine äußere Hülle ins All ab. Die intensive Strahlung des nun
freiliegenden glühenden Kerns regt dieses Gas zum Leuchten an und sorgt für die
Entstehung eines spektakulären Nebels. Im Inneren zurück bleibt der nun langsam
auskühlende ausgebrannte Sternenrest - ein Weißer Zwerg.
Planetarische Nebel sind auch deshalb so faszinierend, weil sie ganz
unterschiedliche Formen aufweisen können, die sich deutlich von dem
unterscheiden, was man erwarten würde, wenn ein kugelförmiges Objekt einfach
seine Hülle ins All abstößt. Für diese Formenvielfalt dürfte es vermutlich ganz verschiedene Gründe geben - eine
gesicherte Theorie aber, die
die Form der Planetarischen Nebel erklären kann, gibt es bislang nicht.
Miguel Santander-García vom spanischen Observatorio Astronómico Nacional und
dem Instituto de Ciencia de Materiales de Madrid und sein Team wollten nun der
Ursache für die asymmetrische Form mancher Planetarischer Nebel auf die Spur
kommen. Dazu untersuchten sie auch den Planetarischen Nebel Henize 2-428. "Als
wir uns den Zentralbereich dieses Objektes mit dem Very Large Telescope
der ESO ansahen, entdeckten wir nicht nur einen Stern, sondern gleich zwei
Sterne inmitten dieser merkwürdig verformten leuchtenden Wolke", erinnert sich
Teammitglied Henri Boffin von der europäischen Südsternwarte ESO.
Den Fund werten die Astronomen als Hinweis darauf, dass sich die Formen zumindest einiger
Planetarischer Nebel durch Doppelsternsysteme in ihrem Inneren erklären lassen.
"Weitere Beobachtungen mit Teleskopen auf den Kanarischen Inseln erlaubten uns
dann, die Bahnen der beiden Sterne zu bestimmen und ihre Masse und ihren Abstand
voneinander zu berechnen", erzählt Teammitglied Romano Corradi vom Instituto de
Astrofísica de Canarias auf der Kanareninsel Teneriffa. "Und dies sorgte für die
größte Überraschung."
Jeder der beiden Weißen Zwerge im Inneren hat eine Masse, die etwas geringer
ist als die Masse unserer Sonne. Für einen Umlauf umeinander benötigen sie
lediglich vier Stunden. Damit sind sie einander so nahe, dass sie - nach
Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie - sich im Laufe der Zeit immer näher
kommen sollten, da das System durch das Abstrahlen von Gravitationswellen an Energie
verliert. In rund 700 Millionen Jahren dürften die Weißen Zwerge dann zu einem
Objekt verschmelzen.
Dieser Stern hätte dann aber eine Masse, die über der sogenannten Grenzmasse
von Chandrasekhar von etwa 1,4 Sonnenmassen liegt. Weiße Zwerge mit einer
höheren Masse sind nicht stabil und kollabieren unter ihrer eigenen
Gravitationskraft. Das Ergebnis ist eine Supernova vom Typ Ia. Zu solchen
Supernova-Explosionen kann es kommen, wenn Weiße Zwerge Masse von einem nahen
Begleitstern aufnehmen und dadurch die Grenzmasse überschreiten - oder aber eben
durch die Verschmelzung von zwei Weißen Zwergen.
"Bislang war die Entstehung von Supernova-Ia-Explosionen durch die
Verschmelzung von Weißen Zwergen lediglich eine theoretische Möglichkeit",
unterstreicht Teammitglied David Jones von der ESO die Bedeutung der Entdeckung.
"Das Sternenpaar in Henize 2-428 ist aber nun Realität."
Supernovae vom Typ Ia sind für die Astronomen deshalb von so großer
Bedeutung, weil sie oft als Entfernungsmesser genutzt werden. Man geht nämlich
davon aus, dass sie aufgrund ihrer Entstehung eine relativ gut vorhersagbare
absolute Helligkeit besitzen. Aus dieser wiederum lässt sich dann ihre
Entfernung berechnen. Bei der Entdeckung der beschleunigten Expansion des
Universums - ein Phänomen, für das man eine mysteriöse Dunkle Energie
verantwortlich macht - spielten Supernovae vom Typ Ia eine entscheidende Rolle.
Über ihre Beobachtungen von Henize 2-428 berichten die Astronomen jetzt in
einem Fachartikel, der gestern online in der Zeitschrift Nature erschienen ist.
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