Kohlenmonoxid in Supernova-Überrest
von Stefan Deiters astronews.com
14. Februar 2012
Mithilfe des japanischen Infrarot-Weltraumteleskops AKARI
haben Wissenschaftler Kohlenmonoxid im rund zehn Millionen Grad heißen Gas des
jungen Supernova-Überrests Cassiopeia A nachgewiesen. Nun rätseln die Forscher,
wie sich der überraschende Fund
mit ihren bisherigen Vorstellungen über die Entstehung und Ausbreitung von
Kohlenstoff und Molekülen im interstellaren Medium
verträgt.

Bild des Supernova-Überrestes Cassiopeia A in
einer Aufnahme der Teleskope Spitzer und Chandra.
Das Kohlenmonoxid findet sich in den grünlichen
Bereichen. Unten links eines der von AKARI
gemessenen Spektren in einer Region.
Bild: J. Rho / NASA / JPL-Caltech / CXC (Cas
A), J. Rho / JAXA / SETI Institute (Spektrum)
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Bei der Untersuchung des jungen Supernova-Überrestes Cassiopeia A mit Hilfe
des japanischen Weltraumteleskops AKARI haben Wissenschaftler jetzt eine
bemerkenswerte Entdeckung gemacht: In mehreren Infrarotspektren, die in
verschiedenen Bereichen des Objektes aufgenommen wurden, konnten sie eindeutig die
Signatur von Kohlenmonoxid erkennen - und dies sowohl in den hellen Regionen der
Stoßwelle, die vom Ort der stellaren Explosion ausgeht, als auch im
Zentralbereich. Cassiopeia A liegt rund 11.000 Lichtjahre von der Erde entfernt
in Richtung des bekannten Sternbilds Kassiopeia ("dem Himmels-W"). Die
Supernova-Explosion hätten wir auf der Erde vor nur 330 Jahren beobachten
können.
"Als ich diese wunderschönen Spektren von AKARI gesehen habe, hat mich die
Tatsache, dass sich hier Kohlenmonoxid-Moleküle in zehn Millionen Grad heißem
Gas befinden, besonders begeistert", erklärt Dr. Jeonghee Rho vom SETI Institute
und dem SOFIA Science Center am NASA Ames Research Center. "Das ist so, als
würde man Kohlenmonoxid-Moleküle im Zentrum der Sonne entdecken. Das Universum
ist schon voller Überraschungen!"
Der Fund von Kohlenmonoxid im interstellaren
Raum zwischen den Sternen ist nichts Ungewöhnliches, doch ist das Gas dort in der
Regel ausgesprochen kalt. Das Team um Rho entdeckte nun ungewöhnlich warme
Kohlenmonoxid-Moleküle, die zudem auch noch eine sehr hohe Dichte haben.
Eigentlich sollten die Moleküle von hochenergetischen Elektronen und anderen
schweren Atomen, die während der Supernova-Explosion entstehen, längst zerstört
worden sein.
Die Existenz von Kohlenmonoxid in Cassiopeia A war schon nach früheren
Beobachtungen mit verschiedenen Weltraumteleskopen und erdgebundenen
Instrumenten vermutet worden. Doch erst mit den spektroskopischen Untersuchungen
von AKARI konnte die Existenz von Kohlenmonoxid in dem jungen Supernova-Überrest
sicher nachgewiesen werden. Die Kombination von AKARI-Beobachtungen mit Daten
des NASA-Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer zeigte, dass es offenbar "Klumpen"
von Kohlenmonoxid-Molekülen gibt, die in der Umgebung des zehn Millionen Grad
heißen Gases des Supernova-Überrestes überleben konnten.
"Die Kohlenmonoxid-Entdeckung ist eine Herausforderung für unser bisheriges
Verständnis darüber, wie Moleküle im Auswurfmaterial von Supernovae entstehen
und sich im Laufe der Zeit entwickeln", erläutert Isabelle Cherchneff von der
Universität in Basel. "Sind die Kohlenmonoxid-Moleküle, die mit AKARI beobachtet
wurden, nach der Explosion entstanden? Haben sie bis jetzt überlebt, weil sie in
diesen Klumpen geschützt waren? Aus diesen faszinierenden Beobachtungsdaten ergeben sich
zahlreiche interessante Fragen."
Supernova-Explosionen sind eine wichtige Quelle für schwerere Elemente im
Universum. Die sterbenden Sterne reichern das interstellare Medium mit diesen
Elementen an, die dann bei künftigen Sternentstehungsprozessen wieder in neue
Sonnen und Planeten eingebaut werden und damit auch für die Entstehung
komplexerer Moleküle zur Verfügung stehen. Wenn Kohlenstoff aber nun in Form von Kohlenmonoxid gebunden wird, könnte das Auswirkungen auf die
Verfügbarkeit von Kohlenstoff im interstellaren Medium haben. Zudem könnte der
Fund bedeuten, dass auch weitere Moleküle, wie beispielsweise Siliciummonoxid, in
der Lage sind, andere schwerere Elemente zu binden.
Die Wissenschaftler berichten über ihre Beobachtungen in einem Fachartikel,
der in der Zeitschrift Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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