Letzte Hubble-Wartungsmission vor dem Start
von Stefan Deiters astronews.com
6. Mai 2009
Am kommenden Montag soll es endlich soweit sein: Die
Raumfähre Atlantis wird zur fünften und letzten Wartungsmission zum
Weltraumteleskop Hubble starten. Während fünf Außenbordeinsätzen soll
Hubble fit für die nächsten Jahre gemacht werden. Die Mission war von
der NASA nach der Columbia-Katastrophe bereits gestrichen, dann aber
wieder auf den Flugplan genommen worden.
Das Weltraumteleskop Hubble (hier im Laderaum
des Space Shuttle und mit der
Sternentstehungsregion NGC 3603 im Hintergrund
dargestellt) soll während der kommenden
Wartungsmission auf den neuesten Stand gebracht
werden.
Bild: ESA / Luis Calçada und NASA
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Nur schwer können sich Astronomen - und wohl auch die
interessierte Öffentlichkeit - heute ein Leben ohne die spektakulären Aufnahmen
des Hubble-Weltraumteleskops vorstellen, das seit nunmehr 19 Jahren die
Erde umrundet. Ohne die störenden Einflüsse der Erdatmosphäre und mit
leistungsfähigen Instrumenten an Bord hat Hubble in den vergangenen
Jahren unsere Sicht auf das Universum entscheidend mitgeprägt. Dass Hubble
überhaupt so lange einsatzfähig geblieben ist, lag an einem wohldurchdachten
Design, aber auch an einer Reihe von Wartungsmissionen, die seit dem Start 1990
durchgeführt worden waren.
Bislang bekam Hubble vier Mal Besuch von einer
amerikanischen Raumfähre: 1993, 1997, 1999 und 2002 wurden wichtige
Reparaturen durchgeführt, Instrumente erneuert oder ersetzt. Die letzte
Mission zu Hubble, die am Montag
beginnen soll, wird somit die fünfte Mission zu Hubble sein, ist aber in
der NASA-Zählung die Servicing Mission 4. Grund dafür ist, dass
die dritte Wartungsmission in zwei Missionen unterteilt wurde.
Hauptaufgabe der siebenköpfigen Besatzung der Atlantis wird
die Installation von zwei neuen Instrumenten an Bord des
Weltraumteleskops sein: des Cosmic Origins Spectrograph (COS) und der Wide
Field Camera 3 (WFC3). Letztere ersetzt die von vielen Aufnahmen
bekannte Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC2). Mit beiden
Instrumenten werden die Fähigkeiten von Hubble zur Beobachtung
von entfernten Galaxien deutlich erweitert.
Mit COS soll beispielsweise das Licht entfernter Quasare studiert
werden, das auf seinem Weg zur Erde verschiedene intergalaktische
Gaswolken passiert hat und dadurch einiges über das Universum zwischen
uns und dem entfernten Quasar verrät. Mit der WFC3 können Aufnahmen im
sichtbaren Bereich des Lichtes, im Infraroten und im Ultravioletten
gemacht werden, so dass man ganz verschiedene Sternengenerationen in
entfernten Galaxien beobachten, aber auch nach Wasser und Eis auf
Objekten innerhalb des Sonnensystems suchen kann.
"Nach Abschluss dieser Wartungsmission ist Hubble ein
deutlich leistungsfähigeres Teleskop als jetzt", erklärt Bob Fosbury,
der bei der ESA für Hubble zuständig ist. "Das Teleskop ist
damit gut gerüstet, bis ins nächste Jahrzehnt hinein, die wichtige Rolle
in der Astronomie zu spielen, die es auch bislang gespielt hat."
Die Wartungsmission ist für die Besatzung der Atlantis eine
wirkliche Herausforderung: Sie soll während der fünf geplanten
Arbeitseinsätze im All nämlich nicht nur zwei neue Instrumente einbauen,
sondern auch zwei andere reparieren: Um die Advanced Camera for
Surveys (ACS) und den Space Telescope Imaging Spectrograph
(STIS) wieder flott zu machen, haben Ingenieure ganze neue Verfahren und
Werkzeuge entwickelt, um diese Reparatur im Orbit überhaupt durchführen
zu können.
Doch auch das Teleskop selbst benötigt noch einiges an
Aufmerksamkeit: Die Batterien, die bereits seit 19 Jahren im Einsatz
sind, müssen ausgetauscht werden, genauso wie der Fine Guidance
Sensor und Gyroskop-Einheiten, die zur Lageregelung des Teleskops
nötig sind. Nach Abschluss der Wartungsmission wird - mit Ausnahme der
Spiegel - jede wichtige Komponente des Teleskops mindestens einmal
erneuert worden sein.
Das Weltraumteleskop Hubble wird in der Regel ausschließlich
mit der amerikanischen Weltraumbehörde NASA in Verbindung gebracht, ist
aber ein Gemeinschaftsprojekt zwischen NASA und ESA. Durch die im Jahr
1977 geschlossene Vereinbarung stehen 15 Prozent der Beobachtungszeit
europäischen Astronomen zur Verfügung. In der Regel erhalten sie aber
deutlich über 20 Prozent, was auch an der Qualität der Anträge auf
Beobachtungszeit liegt, die aus Europa kommen.
Die vierte Wartungsmission war nach der Columbia-Katastrophe
zunächst aus Sicherheitsgründen von der NASA gestrichen worden. Ein
Shuttle müsse nämlich, so die Ansicht der NASA, nach einer eventuellen
Beschädigung des Hitzeschildes beim Start, die Internationale
Raumstation erreichen können, damit die Besatzung dort auf Rettung
warten kann. Ein defekter Hitzeschutzschild gilt als Grund für das
Auseinanderbrechen der Columbia bei der Rückkehr zur Erde.
Da bei einem Besuch von Hubble die Internationale
Raumstation nicht erreicht werden kann, galt eine weitere
Wartungsmission lange Zeit als zu gefährlich. Auf Druck der
Wissenschaftler und der Öffentlichkeit suchte die NASA aber nach einem
Ausweg und fand, nach einem Wechsel an der NASA-Spitze, auch einen: Für
den Fall, dass im All etwas passiert, steht während der Mission mit der
Endeavour ein zweites Shuttle in Florida als "Rettungsshuttle"
zum Start bereit.
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