Wenn Weiße Zwerge zu gierig sind
von Stefan Deiters astronews.com
16. Juli 2007
Supernovae vom Typ Ia spielen in der Astronomie eine
wichtige Rolle: Da sie sehr hell sind und offenbar immer gleich ablaufen, dienen
sie als Entfernungsindikatoren und damit zur Messung der
Ausbreitungsgeschwindigkeit des Universums. Jetzt fanden Forscher mit Hilfe des
Very Large Telescope Beweise dafür, dass diese Supernova-Explosionen
tatsächlich so funktionieren, wie sie vermutet hatten.

So stellen sich die Forscher das System aus
Weißem Zwerg und Riesenstern vor, bevor es als
SN 2006X explodierte.
Bild: ESO |
Bislang hatten die Wissenschaftler zwar eine Vorstellung davon,
was bei einer Supernova vom Typ Ia passiert, aber wirklich direkte Beweise für
diese Theorie gab es nicht. Doch die sind bitter nötig, da gerade diese
Sternexplosionen quasi das Rückgrat der kosmologischen Forschung bilden. Da
Supernova-Explosionen vom Typ Ia nämlich nicht nur sehr hell sind, sondern
offenbar auch immer ähnlich ablaufen, dienen sie den Astronomen schon seit
einigen Jahren als Entfernungsindikatoren. Viele kosmologisch wichtige
Entdeckungen der jüngsten Zeit, wie etwa die Erkenntnis, dass sich unser
Universum beschleunigt ausdehnt, beruhen auch auf der Beobachtung dieses
Supernova-Typs in entfernten Galaxien.
Von dem Ablauf einer Supernova vom Typ Ia haben Astronomen bislang die
folgende Vorstellung: Im Gegensatz zu den Explosionen vom Typ II explodiert beim
Typ Ia kein massereicher Stern, sondern ein Weißer Zwerg, also ein kompakter,
ausgebrannter Sternenrest. Dieser wurden vor der Explosion von einem Riesenstern
umrundet, der große Mengen an Material verliert und damit den Weißen Zwerg
"füttert". Das geht allerdings nur einige Zeit gut. Irgendwann erreicht der
Weiße Zwerg eine kritische Masse und explodiert.
Astronomen haben nun das Very Large Telescope der ESO benutzt, um
die Überreste der Supernova-Explosion SN 2006X genauer zu untersuchen. Die
Explosion ereignete sich in der 70 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M100,
war vom Typ Ia und wurde im vergangenen Jahr beobachtet. Die Forscher
verwendeten außerdem das Keck-Teleskop auf Hawaii, Radiobeobachtungen des
Very Large Array sowie Archivbilder des Hubble-Weltraumteleskops.
"Keine Typ Ia-Supernova wurde je so detailliert für mehr als vier Monate nach
der Explosion beobachtet", erläutert Ferdinando Patat von der Europäischen
Südsternwarte (ESO), der auch Hauptautor eines Artikels ist, der jetzt in der
Onlineausgabe des Wissenschaftsmagazins Science erschien. "Unsere Daten
sind schon einmalig."
Durch ihre Beobachtungen stießen die Astronomen auf Material, das der
Riesenstern ins All abgeblasen hatte. "Dieses Material befindet sich vermutlich
in einer Reihe von Schalen, die einen Radius von 0,05 Lichtjahren, oder die
3.000-fache Entfernung der Erde von der Sonne haben", erläutert Patat. "Das
Material bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 Kilometern pro
Sekunde, so dass man annehmen kann, dass es rund 50 Jahre vor der Explosion ins
All abgestoßen wurde."
Die beobachteten Geschwindigkeiten sind typisch für die stellaren Winde, die
von Roten Riesensternen ausgehen. Damit wird der Verdacht bestätigt, dass hier
tatsächlich ein Weißer Zwerg Material von einem Roten Riesen abgesaugt hat und
irgendwann explodiert ist. Erstmals wurde damit Material aus der Umgebung der
Explosion entdeckt.
Doch es bleiben Fragen: "Wichtig wäre es zu wissen, ob das
was wir bei SN 2006X gesehen haben, eher die Ausnahme oder die Regel ist", so Patat. Doch der Astronom ist zuversichtlich: "Die Supernova hat weder im
Optischen, noch im Ultravioletten noch im Radiobereich irgendwelche
Auffälligkeiten gezeigt, so dass wir davon ausgehen, dass das wir sehen, ganz
normal für eine Supernova Ia ist."
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