Realistische Galaxien im Computer
von Stefan Deiters astronews.com
5. Januar 2015
Astronomen haben jetzt die Resultate einer neuen
Computersimulation zur Entwicklung von Galaxien vorgestellt. In dem Modell
entstehen Systeme, die in Hinblick auf Masse, Größe und Alter tatsächlich den
Galaxien gleichen, die wir auch in unserer Umgebung beobachten. Entscheidend bei
der Simulation war die Berücksichtigung eines starken galaktischen Winds, der
von den Galaxien ausgeht.

Ein Ausschnitt
aus der Simulation des EAGLE-Projekts.
Bild: EAGLE Project Consortium |
Die Simulation der Entwicklung von Galaxien ist alles andere als eine
einfache Aufgabe: Zwar wird die zur Verfügung stehende Rechenleistung von
Computern immer größer, doch sind die zu betrachtenden Systeme auch äußert
komplex: So besteht eine Galaxie nicht nur aus Milliarden von Sternen, sondern
beispielsweise auch aus Gas verschiedener Temperatur und natürlich aus Dunkler
Materie. Hinzu kommt, dass Galaxien auch miteinander und mit ihrer Umgebung
wechselwirken, was ihre Entwicklung zusätzlich beeinflusst.
Deswegen sind Wissenschaftler auch heute noch weit davon entfernt,
Simulationen zur Entwicklung von Galaxien vorlegen zu können, die tatsächlich
alle Aspekte berücksichtigen. Sie konzentrieren sich daher oft auf bestimmte
Aspekte der Galaxienentwicklung und betrachten andere physikalische Phänomene
eher allgemeiner.
Die Simulation der Entwicklung von Galaxien ist deshalb so wichtig, weil es
kaum eine andere Möglichkeit gibt, die großräumigen Vorgänge in unserem
Universum zu verstehen. Theoretische Modelle ermöglichen es erst, die vielen
Momentaufnahmen, die man durch die Beobachtung von Galaxien in ganz
unterschiedlichen Entfernungen - und damit zu ganz verschiedenen Zeiten -
erhält, in einen Gesamtkontext einzuordnen.
Ein internationales Astronomenteam glaubt nun, bei der Simulation von Galaxien
einen wichtigen Schritt vorangekommen zu sein. In der Simulation, die mehrere
Monate an Rechenzeit auf Supercomputern in Paris und in Durham benötigte,
entstanden Galaxien, die in Bezug auf Masse, Größe und Alter tatsächlich den
Galaxien gleichen, die wir in unserer Umgebung beobachten. Die Ergebnisse
könnten nun, so die Wissenschaftler, genutzt werden, um die Entwicklung von
Galaxien von den Anfängen bis heute zu untersuchen.
In früheren Modellrechnungen seien die Galaxien oft zu massereich, zu klein
oder zu kugelförmig gewesen, so die Forscher. In der Simulation ihres als
Evolution and Assembly of GaLaxies and their Environments (EAGLE)
bezeichneten Projekts hingegen, sind Systeme entstanden, die sehr viel mehr den
Galaxien ähneln, die wir in unserer Umgebung beobachten. Der Grund dafür sei die
Berücksichtigung starker galaktischer Winde, die Gas aus den Galaxien ins All
blasen, das dadurch nicht mehr für die Entstehung neuer Sterne zur Verfügung
steht.
Die EAGLE-Galaxien sind dadurch masseärmer und jünger, da weniger Sterne und
diese auch erst später entstehen. In der EAGLE-Simulation sorgen die Sterne selbst,
Supernova-Explosionen und supermassereiche Schwarze Löcher für die galaktischen
Winde, die in dem Modell deutlich stärker sind als in früheren Simulationen.
Auch Größe und Form von Tausenden von Galaxien, die in der EAGLE-Simulation
entstanden sind, ähneln dem, was Astronomen im Universum beobachten. "Das
Universum, das vom Computer erzeugt wird, sieht ganz wie das richtige Universum
aus", so Richard Bower von der Durham University. "Überall sind
Galaxien in ganz unterschiedlichen Größen, Formen und Farben wie sie auch mit
den größten Teleskopen auf der Erde zu sehen sind. Es ist einfach unglaublich.
Und im EAGLE-Universum kann ich auf einen Knopf drücken und die Zeit rückwärts
laufen lassen."
Die Astrononen wollen nun auf Grundlage der vorliegenden Daten die
Entwicklung einzelner Galaxien im Detail untersuchen. "Das ist der Beginn einer
neuen Ära für uns", freut sich Teammitglied Rob Crain von der Liverpool John
Moores University. "Wir können nun die Bedingungen des Universums
manipulieren und die Entwicklung der Galaxien über 14 Milliarden Jahre
verfolgen."
Über ihre Simulation und die Ergebnisse berichten die Astronomen in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society erschienen ist.
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