Cassiopeia A zum Leben erweckt
von Stefan Deiters astronews.com
7. Januar 2009
Aus Daten des amerikanischen Röntgenteleskops Chandra
haben Astronomen nun einen faszinierenden Film erstellt, auf dem man die
Ausbreitung der Überreste der Sternenexplosion verfolgen kann, die vor rund 330
Jahren zu beobachten war. Zeitgleich veröffentlichte eine andere Gruppe eine
dreidimensionale Visualisierung von Cassiopeia A, durch die ganz neue Einsichten
möglich werden.
Standbilder
(Ausschnitt) aus dem kurzen Film über die
Ausbreitung des Supernova-Überrestes Cassiopeia
A. Die Bilder basieren auf Chandra-Beobachtungen
aus mehreren Jahren.
Bild: NASA / CXC / SAO / D.Patnaude et
al. [Großansicht] |
Vor fast zehn Jahren, im Sommer 1999, startete die NASA das
Röntgenteleskop Chandra. Das erste Objekt, das Chandra anvisierte, war
der Supernova-Überrest Cassiopeia A (astronews.com berichtete). Das Teleskop
offenbarte damals nie zuvor gesehene Strukturen. Chandra hat in den folgenden
Jahren immer wieder einen Blick auf Cassiopeia A geworfen. Aus den gesammelten Daten haben Wissenschaftler
nun einen Film erstellt, der die Ausdehnung und die zeitlichen Veränderungen des
Überrestes zeigt.
"Mit Chandra haben wir Cassiopeia A zwar nur über einen vergleichsweise
kurzen Zeitraum beobachtet, aber was wir gesehen haben war schon beeindruckend",
meint Daniel Patnaude vom Smithsonian Astrophysical Observatory im
amerikanischen Cambridge. "Und wir können aus diesen Daten eine Menge über die
Zeit nach der Explosion des Sterns lernen."
Gleichzeitig wurde auf der Tagung der Amerikanischen Astronomischen
Gesellschaft im kalifornischen Long Beach eine Visualisierung von Cassiopeia A
vorgestellt, die einen drei-dimensionalen Flug durch den Überrest erlaubt.
Verwendet wurden dazu außer Chandra-Daten auch Beobachtungen des
Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer sowie von verschiedenen optischen Teleskopen
auf der Erde. "Wir wollten immer wissen, wie die Objekte, die wir in zwei
Dimensionen sehen in der Realität zusammenpassen", erklärt Tracey DeLaney vom
Massachusetts Institute of Technology. "Nun können wir es uns selbst anschauen
mit diesem 'Hologramm' des Supernova-Überrestes."
Die eindrucksvolle Visualisierung ist das Ergebnis einer ungewöhnlichen
Zusammenarbeit: Sie entstand nämlich zusammen mit dem Astronomical Medicine-Projekt
der Harvard University. Ziel dieses Projektes ist es, die besten Techniken der
Astronomie und der medizinischen Bildverarbeitung zusammenzuführen. "Zur Zeit
beschäftigen wir uns gerade damit, die dreidimensionale Visualisierung sowohl in
der Astronomie als auch in der Medizin zu verbessern", erläutert Alyssa Goodman,
die Leiterin des Projekts. "Im Falle von Cassiopeia A ist genau das
herausgekommen, was wir uns erhofft hatten."
Dabei ging es beiden Teams nicht nur darum, eindrucksvolle Bilder bzw. Filme
zu schaffen. Beide jetzt vorgestellten Visualisierungen liefern den Astronomen
auch wichtige Hinweise zum Verständnis dieser berühmten Supernova-Explosion. So
entdeckten die Astronomen etwa mit Hilfe des Films, dass sich die Überreste
etwas langsamer ausdehnen als es die Theorie vorhersagt. Grund für diesen
Energieverlust könnte
die Beschleunigung von kosmischer Strahlung sein. Als kosmische Strahlung
bezeichnet man hochenergetische Partikel, von denen auch die Erde ständig
getroffen wird.
Mit dem 3D-Modell konnten die Astronomen zudem verschiedene Komponenten der
Explosion und auch den Ursprung von schon zuvor bekannten Auswürfe von Eisen-
und Siliziumpartikeln identifizieren. Zukünftige Modelle von
Supernova-Explosionen werden diese Erkenntnisse nun berücksichtigen und auch
reproduzieren können müssen.
Cassiopeia A ist der Überrest einer Sternenexplosion, die vor rund 330 Jahren
auf der Erde zu sehen war. Es handelt sich um einen der jüngsten
Supernova-Überreste in der Milchstraße. Supernovae spielen in der Entwicklung
von Galaxien eine wichtige Rolle, weil sie das intergalaktische Medium zum einen mit
schweren Elementen anreichern und zum anderen Gas komprimieren und dadurch die
Entstehung neuer Sterne anregen.
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