Neutronenstern mit Kohlenstoff-Atmosphäre?
von
Rainer Kayser
11. November 2009
Seit seiner Entdeckung stellt der kompakte Überrest einer
Supernova, die vor 330 Jahren im Sternbild Kassiopeia aufleuchtete, die
Astronomen vor Rätsel. Die Strahlung des dort aufgespürten Neutronensterns passt
nämlich nicht recht zu den Vorstellungen der Astronomen von diesen Objekten. Ein
neues Modell könnte nun helfen, hinter das Geheimnis von Cassiopeia A zu kommen.

Der
Supernova-Überrest Cassiopeia A in einer Aufnahme
der Weltraumteleskope Spitzer, Hubble und
Chandra. Bild:
NASA / CXC / SAO (Röntgen); NASA / STScI
(Optisch); NASA / JPL-Caltech / Steward /
O.Krause et al. (Infrarot) |
Vor 330 Jahren leuchtete im Sternbild Kassiopeia eine Supernova auf,
1999 fand der amerikanische Röntgensatellit Chandra am Ort der Sternexplosion eine kompakte Strahlungsquelle. Doch die Strahlung des Objekts entsprach nicht den Vorstellungen der Astronomen von dem dort vermuteten Neutronenstern. Zwei Forscher aus Großbritannien und Kanada präsentierten nun im Fachblatt
Nature ein neues Modell, das eine Erklärung für das rätselhafte Objekt liefert. Danach ist der Neutronenstern in eine zehn Zentimeter dünne Atmosphäre aus Kohlenstoff eingehüllt, die für die ungewöhnliche Strahlung verantwortlich ist.
"Der kompakte Stern im Zentrum des berühmten Supernova-Überrests Cassiopeia A ist seit seiner Entdeckung ein Rätsel", erläutert Wynn Ho von der
University of Southampton, einer der beiden Astrophysiker. Denn normalerweise zeigen Neutronensterne im Radio- und Röntgenbereich eine pulsierende Strahlung. Doch die kompakte Quelle in Cassiopeia A strahlt gleichmäßig.
"Nun verstehen wir, dass diese Strahlung von einem heißen Neutronenstern mit
einer Kohlenstoff-Atmosphäre produziert werden kann."
Neutronensterne haben einen Durchmesser von nur 20 Kilometern, in ihnen ist die Materie so dicht gepackt wie in Atomkernen. Der Kohlenstoff stammt, so vermuten Ho und sein Kollege Craig Heinke von der
University of Alberta, teilweise aus Materie, die nach der Sternexplosion auf die Oberfläche des Neutronensterns zurückgefallen ist. Außerdem kann es unter den extremen Bedingungen an der Oberfläche des Neutronensterns auch zu nuklearen Reaktionen kommen, bei denen Wasserstoff und Helium zu Kohlenstoff fusioniert.
Ho und Heinke gehen davon aus, dass die ungewöhnlichen Eigenschaften des Neutronensterns in Cassiopeia A ihre Ursache in dem - von der Erde aus gesehen - geringen Alter des Supernova-Überrests haben. Weitere Beobachtungen sollen nun die Vorhersagen des neuen Modells der Forscher überprüfen - und zugleich einen Einblick geben in das frühe Leben eines sich abkühlenden Neutronensterns.
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