Klärt ungewöhnlicher Fund Herkunft von Kometen?
von Stefan Deiters astronews.com
10. September 2008
Ein internationales Astronomenteam hat ein ungewöhnliches
Objekt aufgespürt, das helfen könnte, den Ursprung einer bestimmten Gruppe von
Kometen zu klären. Der Brocken mit Namen 2008 KV42 hat einen Durchmesser von
etwa 50 Kilometern und umrundet die Sonne auf einer Bahn, die zum Orbit der
Planeten fast senkrecht steht - und dies rückwärts.

Das neu
entdeckte Trans-Neptun-Objekt 2008 KV42.
Bild: NUBC / Gemini |
Das Objekt 2008 KV42 ist in der Tat außergewöhnlich: Der als
Trans-Neptun-Objekt, kurz TNO, klassifizierte 50 Kilometer durchmessende Brocken
ist zur Zeit etwa 35-mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde und umrundet
die Sonne in entgegengesetzter Richtung. Seine Bahn ist im Vergleich zum Orbit
der Planeten um 104 Grad geneigt und steht damit fast senkrecht zu deren Bahn.
Die Entdeckung eines internationalen Teams von Astronomen aus Kanada, den USA
und Frankreich ist die erste ihrer Art und könnte helfen, den Ursprung mancher
Kometen zu erklären.
"Gewisse Arten von Kometen lassen sich nicht durch natürliche
Entstehung nach Bildung der Planeten erklären, insbesondere jene mit
einer stark abweichenden Bahnneigung", erläutert Brett Gladmann,
Professor an der University of British Columbia die Bedeutung des Fundes.
"Diese Entdeckung könnte nun endlich zeigen, wie der Übergang von einem
Objekt der Oort'schen Wolke zu einem Objekt wie dem Halley'schen Kometen
funktioniert."
Das Beobachterteam hatte mit Hilfe des Canada-France-Hawaii-Telescopes gezielt nach Objekten mit einer
sehr starken Bahnneigung gefahndet, hatte aber nicht damit gerechnet ein
Objekt mit "umgekehrtem" Umlauf aufzuspüren. Nach der Entdeckung wurden
Folgebeobachtungen am MMT-Telescope in Arizona und am
Gemini South Telescope in Chile gemacht. "Der schnelle Zugang zum
MMT- und zum Gemini South-Telescope war extrem wichtig. Wegen des
ungewöhnlichen Orbits des Objektes, hätten wir es sicherlich verloren, wenn wir
es nicht sehr schnell mit diesen großen Teleskopen hätten verfolgen können."
Zur Zeit versuchen die Astronomen noch detailliertere Beobachtungen von 2008
KV42 zu machen. Dann wollen sie an die Auswertung gehen, um zu analysieren, was
man aus diesem ungewöhnlichen Orbit für die Geschichte unseres Sonnensystems
lernen kann. 2008 KV42 ist das erste Trans-Neptun-Objekt mit einem sogenannten
retrograden Orbit. Diese Eigenschaft teilt es mit einigen Kometen, dessen
prominentester Vertreter der Halley'sche Komet ist.
Astronomen haben lange Zeit darüber gerätselt, woher Kometen mit
einer großen Bahnneigung und/oder einer retrograden Bahn stammen.
Bisherige Modelle, sie als Objekte des Kuiper-Gürtels oder der
Oort'schen Wolke, eines vermuteten Reservoirs von Kometenkernen am
äußersten Rand des Sonnensystems, zu erklären, waren relativ erfolglos.
2008 KV42 könnte nun neue Indizien für die Suche nach dem Ursprung
von Halley-ähnlichen Kometen bringen - dann nämlich, wenn der Brocken
eine Art Übergangsobjekt zwischen der unbekannten Ursprungsregion
jenseits der Neptunbahn
und der Bahn der Halley-ähnlichen Kometen ist. Die Astronomen dürften daher
gespannt auf die weiteren Bahndaten warten.
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