Löst sich um KIC 12557548 ein Planet auf?
von Stefan Deiters astronews.com
22. Mai 2012
Astronomen vermuten, dass um den rund 1.500 Lichtjahre
entfernten Stern KIC 12557548 ein kleiner Planet kreist, der sich langsam
auflöst. Nach Ansicht der Forscher könnte in rund 100 Millionen Jahren von dem
Planeten nichts mehr übrig sein. Die Wissenschaftler folgerten dies aus dem
eigentümlichen Helligkeitsverlauf des fernen Sterns, den das Weltraumteleskop
Kepler registriert hatte.
So könnte es
aussehen, wenn der kleine Planet um den Stern KIC
12557548 vor seiner Sonne vorüberzieht.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
Mit dem NASA-Weltraumteleskop Kepler suchen Astronomen seit einigen
Jahren nach Planeten, die um andere Sterne der Milchstraße kreisen. Dazu
beobachtet das Teleskop ständig weit über 100.000 Sterne und registriert
sorgfältig deren Helligkeit. Ändert sich diese dann regelmäßig, könnte dies ein
Hinweis auf einen umlaufenden Planeten um den fernen Stern sein, der - von der
Erde aus betrachtet - vor seiner Sonne vorüberzieht. Beobachtet man
beispielsweise einmal monatlich immer dieselbe kleine Verringerung der
Helligkeit des Sterns, wäre dies ein Indiz für einen Planeten, der für einen
Umlauf um seinen Zentralstern einen Monat benötigt.
Saul Rappaport, ein emeritierter Physik-Professor vom Massachusetts
Institute of Technology, und seine Mitarbeiter haben sich nun mit einem
sehr eigentümlichen Helligkeitsverlauf befasst. Die Helligkeit des Sterns mit
der Bezeichnung KIC 12557548 scheint sich zwar regelmäßig alle 15 Stunden zu
verringern, dies allerdings mit unterschiedlicher Intensität. Irgendetwas muss
also den Stern regelmäßig verdunkeln, allerdings nicht immer gleich stark.
Das Team versuchte diesen ungewöhnlichen Helligkeitsverlauf mit ganz
verschiedenen Theorien zu erklären. So überlegten sie, ob beispielsweise eine
Art Doppelplanet für die schwankende Verdunklungsrate verantwortlich sein
könnte. Angesichts einer Umlaufdauer von nur 15 Stunden, dürfte der Planet
allerdings in einem so geringen Abstand um seinen Stern kreisen, dass wohl kaum
Platz für zwei Planeten wäre.
So entwickelten die Astronomen schließlich eine neue, recht ungewöhnliche
Hypothese: Die sich verändernden Helligkeiten könnten durch ein Objekt
verursacht werden, das seine Gestalt verändert. "Ich weiß gar nicht, wie wir
darauf gekommen sind", so Rappaport. "Aber es musste sich um etwas handeln, was
sich tatsächlich verändert. Wir hatten es hier nicht mit einem festen Körper zu
tun, sondern mit dem Staub, der von einem Planeten stammt."
Der Planet müsste, so die Astronomen, eine relativ geringe Anziehungskraft
haben, die etwa der des kleinen Planeten Merkur in unserem Sonnensystem
entsprechen dürfte. Nur so könnten nämlich Gas und Staub von der Oberfläche des
Planeten tatsächlich entkommen. Er müsste zudem außerordentlich heiß sein, in
der Größenordnung von rund 2.000 Grad Celsius. Der Staub könnte dann
beispielsweise als Asche aus Vulkanen auf der Oberfläche ins All geblasen werden
oder sich aber aus Metallen bilden, die bei den hohen Temperaturen verdampft
sind.
In dem Modell der Wissenschaftler bildet sich hinter dem Planeten ein
langgestreckter Schweif aus Staub rund um den Stern, der am dichtesten in der
direkten Umgebung des Planeten ist. Der durch eine solche Konstellation
resultierende Helligkeitsverlauf des Zentralsterns - bei Beobachtung von der
Erde aus - stimmt dann tatsächlich mit den Helligkeitsschwankungen überein, die
mit Kepler registriert wurden. Ein solcher Modellplanet könnte also die
Kepler-Daten erklären. Er hätte allerdings nur eine vergleichsweise
geringe Lebensdauer: Innerhalb von nur 100 Millionen Jahren dürfte er sich
vollständig aufgelöst haben.
"Wir sind jetzt sehr glücklich mit dem beobachteten asymmetrischen
Transit-Profil", so Rappaport. "Zunächst wussten wir nicht, wie das ins Bild
passen soll, doch als wir dann unsere Theorie entwickelt hatten, wurde klar,
dass es diesen Staubschweif geben muss. Wenn es ihn nicht gäbe, würde es nicht
passen." Die Wissenschaftler berichten über ihre Untersuchungen in einem Artikel
in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
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