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VLT
Natriumreiche Sterne entwickeln sich anders
von Stefan Deiters
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29. Mai 2013

Bislang dachten Astronomen, sie wüssten über die Entwicklungswege von Sternen relativ gut Bescheid: Neue Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO haben aber nun gezeigt, dass Sterne mit einem zu hohen Anteil an Natrium eine bestimmte Entwicklungsphase einfach auslassen und gleich zu Weißen Zwergen werden.

NGC 6752

Der Kugelsternhaufen NGC 6752.  Bild: ESO [Großansicht]

Die Entwicklung von Sternen, insbesondere von relativ normalen, sonnenähnlichen Objekten, galt bislang als vergleichsweise gut verstanden und ist Gegenstand aller Einführungsvorlesungen in der Astronomie. Ein Stern wie unsere Sonne, so sagen es detaillierte Computermodelle voraus, sollte gegen Ende seines nuklearen Lebens beträchtliche Teile seiner äußeren Hülle ins All abstoßen.

Die Entwicklungsphase, in der dieses geschieht, nennen die Astronomen die Phase des "Asymptotischen Riesenastes", kurz AGB (für "asymptotic giant branch"). Der Name leitet sich aus der Position solcher Sterne im Hertzsprung-Russell-Diagramm ab, in dem die Helligkeit von Sternen gegen ihre Farbe aufgetragen wird. Aus dem Diagramm lässt sich dann das aktuelle Entwicklungsstadium eines Sterns ablesen.

Das während der AGB-Phase ins All ausgestoßene Material wird teilweise durch die Strahlung des noch heißen Sternenrests zum Leuchten angeregt und bildet für einige Zeit einen Planetarischen Nebel. Später vermischt es sich mit dem interstellaren Medium und kann so wieder in künftige Sternengenerationen eingebaut werden. Dieses ins All geblasene Material liefert auch die Elemente, die für die Entstehung von Planeten und von Leben von großer Bedeutung sind.

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Als jedoch der Astronom Simon Campbell vom Monash University Centre for Astrophysics im australischen Melbourne in alten Fachartikeln nach Hinweisen auf die AGB-Phase von Sternen suchte, fand er Indizien dafür, dass einige Sterne diese Phase offenbar einfach überspringen.

Das ließ dem Experten für die Theorie der Sternentwicklung keine Ruhe: "Für jemanden, der sich mit Modellen der Sternentwicklung befasst, war das verrückt", erinnert er sich. "Nach unseren Modellen durchlaufen alle Sterne die AGB-Phase. Ich habe alle alten Veröffentlichungen noch einmal überprüft, aber diese Frage wurde offenbar nie wirklich beachtet. Deswegen habe ich mich entschieden, die Sache selbst zu untersuchen, obwohl ich nur sehr wenig Erfahrung mit Beobachtungen hatte."

Campbell und sein Team haben mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile den Kugelsternhaufen NGC 6752 im südlichen Sternbild Pfau anvisiert. Kugelsternhaufen gelten als die ältesten Bestandteile der Milchstraße. Ihre Sterne sind alle ungefähr zum gleichen Zeitpunkt entstanden. Trotzdem lassen sich in ihnen aber oft zwei oder mehr Generationen von Sternen finden, die sich zeitlich etwas versetzt gebildet haben und sich durch ihren Anteil an Elementen wie Kohlenstoff, Stickstoff oder Natrium unterscheiden.

In NGC 6752 finden sich zwei verschiedene Sterngenerationen, die sich durch ihren Natriumgehalt auseinanderhalten lassen. "FLAMES, der hochauflösende Multi-Objekt-Spektrograf am VLT, ist das einzige Instrument, mit dem wir qualitativ hochwertige Daten für 130 Sterne des Haufen bei nur einer Beobachtung erhalten konnten", so Campbell. 

 Die Ergebnisse der Untersuchung waren überraschend: Alle entdeckten AGB-Sterne stammten aus der ersten Generation von Sternen, die nur einen sehr geringen Natriumgehalt aufweisen. Unter den Sternen der zweiten Generation mit einem etwas höherem Natriumgehalt fand sich kein einziger Stern in der AGB-Phase. Rund 70 Prozent der Sterne scheinen damit diese letzte Phase der Sternentwicklung einfach zu überspringen.

"Es scheint, als müssten sich Sterne 'natriumarm' ernähren, um im Alter die AGB-Phase erreichen zu können", fasst Campbell zusammen. "Dieser Fund ist aus mehreren Gründen von Bedeutung: AGB-Sterne sind die hellsten Sterne in Kugelsternhaufen - es gibt also 70 Prozent weniger dieser hellsten Sterne als die Theorie vorhersagt. Es bedeutet auch, dass unsere Computermodelle nicht vollständig sind und überarbeitet werden müssen."

Die Astronomen gehen davon aus, dass diese Ergebnisse auch für andere Sternhaufen gelten und planen weitere Beobachtungen. Sie glauben nicht, dass tatsächlich das Natrium selbst der Grund dafür ist, dass die Sterne sich anderes verhalten. Allerdings dürfte das Natrium in irgendeiner Verbindung zu der Ursache stehen, die den Astronomen bislang noch ein Rätsel ist. Die Resultate erscheinen heute online im Wissenschaftsmagazin Nature

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siehe auch
ALMA: Spiralstruktur um einen alternden Stern - 10. Oktober 2012
Links im WWW
Preprint des Fachartikels (pdf-Download von eso.org)
ESO
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