Schwerelose Metallschäume
Redaktion /
idw / Pressemitteilung des Hahn-Meitner-Institut
Berlin GmbH astronews.com
12. November 2007
Ab morgen wollen Forscher des Berliner
Hahn-Meitner-Instituts drei Tage lang erforschen, welchen Einfluss die
Schwerelosigkeit auf die Herstellung von Metallschäumen hat. Sie nutzen dazu
aber nicht etwa die Internationale Raumstation ISS, sondern einen Airbus A300,
der in den kommenden Tagen zu einer Parabelflug-Kampagne über Frankreich
unterwegs ist.
Mit einem umgebauten Airbus A300 werden
Parabelflüge durchgeführt, so dass in dem
Flugzeug kurzzeitig Schwerelosigkeit herrscht. Bild:
Novespace
Metallschaum und Baguette im Vergleich -
Struktur und Herstellungsprinzip sind ähnlich.
Foto:
HMI
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Zu einem ungewöhnlichen Experiment in die Schwerelosigkeit brechen
Forscher des Berliner Hahn-Meitner-Instituts (HMI) in den nächsten Tagen auf.
Sie fliegen nicht etwa zur Weltraumstation ISS, sondern in den Westen
Frankreichs zum Flughafen Bordeaux-Mérignac, wo sie in einen speziell
ausgebauten Airbus 300 der Firma Novespace steigen werden. Mit ihrer
Laborausrüstung im Gepäck starten sie am 13., 14. und 15. November zu einem
jeweils dreistündigen Parabelflug.
Der Airbus wird dabei dreißig Mal zunächst scharf aufsteigen und dann
antriebslos im freien Fall entlang einer Wurfparabel fliegen. Das dauert jeweils
20 Sekunden, in denen Schwerelosigkeit herrscht und die Wissenschaftler ihre
Experimente durchführen können. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen
Weltraumagentur ESA, die es aus einer Vielzahl von Anträgen ausgewählt hat.
Mit dem Experiment wollen die Forscher um Francisco Moreno den
Herstellungsprozess von Metallschäumen beobachten. Metallschäume haben eine
Struktur wie Schaumstoff, bestehen aber aus Metall. Sie sind leicht und
gleichzeitig stabil - im Auto oder Flugzeug könnten sie helfen, Gewicht zu
sparen ohne dass die Sicherheit leidet.
Schon einige Jahre suchen die Wissenschaftler sowohl im HMI als auch in den
Laboren der Technischen Universität Berlin nach dem Weg zum perfekten Schaum.
Wie schafft man es, dass die Schäume homogen sind und die Poren möglichst
gleichmäßig wachsen, und wie beeinflusst der Herstellungsprozess die
Eigenschaften des Schaums? Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, unter
anderem auch die Erdanziehung. Sie lässt das Metall im flüssigen Schaum entlang
der Wände herabfließen - ein Phänomen, das die Werkstoffforscher Drainage
nennen.
Das Verfahren, mit dem Metallschäume hergestellt werden, ähnelt dem
Kuchenbacken - man vermischt ein Metallpulver mit einem Treibmittel, presst die
Mischung zusammen und heizt sie auf. Das Metall wird flüssig und das Treibmittel
gibt ein Gas frei, welches die Blasen entstehen lässt. Kühlt man das Ganze ab,
hat man den fertigen Metallschaum. Mit den Versuchen in der Schwerelosigkeit
können die Forscher die Erdanziehung ausschalten und so deren Einfluss auf die
Schaum-Herstellung bestimmen.
"In 20 Sekunden können wir allerdings nur das Aufschäumen beobachten, mehr
nicht" sagt Francisco Garcia-Moreno. Er hofft, dass er möglichst viele der
Parabeln für Experimente nutzen kann und möglichst wenige fürs Justieren und
Probieren verwenden muss. Dabei ist alles gut vorbereitet: sein ganzes Labor hat
Garcia-Moreno in einem koffergroßen Kasten dabei. Darin ein Ofen, in dem das
Metall erhitzt und aufgeschäumt wird und eine Röntgenapparatur. Damit lässt sich
ein kurzer Film aufnehmen, in dem man beobachten kann, wie sich der Schaum
bildet.
Im Frühjahr 2008 gibt es für die Schaumforscher dann sechs Minuten
Schwerelosigkeit. Dann können sie ihr Mini-Labor in der schwedischen unbemannten
Rakete MASER 11 mitfliegen lassen und die gesamte Schaumentstehung und
-entwicklung verfolgen. Weil sie dazu aber nur einen einzigen Versuch haben,
nutzen sie die Flugzeugexperimente auch, um den langen Flug vorzubereiten.
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