Zehn Jahre Parabelflüge des DLR
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
4. September 2009
Vom 7. bis zum 21. September 2009 veranstaltet das Deutsche Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) zum 14. Mal eine Serie von Forschungsflügen in
Schwerelosigkeit mit dem Airbus A300 ZERO-G. Damit feiert das
DLR-Parabelflugprogramm sein zehnjähriges Bestehen. Vom Flughafen Köln/Bonn
aus hebt das größte fliegende Labor der Welt zu insgesamt fünf
Forschungsflügen ab. Diese nutzen Wissenschaftler aus ganz unterschiedlichen
Fachrichtungen.
Der Airbus A300 ZERO-G erzeugt mit seinen
Flugmanövern pro Parabel 22 Sekunden
Schwerelosigkeit. Insgesamt stehen so im Rahmen
einer Parabelflug-Kampagne mit vier Flugtagen
etwa 40 Minuten zur Forschung in Schwerelosigkeit
zur Verfügung.
Bild: Novespace |
Der Airbus A300 ZERO-G der französischen Firma Novespace
fliegt bei den drei- bis vierstündigen Flügen täglich bis zu 31
Parabeln. Dabei steigt das Flugzeug aus dem horizontalen Flug in einem
Winkel von bis zu 52 Grad steil nach oben. Dann drosselt der Pilot die
Schubkraft der Turbinen und fliegt eine Bahn, die einer Wurfparabel
entspricht. Im nun folgenden, freien Fall (dem oberen Teil der Parabel)
herrscht für Passagiere und Experimente für etwa 22 Sekunden annähernd
Schwerelosigkeit. Wissenschaftler nutzen diesen Zustand für die
Forschung und zur Vorbereitung aufwändiger Experimente für die
Internationale Raumstation (ISS).
Seit zehn Jahren veranstaltet das DLR-Raumfahrt-Management Parabelflüge für
die Wissenschaft. Mit den Flugtagen im September 2009 werden Forscher insgesamt
241 Experimente in Schwerelosigkeit durchgeführt haben. Immer wieder nehmen auch
Industrieunternehmen mit Forschungsvorhaben teil. Zudem nutzen Schüler und
Studenten bei biologischen und medizinischen Experimenten die Möglichkeiten des
Parabelfluges. Darüber hinaus flogen bislang zwei künstlerische Experimente mit.
Bei 1.538 Parabeln standen den Forschern in Summe gut neun Stunden
Schwerelosigkeit zur Verfügung.
Unter den 14 Experimenten der aktuellen Parabelflug-Serie befindet sich auch
ein Versuch der Universität Magdeburg zur Analyse von Zellen, die zum
Knochenaufbau beziehungsweise -abbau beitragen. Die Ergebnisse dienen als
Grundlage für die Entwicklung erfolgversprechender Maßnahmen gegen Osteoporose.
Dieser Knochenabbau ist ein großes Problem des menschlichen Alterungsprozesses.
Aber auch bei jungen, körperlich gesunden und durchtrainierten Astronauten tritt
Osteoporose während ihres Aufenthaltes im Weltraum auf. Sie ist jedoch nach der
Rückkehr zur Erde vollständig umkehrbar. Flüge unter Weltraumbedingungen bieten
eine gute Möglichkeit, um die Ursachen der Osteoporose an eigentlich gesunden
Menschen zu untersuchen.
Ein anderes Experiment aus dem Leibniz-Institut für Neue Materialien in
Saarbrücken widmet sich der Frage, wie man bestimmte Nanomaterialien, die zum
Beispiel Oberflächen kratzfest oder antibakteriell gestalten, technisch
verbessern kann. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang Nanodrähte
aus verschiedenen Legierungen. Bisher weiß man, dass die Schwerkraft bei deren
Herstellung eine Rolle spielt. Jetzt will man diesen Prozess erstmals in
Schwerelosigkeit untersuchen, um ihn besser zu verstehen und auf der Erde
optimieren zu können.
Die Evolution des Lebens und alle biologischen, physikalischen und chemischen
Prozesse auf der Erde laufen immer unter Einwirkung der Erdschwerkraft ab. Wird
dieser Einfluss ausgeschaltet, können sich Wissenschaftler auf die Beobachtung
anderer maßgeblicher Faktoren konzentrieren. Mit dem dadurch gewonnenen Wissen
können sowohl die Behandlung von Patienten als auch die Gestaltung von
Materialien verbessert werden.
Auch die physikalische, biologische und humanmedizinische Grundlagenforschung
profitiert hiervon. Als Bindeglied zwischen der Langzeitforschung auf der ISS
und der Forschung beziehungsweise Entwicklung auf der Erde stellen Parabelflüge
wissenschaftlich und technologisch eine "Brücke ins All" dar.
Das DLR bietet ein- oder zweimal pro Jahr Parabelflüge an. Zwar ist die
Schwerelosigkeitsphase pro Parabel mit 22 Sekunden recht kurz, doch ermöglichen
Innovationen in der Messtechnik heute vielfältigere Experimente auf
Parabelflügen als bei dem ersten DLR-Parabelflug 1999. Parabelflüge sind eine
wichtige Ergänzung der Experimentiermöglichkeiten, die das
DLR-Raumfahrt-Management der Wissenschaft zur Verfügung stellt.
Die Bandbreite reicht vom Fallturm in Bremen, wo in einer luftleeren Röhre
bis zu neun Sekunden Schwerelosigkeit erzielt werden, über Raketen und
Satelliten, auf denen automatische Experimente von mehreren Minuten oder Wochen
ablaufen, bis zur ISS, auf der Experimente zum Teil über Monate laufen und dabei
von Astronauten betreut werden. Der besondere Vorteil der Parabelflüge liegt
darin, dass die Wissenschaftler hier während des Fluges selbst an ihren
Experimenten arbeiten und vielfältige Versuchsabläufe mit eigenen, laborüblichen
Geräten durchführen können. Für Forscherteams ist der Mitflug in der Regel
innerhalb eines Jahres von der Antragstellung bis zur Realisierung möglich.
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